Neuer CDU-Spitzenmann in Sachsen-Anhalt: Er kennt die Schwäche der AfD
Sven Schulze hat seine Wahlkampfstrategie vorgestellt. Sie ist vielversprechend, wenn die CDU es schafft, einer Versuchung zu widerstehen.
B eim Wahlkampfauftakt der CDU in Sachsen-Anhalt präsentierte Spitzenkandidat Sven Schulze einen vielversprechenden Ansatz im Umgang mit der AfD. Die rechtsextreme Partei hat eine große Schwäche: Ihr Gehetze löst keine Probleme. Darauf hat sich Schulze besonnen. Statt auf das emotionalisierende Thema Migration konzentrierte er sich auf Alltagsprobleme. Dann ging er in den Frontalangriff über und berichtete, wie wenig sich die Partei im Landtag mit Lösungen beschäftigte.
Für die Union wäre es ein mutiger Schritt, wenn sie in Sachsen-Anhalt wirklich von der Migration als Hauptthema ablässt. Denn das ewige Zetern darüber hat in Sachsen-Anhalt offensichtlich dazu geführt, dass die Menschen es als das „wichtigste politische Problem“ wahrnehmen. Zuletzt gaben das in einer repräsentativen Umfrage 21 Prozent an. Bildung, Wirtschaft oder soziale Ungerechtigkeit sind weit abgeschlagen.
Die CDU braucht jede Stimme. Sven Schulze geht als eher unbekannter Kandidat ins Rennen. Weil Landesvater Reiner Haseloff (CDU) ihm bis zum Schluss nicht das Amt des Ministerpräsidenten übergibt, muss Schulze ohne Bonus auskommen. Entsprechend schwer fällt es ihm und seinen Parteifreund:innen, das Thema ruhen zu lassen. Auch das hat die Listenaufstellung am Samstag gezeigt. Schulze selbst etwa sprach nebenbei davon, Asylbewerber:innen zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten zu wollen. Chris Schulenburg, Listenplatz zwei der CDU, lobte die „Migrationswende“ der Bundesregierung. Die Union müsse in der Hinsicht weiter liefern.
Dabei sollte der CDU mittlerweile klar sein, dass sie keine Stimmen gewinnt, wenn sie die migrationsfeindlichen bis rassistischen Forderungen der AfD übernimmt. Mal abgesehen davon, dass es in Sachsen-Anhalt niemandem besser geht, wenn der Staat Menschen schlechter behandelt, die gern dort leben würden. Das hat spätestens die Bundestagswahl gezeigt. Wenn die Union die AfD bei der Landtagswahl schlagen will, schafft sie es nicht auf diesem Feld. Der rechtsextremen Partei die Glaubwürdigkeit als Problemlöserin zu nehmen, das hat hingegen Potenzial.
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