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Menschenrechte in der LieferketteErpressung gescheitert

EU-Abgeordnete verhindern das Manöver der konservativen EVP, Abschwächungen bei der Lieferkettenrichtlinie durchzusetzen. Nun wird erneut abgestimmt.

Für die Menschen in den asiatischen Textilfabriken ist das EU-Lieferkettengesetz lebenswichtig Foto: Ahmed Salahuddin/NurPhoto/imago

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Leila van Rinsum aus Berlin

Das Europaparlament hat den Entwurf zur Abschwächung der Lieferkettenrichtlinie am Mittwoch abgelehnt. Die Regeln verpflichten Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette. 309 Abgeordnete stimmten dafür und 318 dagegen, 34 enthielten sich. Die Parlamentarier hatten eine geheime Abstimmung gefordert.

Der Chefverhandler der Konservativen EVP, Jörgen Warborn, machte in einer Pressekonferenz die Sozialdemokraten für die gescheiterte Abstimmung verantwortlich und forderte „Klarheit“, wie sich die Partei positionieren wolle. Warborn hatte zuvor die Zustimmung der Sozialdemokraten und Liberalen im Rechtsausschuss gesichert, der die Vorlage fürs Parlament vorbereitet hat.

In der Regel folgt das Parlament der Abstimmung in den Fachausschüssen. Am Vorgehen Warborns gab es aber Kritik: Es hieß, er habe den Kompromiss dadurch erzwungen, dass er androhte, ansonsten mit den Ultrarechten noch weitere Abschwächungen durchzusetzen.

Nur ein kurzer Aufschub

Der Warborn-Kompromiss sieht vor, dass die Regeln nur noch für Unternehmen mit mindestens 5.000 Mitarbeitenden und 1,5 Milliarden Euro Jahresumsatz gelten. Somit würden sie nur noch etwa 10 Prozent der einstigen Firmen betreffen – etwa 150 Firmen in Deutschland. Außerdem soll die zivile Klagemöglichkeit von Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen gestrichen werden.

Für Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen bedeutet das Scheitern aber nur einen kurzen Aufschub. „Das Gesetz hängt am seidenen Faden. Beschäftigte in Textilfabriken und Bananenplantagen dürfen nicht die Leidtragenden politischer Machtspiele sein“, kommentierte Steffen Vogel vom Entwicklungsverband Oxfam. Unternehmen dürften nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden.

Warborn hob hervor, es ginge darum, für ein gutes Geschäftsklima zu sorgen für „Unternehmen, die gut bezahlte Arbeitsplätze in Europa schaffen“.

Die EU-Lieferkettenrichtlinie steht seit ihrer Verabschiedung im Mai 2024 unter Beschuss und wurde bereits aufgeschoben. Anfang dieses Jahres öffnete die Kommission die Regeln für inhaltliche Änderungen, mit der Begründung, den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu begrenzen. Die Europaabgeordneten sollen am 13. November erneut abstimmen. Anschließend verhandelt das Parlament mit den EU-Regierungen im Rat. Bis Ende 2025 soll es eine Einigung geben.

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