Justiz in Israel: Ein Gesetz, ganz für Netanjahu gemacht
Israels Premier muss sich weiter wegen Korruptionsvorwürfen verantworten. Seine Parteikollegen versuchen, ihm mit einem Gesetzentwurf zu helfen.
Der Entwurf wurde vom Likud-Abgeordneten Ariel Kallner verfasst und sieht vor, dass der Verteidigungsminister in Absprache mit dem Justizminister die Zahl der Anhörungen in Kriegszeit reduzieren kann, sollten Bedenken wegen der Staatssicherheit entstehen. Damit könnten Netanyahus Anhörungen eine Zeit lang gestrichen oder reduziert und das Verfahren in die Länge gezogen werden.
Netanyahu steht seit 2020 wegen mutmaßlichen Bestechungen, Betrug und Vertrauensbruch vor Gericht. Immer wieder mussten die Anhörungen in den letzten zwei Jahren gestoppt oder verschoben werden.
Die Nachricht kommt erst zwei Tage nach dem Besuch von US-Präsident Donald Trump in Israel, bei dem er den israelischen Präsidenten Isaac Herzog zu einer Begnadigung Netanyahus aufforderte. Zigarren und Champagner, wen kümmert es, soll Trump vor der Knesset, dem israelischen Parlament, gesagt haben.
Netanjahu wird auch mit internationalem Haftbefehl gesucht
Justizminister Levin betonte zudem, das Verfahren sollte nie angefangen haben. Und seine Existenz sei nicht im Einklang mit der Justiz und „den Interessen des Staates“. Bildungsminister und Parteikollege Yoav Kisch plädierte auf X ebenfalls dafür, das Verfahren ruhen zu lassen, und zwar aufgrund von „ernsten Sicherheitsherausforderungen und existentiellen Bedrohungen gegen Israel“. Außerdem beruhe der Prozess auf fabrizierten Anschuldigungen, so der konservative Politiker.
Gleichzeitig haben sich am Mittwoch vor dem Gericht Kritiker*innen Netanyahus versammelt, zwischen Unterstützer*innen und Demonstrierenden sollen harsche Worte gefallen sein. Netanyahu ist der erste Premierminister Israels, der in seiner Amtszeit angeklagt wurde. Außerdem wird er per Haftbefehl vom Internationalen Strafgericht gesucht. Die internationale Staatsanwaltschaft wirft ihm mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Rahmen des Kriegs in Gaza vor.
Laut dem israelischen Sender Channel 12 hat die Protestbewegung „Free in Our Homeland“ – auf Deutsch: Frei in unserer Heimat – den Gesetzentwurf scharf kritisiert. Auf X schrieb die Organisation: „Wenn du weißt, dass du schuldig bist, versuchst du zu entkommen und täuschen. Die Protestbewegung in Israel wird nicht erlauben, dass dies passiert“.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert