Vorstoß von Hubertz zu Sozialwohnungen: Wenn die Baupolitik versagt
Bauministerin Hubertz will Menschen in Sozialwohnungen ans Geld. Statt das Kernproblem zu lösen, verfährt sie sich in einer nicht durchdachten Idee.
B auministerin Verena Hubertz (SPD) will Menschen in Sozialwohnungen ans Geld. Geht es nach ihr, sollen Menschen, die in solchen Wohnungen leben, irgendwann ein wenig mehr verdienen und somit nicht mehr bedürftig genug sind, eine Fehlbelegungsabgabe zahlen. Die SPD-Politikerin findet ernsthaft, das sei eine gute Idee. Echt jetzt? Schon wieder?
Denn was die Sozialdemokratin für sozial hält, ist erstens eine olle Kamelle. Zweitens ist es ein ausgelutschtes Mantra aller versagenden Wohnungspolitiker:innen. Statt für mehr bezahlbare Wohnungen zu sorgen, setzen sie lieber auf die Neidkarte und schieben denjenigen die Schuld an der Misere in die Schuhe, die noch das Glück haben, eine günstige Miete zahlen zu können.
Dass bezahlbarer Wohnraum immer seltener wird, liegt keineswegs an den unzähligen Reichen, die angeblich in staatlich geförderten Wohnungen für 'n Appel und 'n Ei leben. Es liegt vielmehr daran, dass der Staat – ganz egal unter welcher Regierung – seit Jahrzehnten dafür sorgt, dass die Zahl der Sozialwohnungen immer weiter sinkt, weil die Sozialbindungen auslaufen. Weil Bauförderung so gestaltet ist, dass sie in der Regel nur für rund 25 Jahre gilt und forthin der genau darauf spekulierende Eigentümer abkassieren darf, während die eigentlich zu unterstützende Klasse der Mieter:innen in die Röhre schaut.
Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.
Es braucht einfach mehr billige Wohnungen
Wer findet, dass Sozialwohnungen fehlen, sollte nicht die dort Wohnenden zur Kasse bitten, bloß weil sie das Glück hatten, ihre finanzielle Situation so zu verbessern, dass für sie ein Leben knapp über eine Bedürftigkeitsschwelle möglich ist. Besser und nachhaltiger wäre eine Bauoffensive, die ausschließlich von Mieter:innen kontrollierte Institutionen wie Genossenschaften fördert und mit revolvierenden Fonds dafür sorgt, dass das irgendwann zwangsläufig zurückfließende Geld in neue Bauvorhaben fließt. Denn mehr billige Wohnungen schafft man nicht, indem die wenigen vorhandenen verteuert werden.
Wie sich das finanzieren ließe? Die Superreichensteuer wäre auch hier ein lukrativer Ansatz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert