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Agrarinvestor AmatheonWas eine deutsche Firma mit Vertreibung in Sambia zu tun hat

Die Menschenrechtsorganisation Fian erhebt schwere Vorwürfe gegen den Berliner Investor Amatheon – nicht nur wegen der Zerstörung ganzer Dörfer.

Der Staat habe sich verpflichtet, seine Bevölkerung vor privaten Unternehmen zu schützen, sagt Fian. Hier Landwirte in Chikankata Foto: Joerg Boethling/imago

afp | Der deutsche Agrarinvestor Amatheon ist laut einer Untersuchung der Organisation Fian an Menschenrechtsverletzungen in Sambia im südlichen Afrika beteiligt. 2024 seien mindestens vier Dörfer in dem Land gewaltsam geräumt worden, daran seien Mitarbeitende von Amatheon beteiligt gewesen, teilte Fian am Dienstag mit. Der Agrarinvestor ist nach eigenen Angaben in Sambia, Simbabwe und Uganda aktiv.

Bei den Räumungen in den Dörfern Apex, Chiyabuka, Mambanga und Sibanda seien „zahlreiche Häuser zerstört oder in Brand gesetzt“ worden, erklärte die Menschenrechtsorganisation Fian Deutschland. „Ganze Dorfgemeinschaften verloren innerhalb kurzer Zeit ihr Zuhause und ihre Ernten.“

Insgesamt seien 151 Haushalte und damit rund 760 Menschen betroffen. „Den Familien in Apex wurden keine Gerichtsbeschlüsse vorgelegt, obwohl diese die rechtliche Grundlage für jede Räumung darstellen. Niemand erhielt eine Entschädigung oder wurde auf rechtlich gesichertes Ersatzland umgesiedelt.“

Amatheon habe zudem zwei Staudämme gebaut, wodurch mehrere Flüsse in Sambia über weite Teile des Jahres ausgetrocknet seien. Viele von rund 5.000 Haushalten flussabwärts hätten daher den Gemüseanbau aufgeben müssen.

Amatheon: größter deutscher Agrarinvestor in Afrika

Amatheon habe „rechtswidrig“ Nutztiere beschlagnahmt, die sich auf von dem Unternehmen beanspruchten Gelände aufhielten, weil sie auf der Suche nach Wasser waren. Die Eigentümer mussten laut Fian umgerechnet 17,50 Euro zahlen, um ein Rind zurückzuerhalten – das sei fast ein Viertel des durchschnittlichen Monatseinkommens im ländlichen Sambia. „Diese rechtswidrigen Beschlagnahmungen müssen sofort beendet und die Betroffenen angemessen entschädigt werden“, forderte Fian.

Niemand erhielt eine Entschädigung oder wurde auf rechtlich gesichertes Ersatzland umgesiedelt

Fian Deutschland

Laut der Organisation ist der sambische Staat verpflichtet, die Bevölkerung wirksam vor Menschenrechtsverletzungen durch private Unternehmen zu schützen. „Wir fordern darüber hinaus, dass die Bundesregierung ihren extraterritorialen Staatenpflichten nachkommt und mögliche Menschenrechtsverstöße durch Amatheon umfassend untersucht“, erklärte Fian-Agrarreferent Roman Herre.

Amatheon Agri hat nach eigenen Angaben seit 2011 mehr als 200 Millionen Euro investiert, um das „landwirtschaftliche Potenzial“ in Sambia, Uganda und Simbabwe zu erschließen. In Sambia hat das Unternehmen laut Fian seit 2012 rund 40.000 Hektar Land erworben; es sei der größte deutsche Agrarinvestor auf dem afrikanischen Kontinent.

Angebaut werden den Unternehmensangaben zufolge etwa Mais, Weizen, Zwiebeln, Paprika und Chilis in Sambia oder Quinoa und Chia in Sambia und Uganda. Amatheon setze dabei auf „eine Kombination aus erstklassigen Anbautechniken, Partnerschaften mit Kleinbauern und vertikaler Integration der Wertschöpfungskette“.

Fian kritisiert Amatheon nicht zum ersten Mal

„Vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit führen wir umfassende Sozial- und Umweltverträglichkeitsprüfungen durch“, heißt es auf der Seite von Amatheon. „Wir verpflichten uns zu verantwortungsvollen Investitionen in die Landwirtschaft“, Amatheon halte sich dabei an die Grundsätze der Vereinten Nationen für verantwortungsvolle Investitionen in Agrarland und die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte.

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Fian hat Amatheon wiederholt scharf kritisiert. Die Organisation begleitet nach eigenen Angaben „seit vielen Jahren Gemeinden, die im Konflikt mit dem Investor stehen“. Im Juni 2024 demonstrierten Menschen aus Sambia in Berlin vor der Zentrale von Amatheon für das Recht auf Nahrung, Wasser und Land.

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