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Immer mehr Hinrichtungen in IranVielleicht sogar ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit

In der Islamischen Republik Iran folgt auf den Krieg mit Israel im Juni eine regelrechte Hinrichtungswelle. Ein neuer UN-Bericht erhebt schwere Vorwürfe.

Berlin, 21 Juni: am Rande einer Demonstration für ein freies Iran werden Fotos von Hinrichtungsopfern gezeigt Foto: Hannibal Hanschke/epa
Daniela Sepehri

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Daniela Sepehri aus Berlin

Die Menschenrechtslage in Iran hat sich seit dem Krieg mit Israel im Juni 2025 dramatisch verschlechtert. Das berichtet die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der Vereinten Nationen in einem Bericht: Iran erlebe „eine neue Welle systematischer Repression“, die von Massenverhaftungen über Zensur bis hin zu einer massiven Hinrichtungskrise.

Seit Jahresbeginn wurden laut Amnesty International über 1.300 Menschen hingerichtet – so viele wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. „Wenn diese Exekutionen Teil eines weitverbreiteten und systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung sind, könnten sie als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden“, sagte UN-Experte Max du Plessis.

Die Eskalation folgte auf den Krieg zwischen Israel und der Islamischen Republik Iran zwischen dem 13. und 25. Juni: Das Regime reagierte mit einer Kampagne massiver innenpolitischer Repression. Bis Mitte August wurden laut der Kommission rund 21.000 Menschen festgenommen, darunter Anwältinnen, Ak­ti­vis­t*in­nen und Social Media Nut­ze­r*in­nen. Das Parlament verschärfte im September die Gesetze: Schon das Posten von Inhalten, die die Regierung als „falsche Informationen“ wertet, kann nun als „Spionage“ gelten und mit dem Tod bestraft werden.

Vor allem ethnisch und religiös marginalisierte Gruppen stehen im Mittelpunkt der Repression: Hunderte Kur­d*in­nen und Ara­be­r*in­nen wurden festgenommen, hunderttausende Af­gha­n*in­nen abgeschoben. Angehörige der Bahá’í-Religionsgemeinschaft wurden als „zionistische Spione“ diffamiert. Parallel kehrte die Sittenpolizei stärker auf die Straßen zurück.

Die Untersuchungskommission dokumentierte außerdem eine Zunahme der transnationalen Repression: Familien von Exil­jour­na­lis­t*in­nen seien bedroht, verhört oder überwacht worden. Mehr als 45 Medienschaffende in sieben Ländern hätten Drohungen erhalten. „Diese Akte der Einschüchterung und Überwachung über nationale Grenzen hinweg verletzen die Verpflichtung Irans, das Recht auf Meinungsfreiheit zu achten“, sagte Viviana Krsticevic, Mitglied der UN-Mission.

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