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Treffen zwischen Trump und Xi JingpingEin großer Deal sieht anders aus

Fabian Kretschmer

Kommentar von

Fabian Kretschmer

Historisch war das wirklich nicht: Zwischen Peking und Washington bleibt es mindestens so ruckelig wie der Abflug von Trumps „Air Force One“.

US-Präsident Donald Trump besteigt die Air Force One in Busan Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpa

E in historisches Treffen ist es wahrlich nicht geworden. Fairerweise muss man aber auch sagen: Die Erwartungen an das Treffen zwischen Xi Jinping und Donald Trump waren zeitweise so hoch, dass eine Enttäuschung unvermeidbar schien. Und so ist es schließlich auch gekommen.

Am Ende haben die zwei Weltmächte die Temperatur in ihrem Handelskrieg immerhin etwas abgekühlt. Der US-Präsident versprach, die Zölle gegen chinesische Importe um zehn Prozent zu senken. Pekings Staatschef Xi Jinping hingegen suspendiert wohl die Exportkontrollen auf Seltene Erden für mindestens ein Jahr. Das sind freilich gute Nachrichten, doch muss die Frage erlaubt sein: Wenn man ein Problem selbst kreiert, um es später dann teilweise zu lösen – ist das dann wirklich noch als Erfolg zu werten?

Es bleibt unschwer zu erkennen, dass die meisten der am Donnerstag versprochenen Ankündigungen von Peking und Washington im Vagen verharren. Insofern bleiben die Beziehungen zwischen Peking und Washington auf absehbare Zeit mindestens so ruckelig wie der Abflug von Trumps „Air Force One“. Als der US-Präsident vom südkoreanischen Busan nach Washington abhob, musste er während des Briefings vor den anwesenden Reportern mehrfach um sein Gleichgewicht ringen. Doch seiner guten Laune tat dies keinen Abbruch: Eine „Zwölf von zehn“ Punkten sei sein Treffen mit Xi gewesen.

Der chinesische Staatschef gab sich hingegen wesentlich bedeckter. Beim einleitenden Smalltalk auf dem Luftwaffenstützpunkt Gimhae, wo er mit Trump zusammenkam, wählte der Parteikader seine Silben mit Bedacht. Anstatt frei zu reden, hangelte sich sein Blick eng am vorbereiten Redemanuskript entlang. „Es ist normal, dass die beiden führenden Volkswirtschaften der Welt gelegentlich Reibungen haben“, sagte Xi. Dennoch sollten sich beide Länder zum gegenseitigen Erfolg verhelfen und gemeinsamen Wohlstand schaffen. Dazu passt auch, dass man die Bedeutung des Gipfeltreffens mit Trump vor der eigenen Bevölkerung eher herunterspielte.

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China gibt sich autark – und ist es auch

Ganz offensichtlich möchte die chinesische Staatsführung den Eindruck erwecken, dass man sich von keinen äußeren Einflüssen vom eigenen Weg abbringen lässt. Xi Jinping setzt alles daran, technologisch autark zu werden. Das Selbstbewusstsein ist keineswegs gespielt: Der Osten steigt auf, während der Westen im Niedergang begriffen ist, pflegt Xi Jinping zu sagen.

Wer hinter die heile Propagandafassade blickt, erlebt allerdings ein Land mit einer rekordhohen Jugendarbeitslosigkeit. Ein Parteistaat, der seine Bewohner mit immer umfassenderen Kontrollen überwacht. Und eine Volkswirtschaft im anhaltenden Erschöpfungszustand. Der Systemvorteil der Chinesen ist eine Eigenschaft, auf die man nicht unbedingt stolz sein sollte: Xi kann seiner Bevölkerung schlicht mehr materielle Opfer abringen, als es in liberalen Demokratien jemals möglich wäre. Denn dort gingen die Wählerinnen und Wähler schon bald auf die Barrikaden.

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Fabian Kretschmer
Korrespondent in Südkorea
Seit 2024 Korrespondent für die koreanische Halbinsel und China mit Sitz in Seoul. Berichtete zuvor fünf Jahre lang von Peking aus. Seit 2014 als freier Journalist in Ostasien tätig. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Betreibt nebenbei den Podcast "Beijing Briefing". Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.
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