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Digitaler EuroOnline bezahlen, aber anonym

Europa will ein neues Zahlungsmittel schaffen: den digitalen Euro. Die Versprechungen sind groß. Ein Gutachten zeigt nun, wie es gehen könnte.

Die EU cybert mit den Mäusen Foto: Lennart Preiss/dapd

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Svenja Bergt aus Berlin

Ein digitaler Euro zum Bezahlen und Geldversenden, so anonym wie mit Bargeld – das ist möglich, aber anspruchsvoll. Das zeigt ein diese Woche veröffentlichtes Gutachten, das der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) veröffentlicht hat.

Der digitale Euro ist bereits seit einigen Jahren in Planung. Bislang ist das Projekt aber wenig konkret. Im Kern soll er ein neues Zahlungssystem sein, das sowohl online als auch offline funktioniert. Ausgegeben werden soll er direkt von der Europäischen Zentralbank (EZB). Menschen sollen mit dem digitalen Euro etwa im Online- und im stationären Handel zahlen und auch privat Geld verschicken können.

Im Unterschied zu bisherigen Zahlungswegen wie Paypal oder einer klassischen Überweisung sollen dabei keine weiteren Dienstleister oder Banken zwischengeschaltet sein. Eine gerne verwendete Analogie ist die des „digitalen Bargelds“. Der digitale Euro soll das Bargeld aber nicht ersetzen, sondern eine Ergänzung sein – und Ersatz eher für andere Zahlungswege wie Paypal, Apple Pay oder Kreditkarten, die häufig in den Händen großer US-Anbieter liegen. Auch krisensicher soll er sein: „Die Offline-Funktion des digitalen Euro soll es Verbrauchern ermöglichen, auch in Notfällen wie Strom- oder Netzwerkausfällen weiterhin Zahlungen zu tätigen“, schreibt die EZB in ihrem Fortschrittsbericht von diesem Jahr.

Wie steht es mit der Anonymität?

Ein weiterer Punkt, der von Beginn an versprochen wurde: Bezahlen und Geldversenden soll so anonym möglich sein, wie eben mit Bargeld. Das Wort „anonym“ kommt im aktuellen Fortschrittsbericht aber nicht vor. Es ist nur noch von „höchsten Standards bei Qualität, Sicherheit, Privatsphäre und Nutzbarkeit“ die Rede.

Doch das Gutachten des EDSA zeigt nun: Das Versprechen der Anonymität ist haltbar. „Eine anonyme Modalität des digitalen Euro erscheint machbar, vorausgesetzt, das System wird auf der Grundlage einer geeigneten Kombination von Techniken und Kompromissen konzipiert“, lautet das Fazit des Gutachtens. Erstellt hat es der Experte für Kryptografie und IT-Sicherheit, Tibor Jager, Professor an der Universität Wuppertal.

Eine der großen Herausforderungen ist demnach allerdings, Anonymität und eine Nutzung ohne Internetverbindung sicherzustellen und gleichzeitig zu verhindern, dass digitale Euros doppelt ausgegeben werden. Aber auch hier nennt Jager eine Reihe an technischen Möglichkeiten, um das miteinander zu vereinbaren. Möglich wäre zum Beispiel eine Absicherung über eine spezielle Hardware-Umgebung oder eine Ausgabengrenze im Offline-Modus, die Betrug unattraktiver machen würde.

Weichen werden jetzt gestellt

Das Gutachten kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Entscheidungen über zentrale Weichen kurz bevorstehen. Zwar nannte EZB-Direktor Piero Cipollone zuletzt 2029 als realistischen Zeitpunkt für den Markteintritt des digitalen Euro. Doch hinter den Kulissen laufen bereits die Vorbereitungen – praktisch und in Sachen Gesetzgebung. So gibt es bereits Versuche mit Marktteilnehmern, etwa Händlern, Start-ups, Hochschulen, Banken und anderen Zahlungsdienstleistern, um technische Möglichkeiten und Einsatzzwecke auszuloten.

Parallel läuft die Gesetzgebung an: EU-Parlament, Europäischer Rat und Kommission sollen demnach bis zum kommenden Mai ihre Positionen festlegen und anschließend mit der gemeinsamen Arbeit an der Gesetzgebung beginnen. Bereits bis Ende 2025 sollen laut EZB Ausschreibungen abgeschlossen sein, um Anbieter für die Plattform und Infrastruktur des digitalen Euro auszuwählen.

In einer Umfrage des europäischen Verbraucherverbands BEUC vom September gab die Mehrheit der Befragten an, dass sie sich die neue digitale Zahlungsmethode sicher und verlässlich sowie einfach zu nutzen wünschen. Und noch etwas: „Die Umfrage zeigt deutlich, dass die Verbraucher Bargeld als Zahlungsmittel sehr schätzen“, erklärte Verbandschef Agustín Reyna. Gerade jüngere Ver­brau­che­r:in­nen seien es, die zu den stärksten Befürwortern von Münzen und Scheinen gehörten.

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