Anpassung an die Erdewärmung: Milliardäre schützen oder den Rest der Menschheit?
Es sind die Überreichen, die den Klimawandel versursacht haben. Sie sollten für die notwendigen Anpassungen an ihre Folgen bezahlen.

I m Sommer 2022 starben bei Überschwemmungen in Pakistan 1.739 Menschen. Tausende mehr verloren ihr Zuhause, ihre Ackerflächen oder ihr Vieh. Brücken, Stromleitungen und Trinkwasserbrunnen wurden zerstört. Der menschengemachte Klimawandel machte die Rekordregenfälle, die die Fluten verursachten, wahrscheinlicher und heftiger, wie eine Studie kurz darauf zeigte. 2023 und 2024 starben wieder jeweils mehr als 100 Menschen bei Überschwemmungen, im vergangenen Sommer waren es 111.
Für die Erderhitzung und ihre Folgen können die Pakistaner*innen kaum etwas: Jede*r von ihnen ist durchschnittlich für 0,81 Tonnen CO₂ pro Jahr verantwortlich. In Deutschland sind es pro Kopf 7 Tonnen. Von unseren CO<sub>2</sub>-Riesen RWE und Heidelberg Materials haben die meisten Pakistaner*innen wahrscheinlich noch nie gehört. Trotzdem leiden sie unter deren CO₂-Ausstoß. Nicht erst 2050 oder am Ende des Jahrhunderts. Sondern jetzt.
Die Pakistaner*innen und der Rest der Welt müssten viel Geld ausgeben, um sich vor unserem immer tödlicheren und zerstörerischen Planeten zu schützen. Aber dieses Geld bekommen sie nicht, wie ein aktueller Bericht von Brot für die Welt zeigt. An der Anpassung an die Erderhitzung scheitern Markt und Kapitalismus.
Denn während Strom aus Wind und Sonne billiger ist als der aus Fossilen und sich dank CO₂-Preis auch grüner Stahl oder Zement marktwirtschaftlich lohnen können, ist Klimaanpassung schlicht teuer. Aus knappen Kassen müssen Regierungen weltweit Geld für Deiche oder Bewässerungsanlagen zusammenkratzen, damit ihre Bürger*innen seltener ertrinken und ihre Ernten seltener verdorren. Einen Bankkredit bekommen sie dafür nicht: Vorbeugende Maßnahmen werfen keine Gewinne ab, um Schulden zurückzuzahlen.

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Deswegen ist klar: Wer die Erderhitzung verursacht hat, muss auch dafür zahlen, Städte, Dörfer und Äcker an sie anzupassen. In der Verantwortung sind deswegen die Industriestaaten, deren Wohlstand mit Kohle, Öl und Gas befeuert wurde. Und auch hierzulande muss man unterscheiden: Ein Durchschnittsverdiener in Deutschland hat zwar einen zu großen CO₂-Fußabdruck. Aber im Vergleich mit den Millionär*innen und Milliardär*innen des Landes ist ihr Beitrag zur Erderhitzung verschwindend gering.
Diese Überreichen müssten deshalb für die Zerstörung bezahlen, die ihre Lebensweise anrichtet. Dafür werden derzeit globale Abgaben diskutiert, zum Beispiel auf Privatjet-Flüge. Frankreich geht dort zusammen mit Kenia und Barbados voran. Die Bundesregierung ziert sich noch – muss sich aber bald entscheiden: Will sie lieber den Lebensstil von Milliardär*innen schützen oder Menschenleben?
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