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Ungarischer AutorNobelpreis für Literatur geht an László Krasznahorkai

Er zählte seit Jahren zum engeren Favoritenkreis. Nun wird der ungarische Autor László Krasznahorkai mit dem Literaturnobelpreis 2025 ausgezeichnet.

Krasznahorkai am 23. Januar in Schweden Foto: Johan Carlberg/TT/imago

Stockholm/Berlin dpa/taz | Am Donnerstagmittag ist in der schwedischen Hauptstadt Stockholm bekanntgegeben worden, wer den Literaturnobelpreis 2025 gewinnt. Er geht an László Krasznahorkai aus Ungarn. Damit erhält er den wichtigsten literarischen Preis der Welt. Die Bekanntgabe durch die Schwedische Akademie wurde im Livestream übertragen.

Der 71-Jährige erhalte die Auszeichnung „für sein unwiderstehliches und visionäres Œuvre, das inmitten apokalyptischen Terrors die Macht der Kunst bekräftigt“, sagte der Ständige Sekretär der Akademie, Mats Malm, bei der Bekanntgabe. Er sagte, dass er den Preisträger gerade telefonisch in Frankfurt erreicht habe.

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Literaturnobelpries 2025 Livestream

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Krasznahorkai zählt seit Jahren zum engeren Favoritenkreis für den Literaturnobelpreis. Der Ungar feierte Mitte der 1980er Jahre in seiner Heimat mit „Satanstango“ sein literarisches Debüt, nachdem er zuvor Jura, die ungarische Sprache und Literatur studiert hatte. Seine Werke werden häufig als postmodern und apokalyptisch sowie als stark beeinflusst von Literaturgrößen wie Franz Kafka und Samuel Beckett beschrieben. In Deutschland erscheint Krasznahorkai im Verlag S. Fischer.

Krasznahorkai wurde 2015 bereits der Man Booker International Prize 2015 für sein Lebenswerk verliehen. Kollege Tibor Racz schrieb damals in der taz über den „ungarischen Autor und europäischen Weltbürger“: „Mit Mittelmaß, Hirngespinsten, und Hinterlistigkeiten konnte Krasznahorkai nie wirklich etwas anfangen. Seine Helden suchen nach Wahrheit und verkünden ihr Urteil über die Welt.

Krasznahorkai befand sich dieses Jahr im engen Favoritenkreis bei den Wettbüros. Dort standen zuletzt auch der Australier Gerald Murnane, der Japaner Haruki Murakami und der Inder Amitav Ghosh hoch im Kurs. Größere Chancen wurden außerdem unter anderem der Chinesin Can Xue, dem Rumänen Mircea Cartarescu und dem aus Indien stammenden britisch-amerikanischen Schriftsteller Salman Rushdie eingeräumt.

Viel zu lesen: Die Jury des Nobelpreises hatte sicherlich eine anregende Lektüre Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Etwas mehr als 200 Personen sind für den Preis dafür nach Auskunft der Akademie diesmal nominiert worden. Wer darunter ist, wird traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten.

Im vergangenen Jahr war der Literaturnobelpreis überraschend an die Südkoreanerin Han Kang gegangen. Die Schwedische Akademie honorierte sie damit „für ihre intensive poetische Prosa, die sich historischen Traumata stellt und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens offenlegt“, wie der Ständige Sekretär der Akademie, Mats Malm, bei der Preisbekanntgabe gesagt hatte.

Mit Han Kangs Auszeichnung setzte sich ein Muster der jüngsten Vergaben fort: Die Preis­trä­ge­r:in­nen der vergangenen acht Jahre sind immer abwechselnd Männer und Frauen gewesen – geht das so weiter, wäre in diesem Jahr also wieder ein männlicher Autor dran.

Jede Menge Kan­di­da­t:in­nen im Gespräch

Potenzielle Kan­di­da­t:in­nen für den Literaturnobelpreis 2025 gab es viele. Der Literaturkritiker Denis Scheck zählte einen deutschsprachigen Schriftsteller zu seinen Favoriten. „Mein Literaturnobelpreisträger des Herzens ist der Österreicher Christoph Ransmayr“, sagte Scheck der Deutschen Presse-Agentur vor der Bekanntgabe durch die Akademie. „Aus dem deutschsprachigen Raum ist er der Kandidat, dem ich es am allermeisten gönnen würde.“ Ransmayr sei ein enger Freund des Extrembergsteigers Reinhold Messner und mit Werken wie dem „Atlas eines ängstlichen Mannes“ so etwas wie der „8.000er der deutschsprachigen Literatur“, so Scheck.

Auch Thomas Pynchon zählt seit langem zu Schecks Topfavoriten. Eine Auszeichnung des US-Schriftstellers hätte in Zeiten eines Präsidenten Donald Trump auch eine politische Dimension, sagt der Literaturkenner. „Thomas Pynchon ist ein Vertreter der US-amerikanischen Gegenkultur, jener Kultur, die im Grunde die Hippiewerte hochhält und schon immer ein paranoides Verhältnis zu jeder Art von staatlicher Autorität hatte – und Trump bewahrheitet diese Angst vor dem allgegenwärtigen Überwachungsstaat.

Eine Million Euro Preisgeld

Der Literaturnobelpreis steht im alljährlichen Preisreigen traditionell als vierter der Nobelpreise an.

In dieser Woche sind bereits die Preisträger in den wissenschaftlichen Kategorien Medizin, Physik und Chemie verkündet worden. Am Freitag ist dann der Friedensnobelpreis dran, der als einziger Nobelpreis in Oslo und nicht in Stockholm vergeben wird. Am kommenden Montag folgt zum Abschluss noch die Kategorie Wirtschaftswissenschaften.

Die Nobelpreise sind diesmal erneut mit 11 Millionen schwedischen Kronen pro Kategorie dotiert – umgerechnet entspricht das rund einer Million Euro.

Feierlich überreicht werden die Auszeichnungen wie in jedem Jahr am 10. Dezember, dem Todestag des schwedischen Dynamit-Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896).

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10 Kommentare

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  • Und nie vergessen: Die "Kategorie Wirtschaftswissenschaften" ist gar kein Nobelpreis.

    Das ist nur ein Preis, den 1968 die schwedische Staatsbank gestiftet hat um die "Wirtschaftswissenschaften" aufzuwerten und - kann man vermuten - auch ihre eigene Agenda damit zu verfolgen.

    Es gab und gibt sehr viel Kritik an diesem Preis und seinen Preisträgern:

    de.wikipedia.org/w...aftswissenschaften

  • Auch online Artikel kann man überarbeiten. Hier wurde die Meldung über die Vergabe einfach auf den Artikel in dem spekuliert wurde, wer es werden könnte gesetzt.



    Aber genug gemeckert. Es ist eh einer der letzten Literaturnobelpreise. Eine Zeitlang kann man den Preis noch ein paar älteren Menschen geben, danach gibt es nur noch einen Preisträgix, die AI.

  • Sátántangó wurde von Béla Tarr verfilmt. 450 Minuten. Da lesen sich die 320 Seiten vermutlich rascher. Ich werde es wohl mal schmökern.



    Beobachtung: Das Buch lag prominent in der kleinen wertigen Budapester Buchhandlung aus, schon vor dem Nobelpreis, auch 40 Jahre nach Erscheinen.

  • Das ist jetzt aber unfair - wenn (T)rumpelstilzchen schon nicht den Friedensnobelpreis für nicht gestifteten Frieden erhält, steht ihm als Trostpreis doch der Literatur-Nobelpreis für seine truht social postings über "gestifteten Frieden" zu in der Literaturgattung "fantasy" ... oder?

    • @gundi:

      Weltkrieg führen, darüber in journalistisch geschulter, brillanter Sprache schreiben, dann klappt's auch mit dem Literaturnobelpreis.



      Eins der zwei Dinge traue ich Trump zu.

    • @gundi:

      abwarten. Ich befürchte schlimmes beim Friedensnobelpreis

    • @gundi:

      ... wenn (T)rumpelstilzchen schon nicht den Friedensnobelpreis für nicht gestifteten Frieden erhält, ....



      ----



      Verstehe Nr. 47 immer weniger.

      Der will einen Preis, den vor IHM ein "Demokrat" U-SAmerikanische Version, & dann noch ein "People of Color" bekam, von dem Er meint, Der ist nicht einmal "U-SAmerikaner" & auch noch "geheimer Muslim"!

      Für den "Medizin-Nobelpreis" o.ä. wäre er "aufgrund seiner tollen Ratschläge" während Covid, zum Impfen, usw. & seiner "Förderung" der Wissenschaften in diesem Bereich doch besser geeignet! :-(

  • Endlich mal jemand, dessen Name ich mir zwar nie merken konnte, von dem ich aber immerhin ein Buch gelesen habe. Sogar zwei!

    Beiden gemeinsam war: Es fehlte jede Hoffnung. Sie begannen hoffnungslos, zogen sich hoffnungslos hin und endeten hoffnungslos. Ein Mann ohne Illusionen, ich mag das.

  • Ich habe schlimme Befürchtungen das der Typ aus den USA auch noch wirklich den Friedensnobelpreis bekommt und sich einen Ast über das dumme Europa lacht

  • Mist, schon wieder nicht Thomas Pynchon. Man scheint sich in Schweden nicht so gut mit Literatur auszukennen.