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Deutschland und GroßbritannienAufrüsten für Unterwassereinsatz

Die Bundeswehr erhält Flugzeuge im Einsatz gegen U-Boote. Pistorius betont bei seinem Besuch in Schottland die gemeinsame Nutzbarkeit.

Deutschland und Britannien vereinte Stecher zur See Foto: P.Nowack/imago
Cem-Odos Gueler

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Cem-Odos Gueler aus Lossiemouth

taz | Deutschland und Großbritannien wollen militärisch enger zusammenarbeiten. „Die Royal Air Force und die deutsche Marine werden künftig gemeinsam auf U-Boot-Jagd gehen“, sagte der britische Verteidigungsminister John Healey am Donnerstag auf einer Luftwaffenbasis im schottischen Lossiemouth. Zuvor hatte er seinem deutschen Amtskollegen Boris Pistorius (SPD) das dafür vorgesehene Flugzeug vorgeführt. In wenigen Wochen soll die Bundeswehr das Modell des US-Herstellers Boeing erhalten, um mit aufwendigen und teuren Einsätzen zur Nato-Seeaufklärung im Nordatlantik beizutragen.

Wer den beiden Ministern bei ihrer Pressekonferenz zuhört, kann ein mulmiges Gefühl bekommen. „Diese Flugzeuge haben eine enorme Bedeutung, es geht darum, zu wissen, was sie tun“, sagte Pistorius. Mit „sie“ meinte er die russische U-Boot-Flotte, die von Murmansk aus durch die Meereslücke zwischen Island und Schottland in den Nordatlantik vordringt. Die Nato will ein möglichst präzises Lagebild gewinnen, da die russische Flotte auch das atomar bewaffnete strategische U-Boot-Kommando umfasst.

Die „Seefernaufklärer“, wie die Flugzeuge im Bundeswehrjargon heißen, sollen U-Boote aufspüren – zumindest theoretisch. Dazu werfen sie Bojen ins Meer, wo U-Boote vermutet werden. Diese Bojen erfassen Schallwellen im Frequenzbereich der U-Boote und übertragen die Daten. Das Verfahren ist extrem aufwendig: Unzählige Sonarbojen, die sich nach einer bestimmten Zeit im Wasser auflösen, müssen eingesetzt werden, um Standort und Kurs eines U-Boots zu bestimmen.

Die Nato setzt deshalb auf Zusammenarbeit. Pistorius betonte die gemeinsame Nutzung des Flugzeugs, das die Bundeswehr Anfang November erhalten soll. Die USA benutzen die Maschine des Typs Poseidon P 8 schon seit Jahren und verfügen über Dutzende davon, darunter auch eine permanente Einsatzbereitschaft auf Island. Beobachter meinen, die russischen U-Boot-Aktivitäten im Nordatlantik ließen sich daran ablesen, wie viele US-Flugzeuge gerade auf Island stationiert sind. Großbritannien verfügt über neun dieser Flugzeuge, Deutschland hat acht bestellt.

Eine Milliarde Euro für britische Rüstungsgüter

Die Aufrüstungsspirale ist auch in diesem Bereich dabei in vollem Gange. Denn natürlich sind auch die atomar bewaffneten Nato-Staaten USA, Frankreich und Großbritannien mit ihrer nuklearen U-Boot-Streitmacht im Meer unterwegs, die wiederum von russischen Seefernaufklärern beobachtet werden. Beide Seiten arbeiten daran, ihre Technik zu verbessern, um die Entdeckung ihrer U-Boote zu erschweren.

„Wir befinden uns in einer neuen Ära der Bedrohung und brauchen deshalb eine neue Ära der Verteidigung“, sagte Healey. Er hob die gewachsene Bedeutung der Partnerschaft mit Deutschland hervor. London und Berlin hatten im vergangenen Jahr mit dem Trinity House Agreement eine engere militärische Zusammenarbeit beschlossen. Beide Minister betonten auch die industriepolitische Dimension: Deutschland habe zuletzt knapp eine Milliarde Euro für britische Rüstungsgüter ausgegeben und damit 600 Arbeitsplätze gesichert, so Healey. Pistorius ergänzte, dass die Torpedos des neuen Flugzeugs aus Großbritannien stammen.

Der Zwischenstopp in Schottland war die letzte Station einer fünftägigen Reise von Pistorius in den Norden Europas und nach Kanada. Er machte dabei deutlich, dass die Bundeswehr künftig im Nordatlantik militärisch präsenter sein will. In Kanada warb er zudem dafür, dass das Land beim geplanten U-Boot-Kauf ein Modell des deutschen Herstellers TKMS wählt.

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1 Kommentar

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  • Zusammenarbeit!



    Das ist das Wort der Stunde.



    Wie dieses Beispiel zeigt, ist die Modernisierung der Bundeswehr in vollem Gange.



    Eine Harmonisierung der Waffensysteme unterschiedlicher Nato Staaten wurde mehrfach angeregt und hier bereits umgesetzt. Es ist gut, mit erfahrenen Partnern, wie Großbritannien, enger zusammen zu arbeiten.



    Der Verteidigungsminister zeigt bei seinen Besuchen von Nato-Partnern, dass er auf der Höhe der Zeit ist.



    Unqualifizierte Versuche, Pistorius in sein Ressort hinein zu regieren sind völlig unangebracht.



    Der Außenminister, der dies bereits häufiger versucht hat, sollte besser seine eigenen Hausaufgaben machen.



    Scheinbar trägt die neue Bewertung der Taliban durch Innen- und Außenminister schlechte Früchte.



    Die Minister müssen erklären, warum sie, trotz vorhergehender Warnungen, das Bonner Konsulat Afghanistans an Taliban Vertreter übergeben haben.



    Bei diesem Schritt sind den Taliban umfangreiche Daten über Afghanen, die die Taliban nicht unterstützen, in die Hände gefallen. Eine klare Bedrohung für deren Sicherheit! Innen- und AußenmMini sollten einfach mal Ihre Arbeit machen.



    Auf leere Versprechungen folgt hier eine ungute Zusammenarbeit!