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Bewerbung für OlympiaDas Ende einer olympischen Depression

Andreas Rüttenauer

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Andreas Rüttenauer

München hat sich deutlich für eine Austragung der Olympischen Spiele ausgesprochen. Damit ist die Stadt ein Beispiel, dem andere Städte folgen sollten.

Ja, da freut sich der Söder-Markus (hinten Mitte) über das deutliche Votum für die Austragung von Olympia in seiner Region Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

D as war deutlich. Über 66 Prozent der Münchner, die ihre Stimme beim Volksentscheid am Sonntag abgegeben haben, befürworten eine Bewerbung der bayerischen Landeshauptstadt für Olympische Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044. Es ist dies ein Lebenszeichen für den olympischen Sport, das durchaus bemerkenswert ist. Schon lange nicht mehr ist ein Olympiareferendum in Deutschland zugunsten der Spiele entschieden worden. Die Hamburger stimmten 2015 eine Bewerbung für die Sommerspiele 2024 nieder und die Mehrheit der Münchner sowie die der Menschen in Garmisch-Partenkirchen wollten die Winterspiele 2022 nicht.

Die hohe Wahlbeteiligung von 42 Prozent ist zudem ein Zeichen dafür, dass auch in einem Land, in dem meist nur über den Profifußball der Männer gesprochen wird, wenn es um Sport geht, Interesse fürs Laufen, Schwimmen oder Rudern geweckt werden kann. Die olympische Depression, in die Sportdeutschland im vergangenen Jahr nach dem ernüchternden Blick auf den Medaillenspiegel der Sommerspiele von Paris verfallen ist, scheint erst mal überwunden.

Nun geht die Münchner Bewerbung also mit starkem Rückenwind in das nationale Rennen um eine deutsche Olympiabewerbung. Dass es eine solche geben soll, ist nicht nur Wunsch des organisierten Sports in Deutschland, sondern im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD festgeschriebener politischer Wille. Die Münchner Stadtgesellschaft hat nun auch ihren Willen bekundet. Genauso hatten sich die Kampagnenmacher aus dem Rathaus und der Bayerischen Staatskanzlei das vorgestellt.

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München legt vor und die anderen drei Interessenten müssen nachziehen. Hamburg, Berlin und die Region Rhein-Ruhr haben schon gestaunt, wie München im Sommer vorgeprescht ist mit der Vorstellung seines Olympiakonzepts vor der Stadionkulisse der Spiele 1972 und mussten schneller, als ihnen vielleicht lieb war, nachziehen.

Ein nationaler Wettbewerb begann und bevor überhaupt feststeht, wer in Konkurrenz gehen darf zu möglichen Bewerbern aus Indien, vom Golf oder aus Afrika, wurden Stabsstellen eingerichtet, Werbeagenturen und Planungsbüros beauftragt. Münchens Konkurrenz wird nun alles tun, um eine ähnlich positive Stimmung zu erzeugen, wie sie in München seit Sonntagabend herrscht, bevor der Deutsche Olympische Sportbund Ende 2026 darüber entscheidet, mit welchem Konzept sich Deutschland beim IOC bewirbt. Ein elend langer und teurer Prozess. Aber so ist das eben mit Olympischen Spielen: billig sind sie nicht zu bekommen.

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Andreas Rüttenauer
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11 Kommentare

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  • Kann mich der Begeisterung im Artikel nicht anschließen☹️

    Dazu bleiben Lücken, für mich zB als erstes die Frage der Ökologie❗

    Wie ist das entsprechende Konzept in München, wieviel soll neu gebaut werden, was kann nach den Spielen weiter genutzt werden, auch was sind die Kosten, wieviel davon trägt am Ende der Bürger, wie ist dies alles entsprechend bei den letzten Olympiaden gewesen, etc.

    Dazu im Artikel: NICHTS👎

    Statt dessen



    "Die olympische Depression, in die Sportdeutschland im vergangenen Jahr nach dem ernüchternden Blick auf den Medaillenspiegel der Sommerspiele von Paris verfallen ist, scheint erst mal überwunden"

    Verstehe ich nicht, was hat das schlechte Abschneiden dt. Sportler mit einer evtl Olympiade in München zu tun❓

    Zudem frage ich mich schon lange, inwieweit da letztlich Doping eine Rolle spielt und der Wettbewerb um immer schneller, immer höher, immer weiter nicht auch dadurch pervertiert wird...?

    Auch dies bzgl die Ambitionen der Ausrichter, muss dieser Gigantomismus sein ❓

    Sport in allen Ehren (bin selbst im Verein) kann eine gute Sache sein,aber diese ausufernde Vermarktung, auch dieser immense Leistungsdruck, ist mE fragwürdig, und zudem sehr sehr teuer❗

  • Ich würd mich freuen, wenn es das hier im Land gäbe, wenn ichs noch erlebe, würd ich dann hingehen (oder rollen) .



    Aber Berlin 2036 macht mir Bauschschmerzen - und das nicht nur weil dort dann auch die Blauen Braunen in der Regierung sitzen könnten. Auch das Stadtbild ist von Übel.

  • „Aber so ist das eben mit Olympischen Spielen: billig sind sie nicht zu bekommen.“ das klingt nach einem vorauseilenden Kniefall vorm IOC, München und der Regierung.

    Athen 2004 und Rio 2016, welche man getrost als Weiße Elefanten bezeichnen kann, haben als Orte die negativen Folgen der Bevölkerung aufgebürdet, Paris 2024 war laut verlinkten Artikel auch doppelt so teuer wie zu Beginn errechnet. So was wäre im Falle der hier erwähnten Bewerbungen zwingend zu vermeiden.

    München mag konzeptionell gut aussehen, Real wäre aber LA 1984 Vorbild, und entstehende Mehrkosten müssten zwingend ausgeglichen werden ohne den Städten oder deren Bürger*innen zur Last zu Fallen. Der Autor kann gerne darlegen wie das für München gewährleistet wird, und warum Hamburg das überhaupt könnte.

    Das hinter den 62% Zustimmung bei 42% Wahlbeteiligung tieferes Interesse an Breitensport verbirgt bzw. hier Interesse geweckt werden kann halte ich auch eher für spekulativ.



    Als Hamburger bleib ich bei meiner Ablehnung: Wenn alles auf privaten Spenden und der Verwendung der IOC Einnahmen voll Finanziert wäre, bei ernsthafter Nachhaltigkeit zugunsten der Bevölkerung, könnte man diskutieren, sonst nö.

  • In Berlin wird es an der Frage scheitern, wo nun genau die für die Ertüchtigung des ÖPNV dringend benötigte Lufttaximagnetseilschwebebahn gebaut werden soll.

    Im ernst, ich fände es toll, wenn wir in der Stadt gute Stimmung hätten und nötige Infrastrukturmaßnahmen durchführen würden, aber bitte ohne dabei den Olympiafunktionären Milliarden Euros in das Gesäß zu pusten.

  • Gut, das die Münchener sich für die Ausrichtung bewerben wollen.



    Im Gegensatz zu Berlin ist davon auszugehen, das die Wettkampfstätten dann auch pünktlich fertiggestellt sind, die Infrastruktur funktioniert und den vielen Sportlern und Besuchern nicht so ein Stadtbild präsentiert wird, vor dem ein gewisser Herr Merz in letzter Zeit immer wieder warnt.



    Die vielen potentiellen Besucher der Spiele möchten nach der Rückkehr zu hause doch von positiven Erlebnissen berichten, und nicht davon, das sie in einem halbfertigen Stadion im größten Dreckloch der Republik waren.

  • München darf mensch beim Radnetz gerne folgen. Sonst eher Obacht.



    München wäre ein kleineres Übel, weil Anlagen weitgehend schon da wären. Doch mit dem Argument würde mensch am besten einmal ein großes Gelände in Olympia errichten, und gut wär's.



    Solange die IOC-Knebelverträge so sind wie jetzt: lieber nicht.



    Öffentliche Infrastruktur baut mensch bekanntlich am besten mit dem heute noch hinterzogenen Geld der Bonzen aus Grünwald und München-Operngegend.

  • Sie sind auch nicht billig durchzuführen!



    Ich bin begeisterter Sportler,. ehemals halbprofessioneller Langstreckenläufer und Triathlet. Aber olympische Spiele durchführen? Lieber nicht. Da gibts andere Sportereignisse, die gefördert werden könnten, und bei denen die Wertschöpfung auch wirklich den Einheimischen zugute kommt

  • Prima, dann kann Berlin ja sparen.

  • Man kann zu der Entscheidung stehen wie man will. Die pro-Kampagne tat sicher ihres dazu. In Bayern wird das mit den Bürgerentscheiden schon ernst genommen im Gegensatz zu anderen Bundesländern.

    • @Der Cleo Patra:

      Wenn Bürgereintscheide ernst genommen würden, dann würde vor dem Bürgerentscheid grob geklärt sein, wen es wie viel kosten wird. Sonst haben die Bürger ja gar keine Grundlage, eine informierte Entscheidung zu treffen.

      Und ich befürchte, dass da auch mein Steuergeld aus Mecklenburg in München ausgegeben wird.

      • @pumble:

        Das war vor ein paar Tagen in Hamburg auch kein Thema (Kosten) beim Vorziehen der Klimaneutralität.