Olympia da, wo die Leistung sitzt: Danke, München!
München will Olympia - gut so! Wie alle wissen, ist Bayern besser als Berlin. Es gibt keinen Grund, dass Berlin als Austragungsort im Rennen bleibt.
E s ist ein eindeutiges Ergebnis. 66,4 Prozent der Münchener:innen haben in einem Bürgerentscheid ihre Zustimmung zur Olympia-Bewerbung der Stadt bekräftigt. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) jubelt bereits, das Ergebnis sei ein "sehr großer Denkanstoß für die Mitbewerberinnen und -bewerber“. Die Message ist klar: Mit dem Ergebnis hat München im Rennen um Olympia die nationalen Mitkonkurrent:innen, insbesondere Berlin, abgehängt.
In den größenwahnsinnigen Kreisen Berlins regt sich deshalb schon Torschlusspanik. „Pass auf, Berlin – München schnappt dir Olympia weg!", heißt es etwa in der B.Z., „Berlin muss kämpfen", schrieb der Tagesspiegel zwischenzeitlich auf seiner Webseite. Unbeholfen behauptet der Olympia-Beauftragte Berlins, Kaweh Niroomand, das „Ja!" Münchens gebe auch der Berliner Bewerbung „Rückenwind". Doch das wirkt ebenso verzweifelt, wie der Bewerbungsprozess Berlins insgesamt. Die einzige gesichtswahrende Option, die Berlin bleibt, ist deshalb, die Niederlage einzugestehen – und die Bewerbung zurückzuziehen.
Denn an dieser Stelle muss einmal ausgesprochen werden, was man in Bayern ohnehin längst weiß: Sportlich wie gesellschaftlich ist München der Hauptstadt in jeder Hinsicht überlegen. Was ist schon eine provinzielle Hertha gegen den Weltfußball von Bayern München? Was die bayrischen Alpen gegen die Brandenburger Kiefern-Monokultur? Wer assoziiert Deutschland mit Hipstern auf Keta auf Clubtoiletten, statt mit besoffenen Männern in Lederhosen auf dem Oktoberfest? Wer sich mit den Fakten befasst, muss einsehen: Nicht etwa das dreckig-multikulturelle Berlin, sondern nur das heimatduselige München ist geeignet, Deutschland in der Welt angemessen zu repräsentieren.
Bayrische Expertise mit Geldumschlägen
Es fängt schon beim Geld an. Bayern hat bekanntlich die Knete, um die nötigen Milliarden an Investitionen in die Rachen von Investoren zu werfen, die Ökonom:innen zufolge wohl nie in die Stadt zurückfließen werden. Paris hat Olympia letztlich sechs Milliarden Euro an öffentlichen Geldern gekostet. Aber Berlin ist pleite. Wie auch der bayrische Monarch Markus Söder immer wieder betont, wäre das Geld, was ausgegeben würde, vermutlich eh aus Bayern. Schon im Interesse der Entbürokratisierung wäre es deshalb ratsam, lange Dienstwege zu vermeiden – und die Bayern ihr Geld einfach selbst ausgeben zu lassen.
Denn es ist ja auch nicht nur eine Frage des Habens oder Nichthabens. Mit Geld muss man auch umgehen können. Und wie jede:r weiß, kann das bei Olympia-Bewerbungen auch heißen: Ein Gefühl dafür zu haben, wann wem der richtige Briefumschlag zuzustecken ist. Franz Beckenbauer war seiner Zeit sehr erfolgreich, sich den immer wieder aufkommenden Bestechungsvorwürfe zur Fußball-WM 2006 zu entziehen. In Berlin – wo der Einfluss des Immobilienkapitals auf die Ausverkaufspolitik des Berliner Senats offensichtlich ist – wäre so ein erfolgreiches Vorgehen undenkbar. Deutschland ist also auch hier auf bayrische Expertise angewiesen.
Während in Berlin das Kapital die Politik beeinflusst, sind Wirtschaft und Politik in Bayern längst zu einer Entität verschmolzen. Das schafft viel klarere Verhältnisse: In Berlin herrscht etwa auf dem Wohnungsmarkt wilder Westen, Immobilienhaie kämpfen um jeden Quadratmeter Stadt, Großprojekte enden regelmäßig in Katastrophen. In Bayern ist dagegen allen klar, dass die Stadt den Reichen gehört. Das Resultat sind polierte Straßen, die nur darauf warten, von Touristenmassen zugemüllt zu werden.
Vorzüge des Polizeistaats
Außerdem gibt es in Bayern einen Polizeistaat, der anders in Berlin wohl auch tatsächlich in der Lage wäre, politische Unruhestifter und andere Probleme im Stadtbild (hust, hust) mit effektiver Brutalität und mit weniger rechtsstaatlichen Hürden zu beseitigen. Auch das ist ein schlagendes Argument für München. Vor sportlichen Großveranstaltungen wird in Städten ja gerne mal aufgeräumt, „olympic cleansing“ nennt man das. Wie viel leichter ist das aber in Bayern, wo zum Beispiel Klimaaktivist:innen schon mal einen Monat ohne Anklage in Präventionshaft gesteckt werden können?
Doch all diesen Argumenten zum Trotz klammert man sich im Berliner Senat weiter an dem Plan fest, sechs Millionen Euro für einen Bewerbungsprozess auszugeben, der am Ende nur scheitern kann. Wie immer ist die Berliner Bevölkerung da weiter. Umfragen zufolge wollen nur 32 Prozent der Stadtbevölkerung eine Berliner Bewerbung – eine breite Mehrheit ist dagegen. Nicht nur gibt es nun also in München anders als in Berlin ein demokratisches Mandat für eine Bewerbung. Selbst wenn es in Berlin zu einer Abstimmung käme, stünden die Chancen nicht schlecht, dass auch die Berliner:innen für einen Austragungsort München votieren würden.
Die Forderungen der oppositionellen Grünen und Linken, dass Berlin die eigenen Steuergelder mal lieber in die marode Sportinfrastruktur der Stadt stecken sollte, sind deshalb zu unterschreiben. Es ist im Interesse des gesamten Landes, dass die Berliner Politik auf die Münchener hört – und endlich zugibt, dass München einfach der bessere Ort für die Olympischen Spiele ist. In diesem Sinne ist es auch höchste Zeit, einmal „Danke!" zu sagen. Danke, liebes München, ihr seid besser, wir geben es zu. Nehmt die Touristen, den Sport, den Ruhm – und lasst uns in Ruhe.
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