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Neuer CDU-Spitzenmann in Sachsen-AnhaltEr kennt die Schwäche der AfD

David Muschenich

Kommentar von

David Muschenich

Sven Schulze hat seine Wahlkampfstrategie vorgestellt. Sie ist vielversprechend, wenn die CDU es schafft, einer Versuchung zu widerstehen.

Gelassen am Steuer: Spitzenkandidat Sven Schulze (CDU) Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

B eim Wahlkampfauftakt der CDU in Sachsen-Anhalt präsentierte Spitzenkandidat Sven Schulze einen vielversprechenden Ansatz im Umgang mit der AfD. Die rechtsextreme Partei hat eine große Schwäche: Ihr Gehetze löst keine Probleme. Darauf hat sich Schulze besonnen. Statt auf das emotionalisierende Thema Migration konzentrierte er sich auf Alltagsprobleme. Dann ging er in den Frontalangriff über und berichtete, wie wenig sich die Partei im Landtag mit Lösungen beschäftigte.

Für die Union wäre es ein mutiger Schritt, wenn sie in Sachsen-Anhalt wirklich von der Migration als Hauptthema ablässt. Denn das ewige Zetern darüber hat in Sachsen-Anhalt offensichtlich dazu geführt, dass die Menschen es als das „wichtigste politische Problem“ wahrnehmen. Zuletzt gaben das in einer repräsentativen Umfrage 21 Prozent an. Bildung, Wirtschaft oder soziale Ungerechtigkeit sind weit abgeschlagen.

Die CDU braucht jede Stimme. Sven Schulze geht als eher unbekannter Kandidat ins Rennen. Weil Landesvater Reiner Haseloff (CDU) ihm bis zum Schluss nicht das Amt des Ministerpräsidenten übergibt, muss Schulze ohne Bonus auskommen. Entsprechend schwer fällt es ihm und seinen Parteifreund:innen, das Thema ruhen zu lassen. Auch das hat die Listenaufstellung am Samstag gezeigt. Schulze selbst etwa sprach nebenbei davon, Asyl­be­wer­be­r:in­nen zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten zu wollen. Chris Schulenburg, Listenplatz zwei der CDU, lobte die „Migrationswende“ der Bundesregierung. Die Union müsse in der Hinsicht weiter liefern.

Dabei sollte der CDU mittlerweile klar sein, dass sie keine Stimmen gewinnt, wenn sie die migrationsfeindlichen bis rassistischen Forderungen der AfD übernimmt. Mal abgesehen davon, dass es in Sachsen-Anhalt niemandem besser geht, wenn der Staat Menschen schlechter behandelt, die gern dort leben würden. Das hat spätestens die Bundestagswahl gezeigt. Wenn die Union die AfD bei der Landtagswahl schlagen will, schafft sie es nicht auf diesem Feld. Der rechtsextremen Partei die Glaubwürdigkeit als Problemlöserin zu nehmen, das hat hingegen Potenzial.

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David Muschenich
Korrespondent
Ist in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als Korrespondent für die taz unterwegs. War Volontär bei der taz, nachdem er Journalismus an der Universität Leipzig sowie Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Erfurt studiert hat. Threema-ID: Z544HA55
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15 Kommentare

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  • Sven Schulze kennt also die Schwäche der AfD. Da weiss er anscheinend mehr als Friedrich Merz (wollte die AfD halbieren und hat sie fast verdreifacht), Olaf Scholz, Lars Klingbeil, Jens Sphan und uns´ Markus. Er sollte nicht in Sachsen-Anhalt kandidieren, sondern in Berlin. Oder tut er am Ende nur so und ist genauso schlau bzw noch trantütiger als die Genannten? Ich schätze eher letzteres und sehe den Wahlen mit Spannung entgegen.

  • Sven Schulze hat - als einer der wenigen in der Union - begriffen, dass man ein Partei nicht dadurch bekämpft, dass man ihre Inhalte übernimmt.



    Bei den Starrköpfen in der CSU wird man wohl auf ewig darauf warten müssen.

  • Dieser Artikel erscheint mir eher wie das Pfeifen im Walde. Herr Schulze und die CDU so hoch zu loben, kann man machen. Aber imho fehlt Herrn Schulz etwas, was Herr Haseloff noch in Maßen hatte: Charisma. Und ohne das wird es nichts. Was wird raus kommen? Wenn es geht, wieder einmal alle gegen die AfD: CDU, SPD, Linke und BSW gegen eine starke AfD. Dieser Artikel verbreitet mehr die Stimmung, das wird eh nichts, als Aufbruch. Zweitens, ich glaube, es war ein großer strategischer Fehler, dass Herr Schulze das Amt des Ministerpräsidenten nicht zur Halbzeit übernommen hat. Das gleiche gilt für Baden-Württemberg. Eines bleibt es auf jeden Fall: spannend.

  • Man sollte einen wichtigen Punkt nicht außer acht lassen wenn es um die AfD geht, ganz besonders im Osten, wo die radikalsten Strömungen vorherrschen: die wollen stellenweise gar nicht, dass es den Menschen besser geht!



    Siehe z.B. hier diesen Beitrag:



    www.geldfuerdiewel...-alle-armer-machen



    Die knallharten rechten Hetzer setzen auf ein Deutschland den Deutschen, auch wenn es für die Bevölkerung härter wird. Sie enthalten das den Leuten gar nicht mal vor. Das ist auch ein Erfolgsrezept von Trump gewesen. Die Leute meinen dann selbst, sie müssen eben härter ran und den Gürtel enger schnallen, Hauptsache die "drogendealenden" und "Haustiere fressenden" Migranten sind weg etc.



    Und die sind - so paradox das bei ihrer nationalistischen Gesinnung klingt - auch international sehr gut vernetzt.



    Siehe z.B. die Forschungen von Andreas Kemper:



    youtu.be/ug4UAdnGH54



    Besonders diese Stelle über unseren Liebling Beatrix von Storch ist interessant:



    youtu.be/ug4UAdnGH54?t=3247

    • @Jalella:

      BvS und ihr Mann sind bestens vernetzt in alles was irgendwie reaktionär, adelig-monarchistisch und gegen Schwangerschaftsabbruch ist. Deshalb hat sie in der AfD eine so sichere Position. Sei ist unverzichtbar, weil sie viele Rechtsextreme und vor allem auch Geldgeber rekrutieren kann. Die würden das Zeitrad gern auf vor 1789 zurückdrehen, ohne aufmüpfigen Pöbel selbstredend. Vernunft als Luxus…

  • Schulze möchte die AfD bekämpfen, nicht indem er bzgl. Migration so agiert, wie die AfD das möchte, sondern indem er darauf hinweist, dass die AfD keinen Beitrag zur Lösung der Alltagsprobleme der Menschen löst.

    Das ist ein wichtiger Schritt. Die Erkenntnis, dass den Menschen ihre Probleme im Alltag vielleicht sogar wichtiger sind als die Migration. Also die zu hohen Mieten, fehlende Wohnungen, zu teure Lebensmittel. Und Energie, schlechtes Bildungs- und Gesundheitssystem.

    Nun fehlen nur noch 2 Schritte, bis er bzw. Die CDU die Wahlergebnisse der AfD wirklich nach unten bringen.

    1. Dass es nicht reicht, den Menschen zu erklären, dass die AfD ihre Probleme nicht löst, sondern dass die CDU (gemeinsam mit SPD, Grünen etc) die Probleme e der Menschen in Alltag lösen muss, also zu teure Mieten, fehlende bezahlbare Wohnungen, zu teure Lebensmittel. ...



    2. Dass wenn man diese Probleme wirklich lösen will, man Geld dazu braucht - und zwar viel Geld. Und dass es dazu nötig ist, dass dazu die unglaublich hohen Profite im Kapita lismus gerechter verteilt werden. Das Vermögen der reichsten 500 Deutschen wuchs von 2020-2024 um 500 Mrd., Das der ärmeren 70% gar nicht. So stirbt die Demokr.

    • @EchteDemokratieWäreSoSchön:

      "Den Menschen" wurde mittlerweile alles oft genug und gut genug erklärt. Aber was tun, wenn die Erklärungen nicht ankommen, nicht verstanden werden, nicht verstanden werden wollen, nicht interessieren usw....



      Und "die Menschen" wählen nun mal das, was wir am Hals haben, weil sie vielleicht noch kürzer denken als in Legislaturperioden. Leider so kurz, dass Nachkommen schon gar nicht mehr im Denken vorkommen, höchstens vielleicht als Ballast. Und die sind bis auf ein paar Ausnahmen so unverrückbar in der Spur ihrer Wegbereiter festgefahren, dass nur noch eine TikTok-Challenge die Weichen in eine andere Richtung stellen könnte......



      Tut mir Leid, manchmal schweife ich einfach in Richtung Science Fiction ab.

    • @EchteDemokratieWäreSoSchön:

      Das wäre der richtige Ansatz, doch betrachtet man die Gesamtheit der csDU, dann wird schnell deutlich, dass es nicht funktionieren kann. Besonders die csU beharrt auf dem Feindbild GRÜNE und danach die Sozis. Beide "christlichen" Parteien haben in ihren Sprachgebrach jedoch längst das Vokabular der Faschisten inkludiert und beide sind durchaus bereit mit denen zusammenzuarbeiten, behaupten aber (noch) das Gegenteil.

      • @Perkele:

        Große Hoffnung habe ich auch nicht.

        Auf der anderen Seite: Wie dumm muss man sein, in eine neue Katastrophe wie die von 1939 zu laufen, ohne diese Lösung zu ergreifen.

  • Welch innovative Idee! Probleme lösen statt machen! Wer ist da bloß draufgekommen.

  • Die Parteien mit einem richtigen Programm können ja alle sagen, was sie für die wichtigen Themen der nächsten Jahre halten.



    Und die Mindermeinung der Minderargumentierer auch als solche betrachten.



    Insgesamt werden mehr Leute glücklich, wenn Klima, Umwelt, Wirtschaft, äußere Sicherheit, Digitalisierung, Soziales angepackt werden, als wenn sich Parteien sinnlos mit Ausländerzuschreibungen pudern und ablenken.

  • Menschen die Asylbewerberleistungen erhalten sollen jetzt zu gemeinnützigen Arbeiten verpflichtet werden. Mit der Einführung von Hartz4 durch Rot/Grün wurden alle Hartz 4 Empfänger später Bürgergeld dazu verpflichtet ehrenamtliche Tätigkeiten anzunehmen. Bei dreimaliger Weigerung wurden alle Zahlungen eingestellt. Seit 2005!!!!

    www.dgb.de/aktuell...en-zu-1-euro-jobs/



    Mit den unter der Regierung Schröder beschlossenen Reformen, ist die Bezeichnung "1-Euro-Job" zu einem bekannten Begriff geworden. Das Gesetz spricht von "Arbeitsgelegenheiten". Menschen, die ALG II beziehen, kann eine Tätigkeit zugewiesen werden, sofern sie "zusätzlich und wettbewerbsneutral" und im "öffentlichen Interesse" liegt.

    • @Martin Sauer:

      Der Sündenfall von Rot-Grün, die Agenda 2010. Höchste Zeit, nach 20 Jahren diesen Verstoß gegen die Menschenwürde abzuschaffen. Aber das Gegenteil wird der Fall sein. CDSU wird diese Art "Jobs" eher noch ausweiten. Dadurch wird es niemandem besser gehen, aber Vielen schlechter.

  • Auffällig wie oft sich die taz mit der Politik der Union beschäftigt. Warum sollte die Union die Alternative bekämpfen. Warum denn nicht die RotLinksGrünen? Merkt man so langsam, dass da nichts kommt, nichts mehr zu erwarten ist und die schlicht bereits verloren haben.

    • @KeineHastUndHetze:

      Ich sehe hier nichts Auffälliges. Kannst du deine Behauptung auch irgendwie belegen oder ist das nur gefühlte Wirklichkeit?