Analyse zum Wahlsieg von Zohran Mamdani: Ein großer Erfolg für die totgesagte Partei
Nicht nur in New York, auch in anderen Bundesstaaten haben Demokraten in der vergangenen Nacht haushoch gewonnen. Warum?
W enn etwas schiefgeht, dann hat Donald Trump nichts damit zu tun. Die Kunst, diesen Eindruck zu erwecken, beherrschte der US-Präsident bereits als Immobilienentwickler nach seinen vielen Pleiten in New York und Atlantic City. Und er beherrscht sie immer noch.
Die Wahlnacht vom Dienstagabend war ein schlagender Erfolg für die schon totgesagte Demokratische Partei. Die neuen Gouverneure von Virginia und New Jersey sind demokratische Frauen und sie gewannen mit überlegener Mehrheit. In New York gewann ein junger Muslim, der sich als Sozialist bezeichnet, die Bürgermeisterwahl, und in Kalifornien stimmte die Wählerschaft dafür, zur Zwischenwahl im kommenden Jahr die Wahlbezirke neu zu umgrenzen und somit Trumps Versuche, die Wahl zu manipulieren, zu kontern.
Trump sagte dazu noch in der Nacht auf seinem eigenen sozialen Netzwerk Truth Social, dass die Republikaner nur deshalb die Wahlen verloren hätten, weil er selbst, Donald Trump, nicht auf dem Wahlzettel gestanden habe. Zudem machte er den nun schon seit Wochen anhaltenden Shutdown der Regierung für die schlechten Ergebnisse seiner Partei verantwortlich.
Trump irrt
Doch nichts könnte ferner der Wahrheit liegen. In den Wahlen vom Dienstag ging es eindeutig um Trump und das Ergebnis war vernichtend. Sein autoritäres Gebaren, seine Verachtung der Menschenrechte, seine scheiternde Wirtschaftspolitik und seine unentschlossene Außenpolitik wurden klar abgewatscht.
So machte Zohran Mamdani, der neue Superstar der Demokratischen Partei, bei seiner Siegesrede in New York unmissverständlich klar, dass es ihm zwar vor allem darum gehe, das Leben für Millionen von New Yorkern zu verbessern. Aber er verhehlte auch nicht, dass er New York als Bastion gegen Trump befestigen und verteidigen möchte. „Ich weiß, dass Sie zuschauen, Mr Trump“, sagte er in die Kameras. „Und ich sage Ihnen, drehen sie den Ton ruhig auf.“
New York sei bereit, den Kampf aufzunehmen, um gegen die illegalen und grausamen Verhaftungen der Einwanderungspolizei ICE vorzugehen, die Invasion durch die Nationalgarde zu verhindern und angedrohten Mittelkürzungen zu trotzen. Mehr noch, die Versicherung Mamdanis, New York sei eine Stadt der Einwanderer und nun durch einen Einwanderer geführt, war eine deutliche Breitseite gegen Trumps einwanderungsfeindliche Politik.
In New Jersey und in Virginia war es kaum anders. Die neue Gouverneurin von New Jersey, Mikie Sherrill, beschwerte sich laut und nachdrücklich darüber, dass Trump das größte und wichtigste Infrastrukturprojekt für ihren Staat, einen Verkehrstunnel zwischen New York und New Jersey, auf Eis legen möchte. Und ein zentrales Thema des Wahlkampfes in Virginia war der Arbeitsplatzverlust von Zigtausenden von Bundesangestellten, welche die Washingtoner Vororte im Bundesstaat Virginia bewohnen.
Obama dreht auf für Mamdani
Dass es um Trump ging, machte auch der Einsatz des ehemaligen Präsidenten Obama deutlich. Obama hat sich dazu entschlossen, sich stärker im Kampf gegen Trump zu engagieren, und bei seinen Reden in New Jersey und Virginia hielt er nicht hinter dem Berg mit seiner Meinung: „Macht euch keine Sorgen, Virginia“, witzelte er bitter bei seiner Rede über Trumps 300-Millionen-Dollar-Baumaßnahmen am Regierungssitz. „Ihr könnt vielleicht nicht mehr zum Arzt gehen, aber auf dem Weg zum neuen Ballsaal am Weißen Haus werden eure Schuhe nicht mehr schmutzig.“
In New Jersey wurde er schon ernster: „Es ist wie Halloween, aber es gibt nur Saures und nichts Süßes. Der Präsident setzt Truppen gegen erfundene Verbrechenswellen ein und lässt amerikanische Bürger von maskierten Agenten entführen, nur weil sie nicht ‚amerikanisch‘ aussehen.“
In New York rief Obama am Vorabend der Wahl persönlich Mamdani an, um ihm seine Unterstützung zuzusagen und ihm Mut zu machen. Und das, obwohl Mamdani Obama als Student noch als „das geringere Übel“ bezeichnet hatte.
So war bei diesen ersten Wahlen der zweiten Trump-Ära offensichtlich, dass die Demokraten in Tritt kommen. Symptomatisch waren dabei nicht nur die deutlichen Wahlsiege, sondern vor allem, was dahintersteckte. Mamdani konnte in New York 90.000 Wahlhelfer mobilisieren, und auch in den anderen Staaten arbeiteten Zehntausende von Freiwilligen unermüdlich über Monate, um ihre Kandidaten in Stellung zu bringen und Wähler zu mobilisieren. Die partizipatorische Demokratie in Amerika zeigte sich quicklebendig.
Neue Themen für die Demokraten
Mehr noch: Bei den gerade zu Ende gegangenen Wahlen haben sich für die Demokraten gemeinsame Themen herauskristallisiert, die mehr sind als nur eine Absage an Trump. Mamdani hatte den Ton angeschlagen, seine moderateren Kollegen in Virginia und New Jersey folgten.
Es ging, wie der Sprecher des Repräsentantenhauses, Hakeem Jeffries, sagte, überall darum, das Leben für die einfachen Menschen in den USA wieder erschwinglich zu machen. Es ist eine Plattform, die für die Demokratische Partei schon deshalb einen vielversprechenden Neubeginn bedeutet, weil sie ein klarer Abschied von der Identitätspolitik ist, die ihr in der Vergangenheit massiv geschadet hat.
Die linke Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez brachte derweil noch eine andere Lehre aus dieser Wahl ins Spiel. Mamdani war es in New York gelungen, ethnische Minderheiten der unteren Mittelschicht zu mobilisieren, die bei der letzten Wahl zum Teil zu den Republikanern abgedriftet waren. Diese Wählergruppe, die sich im Stich gelassen fühlte, müsse in Zukunft zentral für die Demokraten sein.
So war es eine hoffnungsvolle Nacht für die Demokraten und für die Demokratie in Amerika. Der einzig erkennbare Vorteil für Trump und seine MAGAs war, dass sie mit Mamdani nun eine Hassfigur haben, mit deren Hilfe sie die Opposition als radikal zeichnen und diskreditieren können. Doch Mamdani und seine Partei zeigten sich an diesem Dienstag gewappnet. Soll er doch kommen, war die Botschaft nach Washington.
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