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Verbraucherschützer übers E-Auto-Laden„Nachts nicht umparken zu müssen, ist sinnvoll“

Das Bundesverkehrsministerium will den Ausbau der Ladeinfrastruktur fördern. Gregor Kolbe von der Verbraucherzentrale erklärt, was die Pläne bringen.

Wer zu lang auf einem Ladeparkplatz steht, muss bisher zahlen Foto: Rolf Poss/imago
Nanja Boenisch

Interview von

Nanja Boenisch

taz: Herr Kolbe, das Bundesverkehrsministerium hat am Montag seine Pläne für eine bessere Ladeinfrastruktur vorgestellt. Wie sehr bringt das die Elektromobilität in Schwung?

Gregor Kolbe: Ich habe die Hoffnung, dass der Masterplan ähnlich große Wirkung entfalten wird wie die beiden vorherigen Masterpläne, die schon sehr gute, detaillierte Verbesserungen gebracht haben. In dem Entwurf für den Masterplan Ladeinfrastruktur 2030, der jetzt neu vorliegt, werden einige aus Verbrauchersicht wichtige Probleme angegangen. Nun kommt es natürlich darauf an, wie konkret die Maßnahmen umgesetzt werden – und ob sie die Personen erreichen, die Unterstützung brauchen.

Bild: vzbv
Im Interview: Gregor Kolbe

ist Referent für Verkehrsmärkte im Team Mobilität und Ressourcenschutz des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).

taz: Welche Probleme aus Verbrauchersicht meinen Sie?

Kolbe: Ein großes Problem ist die mangelhafte Transparenz beim öffentlichen Laden. Verbraucherinnen und Verbraucher kennen den Ad-hoc-Ladepreis vor der Anfahrt an die Ladesäule nicht. Es gibt keine zentrale Stelle, die alle Ladesäulen aus der Umgebung anzeigt. Laut dem Masterplan soll es jetzt eine solche Stelle geben, dann können Internetseiten und Apps Informationen über die Ladepreise für die Verbraucher anbieten.

taz: Das fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband schon lange.

Kolbe: Genau. Und eigentlich wird damit nur die AFIR, die EU-Richtlinie für den Ausbau der Ladeinfrastruktur, umgesetzt. Ich würde gerne noch weiter gehen: Verbrauchern sollten nicht nur die Preise fürs Ad-hoc-Laden bereitgestellt werden, sondern auch die vertragsbasierten Ladepreise. An einer Ladesäule gibt es eine Unzahl verschiedener Ladepreise und es ist für Verbraucherinnen und Verbraucher extrem schwer herauszufinden, welcher Ladevertrag für sie der passendste ist. Ein anderes Problem sind die Blockiergebühren, die anfallen, wenn ein Auto zu lange an einer Ladesäule steht. Mitten in der Nacht aufstehen und umparken zu müssen, weil das Auto schon vier Stunden am Strom hängt, entspricht nicht der Lebensrealität der Verbraucherinnen und Verbraucher. Diese Blockiergebühr nachts abzuschaffen, das ist sinnvoll.

Patrick Schnieders Masterplan

Masterplan Ladeinfrastruktur 2030 heißt das Papier, das Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) am Montag vorgelegt hat. Es ist

. Bisher handelt es sich um einen Entwurf, zu dem Verbände und Ex­per­t:in­nen nun Stellung nehmen können. In dem Entwurf steht, wie in den nächsten Jahren das Ladenetz für batteriebetriebene Autos, Lkws und Busse ausgebaut werden soll. Zum Beispiel sollen Mehrfamilienhäuser finanziell bei der Einrichtung eines Ladeanschlusses unterstützt werden, es soll besondere Förderung für E-Lkw und Busse und geben, privates Kapital soll für den Ausbau öffentlicher Ladeinfrastruktur mobilisiert werden.

Der Verkehrsminister möchte noch im Herbst einen Kabinettsbeschluss über den Masterplan herbeiführen. Bisher geht aus dem Entwurf allerdings nicht hervor, welches Förderprogramm genau mit wie viel Geld umgesetzt werden kann. Viele der Ziele sind an Bedingungen oder Fristen geknüpft, zum Beispiel an kommende Verhandlungen über den Bundeshaushalt der nächsten Jahre. Teilweise hat der Minister auch erstmal nur versprochen, Anliegen auf EU-Ebene einzubringen – das ist etwa bei der Abschaffung der nächtlichen Blockiergebühren der Fall. Ob er damit erfolgreich sein wird, ist unklar.

Der E-Auto-Markt in Deutschland ist zuletzt in Fahrt gekommen, im September 2025 wurden laut Kraftfahrtbundesamt 45.495 reine Stromer neu zugelassen. Trotzdem gilt das ursprünglich von der Bundesregierung formulierte Ziel, bis 2030 auf 15 Millionen E-Autos zu kommen, als kaum mehr erreichbar. (nbn)

taz: In dem Plan steht auch, dass es Förderprogramme für den Ausbau privater Ladeanschlüsse geben soll – vor allem für Mehrparteienhäuser. Worauf kommt es da an?

Kolbe: Die Installation von Wallboxen in Mehrparteienhäusern ist technisch aufwändiger und teurer als in einem Einfamilienhaus. Dort gezielt zu unterstützen, ist durchaus sinnvoll, denn das private Laden ist die wichtigste Ladeart. Allerdings war es bei der vergangenen Wallboxförderung – die 2020 startete – so, dass jeder diese Förderung in Anspruch nehmen konnte. Egal, ob er ein E-Auto hatte oder ob er sich die Wallbox vielleicht sowieso leisten konnte. Es braucht klare Vergabevorgaben, damit die Haushalte unterstützt werden, die die Installation eines Ladeanschlusses ohne finanzielle Hilfe nicht bewerkstelligen könnten. Haushalte, die sich eine Wallbox auch so leisten können, sollten nicht in den Genuss der Förderung kommen.

taz: Was ist, wenn ich eine Mieterin bin und mir das Gebäude, für das ich gerne einen Ladeanschluss hätte, nicht gehört?

Kolbe: Im Masterplan ist die Rede davon, dass Eigentümer, aber auch Bewohnerinnen und Bewohner von Mehrparteienhäusern unterstützt werden sollen. Natürlich sollten auch Mieterinnen und Mieter die Möglichkeit haben, eine finanzielle Förderung zu erhalten.

taz: Bisher ist privater Ladestrom fast immer billiger als der öffentliche Ladestrom. Ist geplant, das zu ändern?

Kolbe: Nur indirekt. Eine größere Preistransparenz befähigt Verbraucherinnen und Verbraucher, Vergleiche durchzuführen und sich für das günstigste Angebot zu entscheiden. Das befeuert den Wettbewerb und kann preisdämpfend wirken.

taz: Was hält Ver­brau­che­r:in­nen noch vom E-Auto ab?

Kolbe: Die E-Mobilität ist immer noch ein sehr emotionales Thema. Viele Menschen, die eigentlich ohne Probleme auf ein E-Auto umsteigen könnten, tun es nicht, weil sie nicht hinreichend informiert sind oder weil sie Vorbehalte haben. Deswegen begrüßen wir es, dass der Masterplan auch eine Kommunikationskampagne zur E-Mobilität vorsieht. Die muss mit alten Vorurteilen aufräumen, zum Beispiel mit der sogenannten Reichweitenangst. Die ist inzwischen kaum mehr berechtigt, die Akkus halten immer länger, das Ladenetz wird immer dichter.

Aber selbst wenn die Ladeinfrastruktur gut funktioniert, sind E-Autos in der Anschaffung immer noch deutlich teurer als vergleichbare Verbrenner. Der Betrieb des E-Autos ist dann zwar günstiger, das private Laden mit Haushaltsstrompreis kann den finanziellen Nachteil des Kaufpreises bald ausgleichen. Trotzdem ist die hohe Anfangsinvestition eine Einstiegshürde für Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir brauchen günstigere, kleinere E-Fahrzeuge für den Massenmarkt. Nur dann gibt es auch einen funktionierenden Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos. Dort wiederum müssen Verbraucherinnen und Verbraucher schnell prüfen können, ob die Batterie noch in einem guten Zustand ist. Hersteller müssen für ein gutes Angebot sorgen und gemeinsam mit der Politik Vorbehalte abbauen, um zu zeigen, dass E-Mobilität wunderbar funktionieren kann.

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1 Kommentar

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  • "Allerdings war es bei der vergangenen Wallboxförderung – die 2020 startete – so, dass jeder diese Förderung in Anspruch nehmen konnte. Egal, ob er ein E-Auto hatte oder ob er sich die Wallbox vielleicht sowieso leisten konnte. Es braucht klare Vergabevorgaben, damit die Haushalte unterstützt werden, die die Installation eines Ladeanschlusses ohne finanzielle Hilfe nicht bewerkstelligen könnten."

    Ja, noch ein paar Bürokraten, die "prüfen". Braucht das Land ganz bestimmt.

    Mein persönlicher Horror war der Elterngeldantrag. Mal ne Frage: wie viele Anträge werden da pro Jahr eigentlich negativ beschieden und was kostet die Bürokratie dahinter?