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Umstrittene EinladungPutin-Vertreter zu Gast beim BSW

Der russische Botschafter wird von der Brandenburger BSW-Fraktion zu einer Ausstellungseröffnung eingeladen. Der Koalitionspartner SPD reagiert.

Der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew bei einer Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Schlacht um die Seelower Höhen Foto: Soeren Stache/dpa

Potsdam dpa/bb | Die SPD im Brandenburger Landtag reagiert auf die Einladung des russischen Botschafters in Deutschland durch den Koalitionspartner BSW zu einer Ausstellung mit Skepsis. „Als SPD-Fraktion kämen wir derzeit nicht auf die Idee, Russlands Botschafter einzuladen“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Lüttmann der Deutschen Presse-Agentur.

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine sowie die vermuteten gegenwärtigen Verletzungen europäischen Luftraums schließen das für uns aus.“ Darüber hinaus sei die Ausstellungseröffnung eine Angelegenheit der BSW-Fraktion, die er nicht weiter kommentieren wolle. SPD und BSW sind seit Dezember vergangenen Jahres Koalitionspartner in Brandenburg. In außenpolitischen Fragen kommt es immer wieder zu Konflikten.

BSW verteidigt Einladung

Die BSW-Fraktion lud die Botschaftsvertreter mehrerer Staaten – darunter europäische Länder, Russland, die Ukraine und die USA – zur Eröffnung der Ausstellung „Krieg und Frieden“ am Dienstag mit Werken der Künstler Hans und Lea Grundig im Landtag ein. Der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, sagte nach BSW-Angaben ebenso zu wie Vertreter von Belarus und Ungarn. Zunächst hatten „Nordkurier“ und „Tagesspiegel“ berichtet.

BSW-Fraktionschef Lüders hält die Einladung für richtig. „Man muss ja mit den Kriegsparteien in Kontakt treten“, sagte Lüders der dpa. Sonst könne man sich nicht für Frieden einsetzen. „Jeder Kontakt ist doch in Zeiten dieser diplomatischen Kälte Gold wert.“ Die Einladung stößt jedoch auf Gegenwind.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann kritisierte in „Nordkurier“ und „Tagesspiegel“: „Wer den russischen Kriegstreibern eine Bühne bietet, hat mit Frieden nichts am Hut.“ Auch Grünen-Landeschef Clemens Rostock lehnt den Besuch ab: „Wer in Zeiten eines andauernden Angriffskrieges Vertreter des Aggressors zu offiziellen Veranstaltungen einlädt, verhöhnt die Opfer des Krieges und beschädigt das Ansehen des Brandenburger Landtags.“ Die Grünen sind derzeit nicht mehr im Landtag vertreten.

Die AfD-Fraktion sieht in der Einladung des russischen Botschafters nach den Worten eines Sprechers keinen Skandal. Fraktionschef Hans-Christoph Berndt habe sich zur Ausstellungseröffnung angemeldet.

Landtagspräsidentin und Regierungschef kommen nicht

Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke wird der Eröffnung fernbleiben. „Die Fraktionen entscheiden eigenständig über ihre Gäste“, teilte sie mit. „Die Einladung des Botschafters der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland, Sergej Netschajew, durch das BSW ist keine offizielle Einladung in oder durch den Landtag Brandenburg. Die tägliche Aggression Russlands gegenüber der Ukraine steht dem entgegen.“ In der Anfrage an den Landtag, ob der Termin in der Lobby stattfinden kann, sei nicht von einer Einladung des russischen Botschafters die Rede gewesen, heißt es aus dem Landtag.

Auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und andere Vertreter der Landesregierung nehmen nicht an dem Termin teil, wie Regierungssprecherin Ines Filohn sagte.

Außenamt empfiehlt: Keine russischen Vertreter einladen

Netschajew hatte im April bei einem separaten Besuch in der Gedenkstätte Sachsenhausen zum 80. Jahrestag des Kriegsendes die gefallenen Soldaten der Roten Armee geehrt. Das sorgte für Aufsehen. Denn das Auswärtige Amt hatte Ländern, Kommunen und Gedenkstätten des Bundes mit Blick auf Gedenkveranstaltungen zum Endes des Zweiten Weltkriegs empfohlen, offizielle russische Vertreter nicht zuzulassen.

Die Künstler Hans Grundig (1901-1958) und Lea Grundig (1906-1977), die vor dem Zweiten Weltkrieg der Kommunistischen Partei angehörten, wurden von den Nationalsozialisten verfolgt. Im Rahmen der Eröffnung der Schau ist eine Gesprächsrunde mit der Autorin Daniela Dahn, der BSW-Landesvorsitzenden Friederike Benda, dem Autoren Torsten Harmsen und der Leihgeberin Maria Heiner geplant.

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