Friedensverhandlungen mit Hamas: Viele Fragen offen bei Geisel-Deal
Seit Montag verhandeln Unterhändler mit der Hamas in Kairo über ein Friedensabkommen. Donald Trump sieht sich dem Nobelpreis nahe.

Der Deal ist noch nicht vollzogen, da ist bereits von Nobelpreis die Rede. Das Forum der Geiselangehörigen schickte am Montagmorgen einen Brief an das norwegische Nobelkomitee. Darin baten sie, US-Präsident Donald Trump für die Auszeichnung in Betracht zu ziehen. „Zum ersten Mal seit Monaten, haben wir Hoffnung, dass unser Albtraum bald vorbei sein wird“, schreiben sie darin.
Hoffnung – denn Gewissheit fehlt: Ob die Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, vermittelt durch die USA und Ägypten, Erfolg haben, bleibt unklar. Die Erwartungen sind hoch – seitens der Geiselfamilien, aber auch von Palästinensern. US-Präsident Donald Trump scheint sich seiner Sache recht sicher zu sein: „sehr erfolgreich“ nannte er die bisherigen Gespräche in den Sozialen Medien, und hielt die verhandelnden Parteien an, sich „schnell zu bewegen“.
An diesem Montag gehen die Verhandlungen in Ägypten weiter. Für die Hamas ist unter anderem Khalil al-Hayya zugegen, den Israel Mitte September bei einem Luftangriff in der katarischen Kapitale Doha versuchte auszuschalten. Nach Angaben des katarischen Mediums AlJazeera nehmen an den Verhandlungen an diesem Montag weder israelische noch US-amerikanische Gesandte teil. Stattdessen soll sich die Hamas mit Vermittlern zusammensetzen, und erarbeiten, wie die erste Phase des Waffenruhe-Geisel-Deals vonstattengehen soll.
Denn dieselbe Problematik, die jede Verhandlungen in den vergangenen beiden Jahren erschwert hat, bleibt: Wenn die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad einmal alle Geiseln freigelassen haben, fehlt ihnen das Druckmittel gegen Israel. Und im Friedensplan von Trump sollen – Stand jetzt – alle israelischen Geiseln auf einmal freigelassen werden.
Bis zu diesem Zeitpunkt soll sich das israelische Militär aber nur wenig von seinen bisherigen Positionen im Gazastreifen zurückgezogen haben. Sie stünden also weiter tief in palästinensischen Gebiet. Würde das israelische Militär in diesem Fall tatsächlich auf eine Wiederaufnahme der Angriffe verzichten? Oder die Waffenruhe aufkündigen, so wie sie es im vergangenen Frühling bereits taten? Damals scheiterten die Verhandlungen zu einer Verlängerung der Waffenruhe, nachdem ein großer Teil der Geiseln bereits freigekommen war.
Weitere Bruchlinien sind: Welche Häftlinge sollen aus israelischen Gefängnissen freikommen? Die Hamas soll nach Angaben der Times of Israel die Freilassung „besonders berüchtigter Terroristen“ fordern. Darunter soll etwa Marwan Barghouthi sein, der seit Jahren für seine Beteiligung an der Planung von Terrorangriffen hinter Gittern sitzt. Eine Freilassung hatte Israel bereits mehrfach abgelehnt.
Auch die Entwaffnung der Hamas, auf der Israels Regierung besteht, bleibt ungeklärt – besonders, da Israels Militär wohl auch nach einem Deal noch in Gaza bleiben würde. Diese Frage beschäftigt auch die arabischen Vermittler. So erklärte ein ehemaliger Diplomat aus Ägypten gegenüber AlJazeera: „Wir können nicht über die Entwaffnung der Hamas sprechen, während Israel den Abzug seiner Truppen aus Gaza verzögert“.
Da beißt sich die Katze wieder in den Schwanz: Wer vertraut wem, und wie weit? Warum sollte Israel seine Truppen abziehen, wenn die Hamas weiter bewaffnet ist? Warum sollte die Hamas die Waffen abgeben, wenn das israelische Militär weiter im Gazastreifen steht?
Hier kommt die internationale Gemeinschaft ins Spiel, allen voran die USA. Können sie auch Israels Regierung dazu bewegen, sich an einen Deal zu halten?
Nach Bericht des US-Portals Axios soll die Stimmung zwischen Trump und Netanjahu durchaus angespannt sein. So soll Trump in einem Telefongespräch über die Antwort der Hamas auf den Trump-Plan zu Netanjahu gesagt haben: „Ich weiß nicht, warum du immer so verdammt negativ bist. Das ist ein Sieg. Ergreif ihn“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert