piwik no script img
Jung, fit und alles andere als null Bock Foto: Ruth Fuentes

Bundeswehr sucht Re­kru­t:in­nenSie stehen auf Disziplin

Während andere Arbeitgeber zum Schnupperpraktikum bitten, setzt die Bundeswehr auf Erlebniscamps. Wie findet das der Nachwuchs?

Ruth Lang Fuentes

Aus Baumholder

Ruth Lang Fuentes

E s ist kalt und feucht und eigentlich viel zu früh am Morgen auf dem Truppenübungsplatz Baumholder in der Nähe von Idar-Oberstein, Rheinland-Pfalz. Trotzdem ist einiges los. Während das restliche Jahr über hier bei Truppenübungen der Artillerie regelmäßig Geschosse einschlagen, findet an diesem Tag ein Camp statt, eine Anwerbeaktion für den dringend gewünschten Bundeswehrnachwuchs.

Dreißig junge Menschen in Tarnuniform ohne Dienstgrad, seitlich an den Oberarmen je eine schwarz-rot-goldene Flagge, marschieren in Grüppchen über das Gelände, begleitet und betreut von echten Soldat:innen. Sogar der stellvertretende Bataillonskommandeur ist da. Seit fünf Uhr morgens seien sie alle schon auf den Beinen, erzählt Presseoffizierin Diana Hehn, jung, sehr kommunikativ, sympathisch. Sie führt über das Areal. Erst habe es Frühstück gegeben, dann mehrere Vorträge und Fragerunden und nun gehe es gleich los mit den Stationen im Freien.

Je 80 Minuten lang bekommen die jungen Interessierten in Kleingruppen die verschiedenen Einsatzbereiche und Geräte der Artillerie gezeigt, also jener Truppenabteilung, die mit großkalibrigen Geschützen und Raketenwaffen zu tun hat. Logistik und Instandsetzung, Aufklärung und Wetterdienst, Beobachtung, Transport und Wirkung. Wobei bei der Station „Wirkung“ unter anderem ein Klassiker der Bundeswehr auf die Teilnehmenden wartet: die Panzerhaubitze 2000. Aber dazu später mehr.

Drei Tage und zwei Nächte sind die Teil­neh­me­r:in­nen hier in Containern untergebracht. Sie alle sind freiwillig hier, weil sie – wenn sie es nicht schon getan haben – vorhaben, sich für eine berufliche Laufbahn beim Militär zu bewerben. Das Camp soll ihnen von der Unterbringung und Verpflegung bis zur Uniform und körperlichen Belastung ein einigermaßen realistisches Bild des „klassisch Militärischen“ vermitteln. So nennt es die Offizierin Hehn.

Suche nach der passenden Truppengattung

Spielerei mit dem Wetterballon auf dem Truppenübungsplatz Baumholder Foto: Ruth Fuentes

An der Grundausbildung kommt schließlich niemand vorbei, der Soldat werden möchte, zugleich möchte die Armee dafür sorgen, dass die An­wär­te­r:in­nen bei der Truppengattung landen, die am besten zu ihnen passt. „Wir können nicht wie ein normaler, ziviler Arbeitgeber Probearbeit anbieten“, sagt Hehn. Deswegen gibt es solche Camps.

Das Artilleriecamp – wenige Kilometer von der Artillerieschule in Idar-Oberstein entfernt – ist eines von vielen Karrierecamps, die die Bundeswehr jährlich anbietet. Und zwar schon seit über zehn Jahren, also auch schon bevor der ehemalige Bundeskanzler Olaf Scholz die „Zeitenwende“ ausrief. Nach dem Aussetzen der Wehrpflicht 2011 musste sich die Bundeswehr neue Herangehensweisen überlegen, um an Nachwuchs zu kommen.

Während die Bundeswehr als reine Berufsarmee in den vergangenen Jahren vor allem in Auslandseinsätzen mit den Bündnispartnern aus EU, Nato oder UN tätig war, spricht man jetzt wieder von „Kriegstüchtigkeit“, von der von Russland ausgehenden Gefahr und dem unter Präsident Donald Trump immer unzuverlässigeren Nato-Partner USA. Sogar eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht steht im Raum.

Ziel der Camps sei es, über den Beruf als Sol­da­t:in aufzuklären, betonen die Verantwortlichen vor Ort immer wieder. Natürlich strebe man auch eine nachhaltige Personalgewinnung an, mit möglichst geringer Abbruchquote. Diese lag im vergangenen Jahr bei satten 27 Prozent. Die Gründe seien vielfältig, sagt Offizierin Hehn.

Drei Tage an der frischen Luft

Was lernen über Logistik und Instandhaltung? Besuch auf dem Truppenübungsplatz Baumholder Foto: Ruth Fuentes

„Eine ehemalige Rekrutin meinte nach wenigen Tagen, sie hätte ein Problem mit Sammelduschen. Ein anderer wurde von seiner Freundin vor die Entscheidung gestellt: sie oder die Bundeswehr.“ Generell gehe es bei den Gründen oft weniger um die großen moralischen Fragen, sondern um praktische, alltägliche Dinge: Pünktlichkeit und Ordnung, frühes Aufstehen, Kameradschaft. Die Schnuppercamps sollen einen Eindruck geben. „Für viele junge Menschen ist so ein Camp das erste Mal in ihrem Leben, dass sie überhaupt mal einen ganzen Tag am Stück an der frischen Luft verbringen“, sagt sie.

Aber reichen drei Tage Feldlager, um die Lücke zwischen den Erwartungen und der Realität des Soldatenlebens zu schließen? Organisationen wie Greenpeace betrachten diese Art der Personalgewinnung, vor allem auch was die Bewerbung Minderjähriger angeht, sehr kritisch.

Die Selbstdarstellung der Bundeswehr sei nicht realistisch: Die deutschen Streitkräfte gäben sich abenteuerlustig, cool und sexy, die Gefahren des Soldatenlebens hingegen würden kaum thematisiert. Trotzdem könnte von der Art, wie gezielt, nachhaltig und intensiv die Bundeswehr Nachwuchs anwirbt, abhängen, ob der Wehrdienst eine freiwillige Angelegenheit bleibt oder nicht.

An diesem grauen Donnerstag im Oktober schwebt eine mögliche Entscheidung zum von Verteidigungsminister Boris Pistorius vorgeschlagenen neuen Wehrdienst über dem Camp. Immer wieder aktualisieren Offizierin Hehn und ihre Kollegen die Nachrichten auf ihren Smartphones. Doch die Entscheidung lässt auf sich warten. Erst Anfang November einigen sich die Fraktionen von SPD und Union: Am 1. Januar 2026 soll das Gesetz zum neuen Wehrdienst in Kraft treten. Am Freitag Anfang Dezember ging es durch den Bundestag.

Bis zu 40.000 neue Re­kru­t:in­nen pro Jahr angestrebt

Das Ziel: Die aktive Truppe soll bis 2035 aus über 260.000 Sol­da­t:in­nen bestehen. Zurzeit sind es etwa 182.000. Was die Reserve angeht, visiert die Bundesregierung 200.000 Re­ser­vis­t:in­nen an, die im Ernstfall einsatzbereit sind. Zurzeit sind es rund 51.000. Stand August 2025 verzeichnete die Bundeswehr knapp 13.000 Wehrdienstleistende. Bis 2031 strebt man bis zu 40.000 neue Re­kru­t:in­nen pro Jahr an. Dafür müssen Kasernen, Ausstattung und Ausbildungsinfrastruktur her, auch das braucht Zeit.

Das neue Wehrdienstgesetz betont die Freiwilligkeit. Man orientiere sich dabei am schwedischen Modell, heißt es seitens der Bundesregierung. Mit verpflichtenden Fragebögen für Männer ab Jahrgang 2008, ein Jahr später verpflichtende Musterungen und dann? In Schweden ist es so, dass bei zu wenig freiwilligen Rekruten auch junge Männer zum Dienst verpflichtet werden dürfen.

Die Bundesregierung spricht von einer eventuellen „Bedarfswehrpflicht“, die im Fall der Fälle aufs Neue im Bundestag diskutiert werden müsste. Was damit gemeint ist, weiß keiner so genau. Und ob die momentane Strategie der Bundeswehr von Ausbildungsmessen, Jugendoffizieren an Schulen, Werbung auf allen möglichen Plattformen oder Camps wie diesem hier ausreicht, um das Ziel zu erreichen, ist fraglich.

Christian, Joel, Luca und Phillip, vier junge Männer mit kurzen Haaren und in verschiedenen Stadien des Bartwuchses, stehen als Teil einer Kleingruppe auf dem eingezäunten Schotterplatz vor dem Feldlager und warten auf die nächsten Kommandos ihres Gruppenführers. Sie scheinen mit einer möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht kein Problem zu haben. Im Gegenteil, wenn es nach ihnen ginge, sollte das am besten direkt passieren. Auch die meisten ihrer Schulfreunde seien dieser Meinung, erklären sie mit aufrechter Körperhaltung und hinter dem Rücken verschränkten Armen. Ihr zentrales Anliegen ist dabei aber kein sicherheitspolitisches, sondern: Disziplin.

„Wir sind sehr faul geworden“

Christian, 18, spricht zwar kurz über die „Spannungen im Osten“, dann sagt er aber: „Die Jugend könnte sich ein bisschen besser benehmen.“ Alle nicken. Joel, 19, fügt hinzu: „Leider sieht man, dass die Jugend von heute zu wenig Anstand hat und zu wenig Motivation. Deswegen sollte die Wehrpflicht wieder eingeführt werden.“

Werte und Ordnung bei der Bundeswehr lernen? Auch Luca, mit 16 Jahren der jüngste unter den Vieren, spricht von „Disziplin“ und davon, „einfach mal die nötigen Regeln zu lernen, die man hier beigebracht bekommt“. Heißt für ihn: ordentlich, respektvoll, sportlich und nicht faul sein. „Wir sind sehr faul geworden, das muss man leider mal so sagen, und auch sehr schwach und undiszipliniert.“ Phillip, 17, bringt dann doch noch etwas Politik ins Spiel: „Die Bundeswehr braucht Kräfte für den Ernstfall. Man sieht in der Ukraine, wie schnell es passieren kann, dass auch Deutschland von Russland überfallen werden könnte. Man sollte dann genug Soldaten haben, um sich zu verteidigen.“

Niemand sollte zum Dienst an der Waffe gezwungen werden, da sind sich die vier einig. Wer nicht will, sollte die Möglichkeit bekommen, einen Zivildienst zu leisten. Laut einer Befragung der Universität Bielefeld ist nur etwa ein Drittel der 18- bis 24-Jährigen für eine Wehrpflicht. Über alle Altersgruppen hinweg ist es etwas mehr als die Hälfte der Befragten, die sich für einen militärischen Dienst für junge Menschen ausspricht.

Anruf bei Michael Schulze von Glaßer, dem Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, kurz DFG-VK. Für Schulze von Glaßer ist der freiwillige neue Wehrdienst nur der erste Schritt Richtung Wehrpflicht. Eine Art „Salamitaktik“ der Bundesregierung, die vor allem den fehlenden Kapazitäten geschuldet ist, um direkt eine generelle Wehrpflicht wieder einzuführen.

Interesse an Verweigerung enorm gestiegen

Bei der DFG-VK sei das Interesse an einer Verweigerung des Kriegsdienstes spätestens seit der Debatte um eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht enorm gestiegen, erzählt er: „Wir haben unsere Website verweigern.info Anfang dieses Jahres in Betrieb genommen, allein im Oktober hatten wir dort über 160.000 Aufrufe. Unsere ehrenamtlichen Berater werden überhäuft mit Anfragen.“ Von jungen Leuten, aber auch von besorgten Eltern.

Schulze von Glaßer empfiehlt jedem, der nicht zum Bund möchte, möglichst bald zu verweigern. Zwar müsse man sich dann verpflichtend mustern lassen, aber zurzeit gehe eine Verweigerung noch ziemlich einfach durch – das könne sich schon bald ändern. Bundeswehrcamps lehnt er ab, sein Verband setzt sich für weltweite Abrüstung ein. „So ein Panzer ist natürlich beeindruckend, aber sein einziger Zweck ist es, zu zerstören und Menschen zu töten“, sagt er. Und: „Wenn schon rekrutiert wird, sollte dies sachlich sein. Es sollte auch gezeigt werden, was so ein Panzer anrichtet.“ Natürlich gehe das nicht.

Zurück zum Artilleriecamp in Baumholder. Geladene Waffen, geschweige denn Schussübungen gibt es hier heute keine. Die Geschosse, die zum Beispiel neben dem Raketenwerfer Mars stehen, sind nur Attrappen. Diana Hehn zeigt zur Anschauung – und etwas begeistert – ein paar Explosionen auf ihrem Handy. Die hatte sie bei der letzten Truppenübung hier auf dem Gelände gefilmt.

Dass man als Sol­da­t:in im Ernstfall auf Menschen schießen muss oder selbst sein Leben in Gefahr bringt, spielt im Camp kaum eine Rolle. Ja, dass der Dienst an der Waffe auch dazu gehöre, sei ihnen klar, sagen die Teilnehmenden, aber man bereite sich gerade darauf vor, dass es eben nicht passiere.

Fragen zu Aufstiegschancen und Gehalt

Auch die anwesenden Sol­da­t:in­nen teilen das alte Motto: Si vis pacem para bellum – wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor. Dazu gehört mittlerweile auch, dass die Panzerbrigade 45 seit April dieses Jahres dauerhaft an der Nato-Ostgrenze in Litauen stationiert ist. Doch auch im Ernstfall – also sollte die Nato angegriffen werden – würde Deutschland zunächst vor allem als Nachschubland dienen. Landesverteidigung hieße in dem Fall, vor allem im hybriden Krieg, kritische Infrastruktur zu schützen sowie logistische Aufgaben zu übernehmen.

Die betreuenden Sol­da­t:in­nen in Baumholder betonen, dass sie hier seien, um auch solche Fragen zu klären. Matthias Krämer, Karriereberatungsfeldwebel für das Beratungsbüro in Darmstadt, sagt: „Es geht eben auch ums Soldatsein. Und der Dienst an der Waffe und Auslandseinsätze sind natürlich auch Teil des Soldatseins, nämlich der wesentliche. Das muss akzeptiert werden.“

Den Teilnehmenden des Camps geht es eher um Aufstiegschancen oder Gehaltfragen. „Ich sehe die Bundeswehr vor allem als einen lukrativen Arbeitgeber“, sagt Fabian, 17 Jahre, kurze Haare, Hornbrille. „Ich kann hier ein Handwerk lernen und kann das in den Dienst mit der Waffe mitbringen. Oder das Gelernte im zivilen Leben weiter verwenden.“ Fabians Pläne sind klar: Abitur fertig machen, dann ein Termin im Assessment-Center und dann hoffentlich im Artilleriebataillon 345 in die dritte Batterie kommen.

Viele Interessierte seien unglaublich gut vorbereitet, kommentiert Offizierin Diana Hehn. „Ein Teilnehmer wusste sogar, dass die Heilige Barbara die Schutzpatronin der Artillerie ist.“ Sie sehe – entgegen des gängigen Narrativs in der Gesellschaft – in der jungen Generation keine blauäugige „lost generation“ und auch keine Null-Bock-Generation. Im Gegenteil: „Vielen, die zur Karriereberatung kommen, ist es wichtig, etwas für das Land zu tun, in dem sie ein gutes Leben führen, aber ohne übertriebenen Patriotismus.“

Auch bei der Karriereberatung gebe es öfter Gespräche mit besorgten Eltern, sogar welchen, die ihren Kindern den Dienst verbieten wollen. Die Bundeswehr sieht dies aber pragmatisch. Sie führt Gespräche mit den Eltern, doch wer volljährig ist, darf eben selbst entscheiden.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Mehr als Kämpfe

Bei den Campstationen geht es um viel mehr als nur ums Kämpfen. Da ist zum Beispiel der Bereich Instandsetzung. Oder der Panzerspähwagen Fennek, der aber nur für Menschen ohne klaustrophobische Tendenzen geeignet ist. Oder – nicht zu unterschätzen – die mobile Wetterstation.

Leonie, 18 Jahre alt, Haare zum Pferdeschwanz gebunden, darf heute einen roten mit Helium gefüllten Wetterballon in die Luft steigen lassen. Er wird dann, bis er in etwa 30 bis 35 Kilometern Höhe platzt, regelmäßig Echtzeitdaten an die Station schicken zu Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Windgeschwindigkeit. Angaben, die im Ernstfall nicht nur wichtig für die Schützen sind, sondern auch mal dem ein oder anderen Fallschirmspringer in der Nähe weitergeholfen haben, wie ein Offizier von der Seite erzählt.

„Das Camp macht richtig viel Spaß, wir kriegen viel gezeigt“, findet Leonie, als der Wetterballon nicht mehr zu sehen ist, dabei bleibt ihr Blick konzentriert. Das Camp wurde ihr auf einer Berufsmesse nahegelegt. „Mein Vater und mein Opa waren schon bei der Bundeswehr und ich habe mich auch schon für die Offizierslaufbahn beworben“, sagt sie. Auch sie meint, dass die Wehrpflicht wieder eingeführt werden sollte.

„Wir sollten dem Land etwas zurückgeben. Aber man sollte entscheiden können, ob man zur Bundeswehr gehen oder etwas Soziales machen möchte.“ Mit „wir“ meint sie dann doch erst mal nur die Männer, „weil es für die Frauen ja körperlich schon etwas anstrengender ist“.

Mitfahrgelegenheit im Marder

Beim Camp in Baumholder ist sie eine von 2 Frauen, die anderen 28 Teilnehmer sind Männer. Sonst sei es im Schnitt eher etwa ein Drittel Frauen, wundert sich Hehn. Die Bundeswehr biete mittlerweile auch jährlich einige Camps an, die sich nur an Frauen richten.

Im Camp geht es derweil weiter. Immer wieder marschieren, rumstehen, aufmerksam zuhören. Dann ist die Station an der Reihe, auf die die meisten Teilnehmenden wohl besonders gespannt sind – und die Organisationen wie die DFG-VK besonders kritisieren. Es ist unglaublich laut, als der Transportpanzer Fuchs und der Schützenpanzer Marder angefahren kommen – wenig später rauscht noch die Panzerhaubitze 2000 mit ihrem Geschützrohr staubaufwirbelnd vorbei.

Bis zu 57 Tonnen schwer ist das Gerät und hat eine Reichweite von bis zu 56 Kilometern. Stolz präsentieren die Kanoniere ihren „Lieblingspanzer“, erklären im beengten Inneren, wie es beim Schießen abläuft. Wer möchte, kann eine Geschossattrappe hochheben, sie wiegt über 30 Kilogramm. Die Mitfahrgelegenheit gibt es aber nur für Fuchs und Marder.

Acht Leute dürfen nun in den Marder steigen, jeweils zwei pro Luke, Rücken an Rücken, aber immerhin mit Sicht nach draußen. „Gut festhalten“, sagt der Fahrer bevor er die Klappe schließt. Dann gibt er ordentlich Gas. Bis zu 65 Stundenkilometer erreicht das Kettenfahrzeug. Auf der Übungsstrecke werden die nicht ganz erzielt, trotzdem geht es in unerwartet hoher Geschwindigkeit auf und ab über das Gelände, einmal etwas langsamer durch eine künstliche Wasserstelle, dann wieder in schräger Seitenlage hügelaufwärts. Es gleicht einer Achterbahnfahrt.

Nur eine Person verlässt das Camp frühzeitig

„Da sind die Amis“, schreit der junge Mann aus der Nebenluke, der angesichts des Schaukelns mittlerweile etwas bleich im Gesicht ist. Tatsächlich fährt der Marder jetzt am angrenzenden Militärflugplatz der US Army vorbei. Mehrere Minuten geht die Fahrt. Die Vorstellung, man säße dabei ganz im Inneren des Fahrzeugs, ohne Möglichkeit rauszuschauen, gibt dem heute so oft erwähnten Wort „Kameradschaft“ ein ganz anderes Gewicht.

Die meisten Teilnehmenden – abgesehen von einer Person, die frühzeitig das Camp verlässt – sind begeistert von dem Angebot. Vor allem die Kettenfahrzeuge erfüllen ihren Zweck, vor dem so viele Kritiker warnen. In einem Panzer mitzufahren, ist eindrucksvoll.

Danach gibt es Mittagessen. Es tut gut, im warmen Zelt zu sitzen. Draußen kommt jetzt doch noch richtiges „Baumholder-Wetter“ auf: Nieselregen. Im Zelt kommen die Kappen runter vom Kopf. Es gibt Schupfnudeln mit Geschnetzeltem aus wiederverwendbaren dunkelgrünen Kunststoffschüsseln und Joghurt zum Nachtisch. Die meisten essen ziemlich schnell. Es wird geplaudert, dann geht es schon weiter. Noch waren nicht alle Grüppchen an allen Stationen. Später folgt noch ein kleiner Wettkampf im Orientierungslauf, danach Abendessen, Und dann wird der potenzielle Nachwuchs vermutlich sehr erschöpft ins Bett fallen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare