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Verlust bei NachwahlLabour verliert Regierungsmehrheit in Wales

Die walisische Nationalpartei gewinnt in Caerphilly. Die Labourpartei kommt in ihrer bisherigen Hochburg nur noch auf Platz 3 hinter Reform UK.

Sieger der Nachwahl im walisischen Caerphilly: Lindsay Whittle (Plaid Cymru), 24.10.2025 Foto: Andrew Matthews

Der neue Kandidat der Labourpartei hat die Nachwahl in ihrer walisischen Hochburg Caerphilly, die sie 107 Jahre halten konnte, krachend verloren. Laut dem am frühen Freitagmorgen bekanntgegebenen Ergebnis hat Lindsay Whittle, der Kandidat der auf walisische Unabhängigkeit drängenden Nationalpartei Plaid Cymru, mit 47 Prozent der Stimmen den südwest-walisischen Sitz für die walisische Nationalregierung, dem Senedd, gewonnen.

Mit dem Verlust des Sitzes in Caerphilly verlor Labour im Senedd auch die Regierungsmehrheit und ist nun für den Rest der Legislaturperiode auf das Wohlwollen anderer Parteien angewiesen.

Insgesamt war das Ergebnis für den Sieger Whittle mit 15.961 Stimmen fast doppelt so hoch wie bei den vorherigen Senedd Wahlen 2021. Labour hingegen fiel von 35 Prozent der Stimmen 2021 auf nur noch elf Prozent und damit sogar nur noch auf Platz drei.

Der Sieger Whittle hatte sich im Wahlkampf als vertraute Option und Personifizierung von Caerphily dargestellt. Er arbeitet in dem Wahlkreis, zog seine Kinder dort auf und engagierte sich dort seit über 50 Jahren in der Politik.

Walisische Nationalisten mobilisierten gegen Reform UK

Während seine Kampagne zunächst Plaid Cymru als Alternative zu Labour und den Konservativen anpries, konzentrierte man sie sich zunehmend auf nationalistische Argumente, nämlich den englischen Nationalisten von Reform UK einen Sieg in Caerphilly zu verwehren.

Plaid Cymru, Parteichef Rhun ap Iorwerth, früher Journalist bei BBC Wales, erklärte nach dem Sieg, die Partei habe nun die Wahlen im Mai im Visier und könnte überall in Wales als positive Alternative gewinnen.

Whittles Sieg war jetzt der 14. Versuch des 72-jährigen Politikers, einen Parlamentssitz zu ergattern. Bisher war er dort Kommunalrat und hatte seit 1984 bei jeder Wahl für das britische Unterhaus wie für die 1998 geschaffene walisische Nationalregierung 1998 kandidiert.

Whittles Vorgänger, der Labourabgeordnete Hefin David, war im August einen Tag vor seinem 48. Geburtstag tot aufgefunden worden. Die Todesursache ist nach wie vor ungeklärt.

Labour und die Tories sind in der Defensive

Für die Labourpartei, die wie die Tories bereits im April viele kommunale Sitze in England verloren hatte, ist das Ergebnis ein schlechtes Omen für die bevorstehende Wahl im Mai 2026, wenn der walisische Senedd neu gewählt wird, wie auch für die Besetzung des schottischen Nationalparlaments Holyrood und weitere Kommunal- und Bürgermeisterwahlen in England.

Labour liegt trotz des Sieges bei den Nationalwahlen 2024 wie auch die Tories in Umfragen vor allem in England schwer hinter Reform UK zurück, in manchen Teilen des Landes auch hinter Liberaldemokrat:innen, Grünen, Unabhängigen und in Wales hinter Plaid Cymru.

„Die Menschern erzählten uns in den Wahlkreisen, dass die von Labour versprochenen Veränderungen nicht schnell genug kämen“, sagte die Chefin der walisischen Labourpartei, Baronin Eluned Morgan, zur Niederlage. Man habe dies jetzt verstanden, stelle sich darauf ein.

Sollte sich Labour im Mai in Wales nicht als stärkste Partei halten können, wäre es die erste solche Niederlage seit der Schaffung des walisischen Nationalparlaments 1998.

Nigel Farages rechtspopulistische Reform UK Partei konnte sich in Caerphilly als zweitstärkste Partei mit satten 36 Prozent der Stimmen behaupten, ein phänomenaler Aufstieg. 2021 kam die Partei nur auf winzige zwei Prozent. Reform UKs ehemaliger Geschäftsführer Zia Yusef bezeichenete die Wahl als „historischen Ausgleich“ der walisischen Politik.

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