Rechter argentinischer Präsident: Rückschläge für Javier Milei
Argentiniens Senat überstimmt zwei Vetos des libertären Präsidenten gegen Sozialgesetze. Ein Spitzenkandidat Mileis soll in Drogenhandel verstrickt sein.

Anfang September hatte der Kongress erstmals ein Veto Milei aufgehoben. Damals ging es um ein Behindertennotstandgesetz. Diesmal ging es um die Gesetze für eine Gehaltserhöhung für die Beschäftigten des Hospital Garrahan, dem wichtigsten Kinderkrankenhaus des Landes, sowie für eine Aufstockung der Budgets der öffentlichen Universitäten.
Mileis schwindende Durchsetzungskraft sorgt auch am Finanzmarkt für Nervosität. Die Furcht vor dem Wiedererstarken der peronistischen Opposition geht um. Mileis Maßnahmen, um den Dollarkurs niedrig zu halten und gleichzeitig die Reserven der Zentralbank mit US-Währung aufzustocken, bewirkten bisher das Gegenteil. Anstatt Reserven anzulegen, musste die Zentralbank in den vergangenen Tagen Millionen von Dollar verkaufen, um dessen Aufwertung zumindest etwas zu bremsen.
Unterstützung durch Trump
Schnell war von einer neuen Zahlungsunfähigkeit des Landes die Rede. Die schwindenden Dollarreserven würden nicht ausreichen, um den anstehenden Schuldendienst zu bedienen, so der Tenor. Tatsächlich spitze sich die Lage derart zu, dass Milei am Rande der UN-Generalversammlung vor gut einer Woche in New York US-Präsident Donald Trump um finanzielle Unterstützung bitten musste.
Trump zögerte nicht und kündigte umgehend weitreichende Hilfe an. Jedoch nicht ohne Eigennutz. Mileis Scheitern würde den Verlust seines einzigen und bedingungslosen Verbündeten auf dem südamerikanischen Kontinent bedeuten. Wie viele Dollar, wann und zu welchen Bedingungen fließen werden, ist jedoch offen. Bisher halten die finanziellen Turbulenzen in Buenos Aires an.
„Das US-Finanzministerium ist voll und ganz dazu bereit, alles Notwendige zu tun.“ bekräftigte US-Finanzminister Scott Bessent am Mittwoch zum wiederholten Mal. Die US-Regierung will die Kongresswahlen am Río de la Plata abwarten, bei denen Ende Oktober die Hälfte der Abgeordneten und ein Drittel des Senats neu gewählt werden. „Wir werden die Entwicklungen weiterhin aufmerksam beobachten“, fügte Bessent denn auch einschränkend hinzu.
Mileis lahmendes Zugpferd
Die lange Zeit guten Erfolgsaussichten für Mileis Kandidat*innen beim Urnengang am 26. Oktober haben sich getrübt. Das unerwartet schlechte Abschneiden der Libertären bei den Wahlen zum Kongress der Provinz Buenos Aires Anfang September hat die schwelenden internen Streitereien erheblich angefacht. Anstatt nach der Niederlage Einigkeit zu demonstrieren, bieten sie derzeit ein Bild der Zerrissenheit.
Zugleich wird Mileis wichtigster Spitzenkandidaten José Luis Espert mit dem Drogendhändler Alfredo „Fred“ Machado in Verbindung gebracht. Veröffentlicht wurde ein Kontoauszug, der belegen soll, dass Espert vor einigen Jahren 200.000 Dollar von Machado erhalten hat. Inzwischen bestätigte Espert die Zahlung in einem Video in den sozialen Netzwerken, erklärte aber, die „illegalen Aktivitäten von Her Machado“ nicht gekannt zu haben.
Machado steht unter Hausarrest, seit die US-Justiz seine Auslieferung wegen Drogenhandels beantragt hat. Die Affäre hätte vermutlich wenig Brisanz, wäre die Gesellschaft am Río de la Plata nicht durch die grausamen Morde an drei jungen Frauen durch eine Drogenbande aufgewühlt. Die Frauen, zwei im Alter von 20 Jahren und eine im Alter von 15 Jahren, wurden Mitte September im Großraum von Buenos Aires verschleppt, brutal misshandelt und schließlich ermordet. Als Motiv wird von den ermittelnden Behörden Rache für den Diebstahl mehrerer Kilogramm Kokain durch eine andere Drogenbande angegeben.
Auch wenn die Morde in keiner Weise mit Mileis Spitzenkandidaten in Verbindung stehen, wirken sich die täglichen Schlagzeilen, die seinen Namen in Zusammenhang mit einem Drogendealer bringen, bleiern auf die libertäre Wahlkampagne aus und sind zugleich Wasser auf die Mühlen der Opposition. Noch hält der Präsident an seinem lahmenden Zugpferd fest. Möglich ist, dass der es vor den Wahlen austauschen muss.
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