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Europäische DrohnenabwehrDie EU macht der Nato Konkurrenz

Das erste Drohnen-Abwehrsystem der EU soll schon Ende 2026 stehen – doch es gibt noch viele Probleme. Ihnen fällt auch der „Drohnenwall“ zum Opfer.

Polizisten der Drohnenabwehr NRW peilen mit einem Jammer (l) und einem Fernglas (r) bei einer Vorführung eine Drohne an Foto: Oliver Berg/dpa
Eric Bonse

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Eric Bonse aus Brüssel

taz | Die EU will bis 2030 kriegstauglich werden, aber schon Ende 2026 Drohnen abwehren und zur Not auch abschießen können. Dies kündigte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel an. Der Plan ist Teil einer Strategie zur „Verteidigungs-Bereitschaft“, die die 27 EU-Länder auf einen Krieg mit Russland vorbereiten soll. Die Nato hat die Pläne begrüßt, aber bessere Abstimmung angemahnt.

Dass die EU eigene Pläne zur Verteidigung schmiedet, ist neu. Bisher entscheiden die Mitgliedstaaten selbst, wie sie sich für einen möglichen Krieg rüsten. Die Nato gibt Fähigkeitsziele vor und sorgt für die Koordination auf militärischer Ebene. Nun will die EU-Kommission mitreden und nachhelfen. Sie verweist dabei auf russische Drohnen und Luftraum-Verletzungen – und macht gehörig Druck.

Man dürfe keine Zeit mehr verlieren und müsse die Anstrengungen bündeln, sagte ein EU-Beamter. Deshalb will Brüssel den Mitgliedsstaaten konkrete Ziele vorgeben und sie zur Zusammenarbeit in sogenannten „Fähigkeits-Koalitionen“ auffordern. Neben der Drohnenabwehr geht es auch um die Sicherung der „Östlichen Flanke“, ein „European Air Shield“ und die Verteidigung im Weltraum.

„Wir müssen jeden Bürger und jeden Quadratzentimeter unseres Territoriums schützen“, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Um bis 2030 verteidigungsbereit zu sein, wolle ihre Behörde mit „Meilensteinen“ und „Flaggschiff-Projekten“ nachhelfen. Außerdem stellt die EU-Behörde neuerdings Kredite über 150 Milliarden Euro für Rüstungsprojekte zur Verfügung.

„Drohnenwall“ fällt ins Wasser

In der Praxis gibt es aber große Probleme. So musste von der Leyen bereits von ihrem Lieblings-Projekt eines östlichen „Drohnenwalls“ abrücken. Weil auch Italien und andere Länder auf Schutz pochen, ist nun von einer „European Drone Defence Initiative“ die Rede. Völlig unklar bleibt, wie die EU-Kommission für eine flächendeckende Drohnenabwehr sorgen will.

Bisher gelingt dies nicht einmal in Deutschland – unter anderem wegen Kompetenzgerangel zwischen Polizei und Bundeswehr. Zudem verfügen weder EU noch Nato über das nötige Know-How. Die Europäer wollen deshalb mit der Ukraine zusammenarbeiten, die im Abwehrkampf gegen Russland Erfahrung gesammelt hat und über eine bedeutende Drohnenproduktion verfügt.

Ein weiteres Problem ist die Rivalität zwischen den Mitgliedstaaten. So pocht Frankreich darauf, dass die EU nur Waffen aus europäischer Produktion fördern soll – Paris will damit auch die heimische Industrie fördern. Deutschland will die Führung beim geplanten „European Air Shield“ übernehmen. Das könnte aber auch andere Länder interessieren.

Nato will „keine Doppelungen“

Außerdem möchte auch noch die Nato ein Wörtchen mitreden. So kündigte Nato-Generalsekretär Mark Rutte eine eigene Drohnen-Initiative an. Die Nato werde eine „Reihe zusätzlicher Maßnahmen zur Drohnenabwehr umsetzen“, sagte Rutte am Mittwoch bei einem Verteidigungsministertreffen in Brüssel. Er begrüßte zwar die EU-Pläne, betonte aber auch, es dürfe „keine Doppelung“ geben.

Bei dem Nato-Treffen kündigte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) neue Investitionen in Höhe von 10 Milliarden Euro für Drohnen an. Es gehe um alle Arten von unbemannten Luftfahrzeugen, also auch um Angriffsdrohnen. Außerdem will Pistorius Kampfjets nach Polen schicken. Dort sollen sie die Nato-Ostflanke absichern helfen – auch hier geht es um Drohnenabwehr.

US-Kriegsminister Pete Hegseth – so sein offizieller neuer Titel – forderte die Europäer auf, mehr Geld für Waffenkäufe in den USA auszugeben. Der ukrainische Verteidigungsminister Denys Schmyhal sagte, sein Land brauche 2026 Militärhilfe im Wert von 60 Milliarden Dollar. Die europäischen Partner sollten dafür mindestens 0,25 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts aufwenden.

Die USA haben angekündigt, kein Geld mehr für die Ukraine zu geben. Deshalb steigt nun der Druck auf die Europäer.

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