EU-Kommission prüft Vorwürfe: Ungarn soll Spione auf hohe EU-Beamte angesetzt haben
Ein ungarischer Spion soll als EU-Diplomat getarnt gewesen sein. Laut „Spiegel“ habe Ungarns Geheimdienst versucht, hochrangige EU-Beamte zu rekrutieren.
„Der Spiegel“ hatte in Zusammenarbeit mit der belgischen Tageszeitung „De Tijd“ und dem ungarischen Recherchemedium „Direkt36“ zuvor über den Fall berichtet. Demnach soll die ungarische Regierung unter Viktor Orbán bereits vor Jahren ihren Geheimdienst auf EU-Institutionen angesetzt haben.
Ex-Mitarbeiter eines jetzigen EU-Kommissars im Verdacht
Zwischen 2015 und 2017 sollen laut den Recherchen drei Spione versucht haben, Mitarbeiter der EU-Kommission zu rekrutieren oder Informationen von ihnen zu gewinnen. Einer von ihnen soll als Diplomat getarnt für den damaligen ungarischen EU-Botschafter Olivér Várhelyi, der heute Teil des Kabinetts von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist, gearbeitet haben.
Eine Sprecherin von Várhelyi wies die Vorwürfe dem „Spiegel“ gegenüber zurück. Ziel der Geheimdienstaktion soll gewesen sein, einflussreiche Positionen in der EU durch Ungarn zu besetzen.
Verhältnis zwischen Ungarn und der EU seit Jahren angespannt
Der Kommissionssprecher betonte: „Wir sind weiterhin entschlossen, die Mitarbeiter der Kommission, die Informationen der Kommission und die Netzwerke vor illegalen Geheimdienstaktionen zu schützen.“ Die Vorwürfe seien bei der Sicherheitsprüfung Várhelyi, die alle Anwärter auf ein Amt in der EU-Kommission durchlaufen müssten, nicht bekannt gewesen.
Das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Ungarn ist seit Jahren von erheblichen Spannungen geprägt. Unter der Führung des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Orbán hat sich das Land zunehmend von den Grundwerten der EU entfernt. Die EU wirft Ungarn unter anderem gravierende Mängel in zentralen Bereichen der Rechtsstaatlichkeit vor.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert