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Rekord beim Bundeshaushalt 2026Viel Geld für wenig Plan

Führen die hohen Staatsausgaben zu wirtschaftlicher Belebung? Diese Woche soll der Bundeshaushalt 2026 fertig werden.

Baustelle bei Lüdenscheid. Die weiteren Aussichten: Wolkig und bedeckt Foto: Christoph Reichwein/dpa
Hannes Koch

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Hannes Koch aus Berlin

Erstaunliche Summen kann die Bundesregierung im kommenden Jahr ausgeben. Auch dank des neuen Sondervermögens für die Infrastruktur nimmt der Bundeshaushalt 2026 im Vergleich zur Vergangenheit deutlich zu. Mit leichten Änderungen werden die Regierungsfraktionen von CDU, CSU und SPD den Vorschlag der Regierung am Ende der Woche beschließen. Drei zentrale Fragen stellen sich zu den Wirkungen und Zukunftsaussichten.

1. Springt die Wirtschaft an?

Die Bevölkerung interessiert in erster Linie, ob der Laden bald wieder läuft. Schließlich stagniert die hiesige Wirtschaft seit Jahren, was zu verbreitet schlechter Laune führt. Die 500 Milliarden Euro des Sondervermögens sollen zwar in erster Linie die Basis-Infrastruktur Deutschlands auf den Stand der Dinge bringen. Doch damit verbunden ist auch die Hoffnung, dass die Unternehmen mehr zu tun bekommen, mehr Steuern zahlen und zusätzliche Leute einstellen.

„Ja, aber“, sagen dazu die Wirtschaftsforscherinnen und -forscher, die die Bundesregierung beraten. Um 1,3 Prozent könnte die Ökonomie 2026 wachsen, schätzen die Wirtschaftsweisen. Leider fügen sie hinzu: „Eine breit angelegte Erholung ist allerdings nicht zu erwarten.“ Hemmend wirkt sich unter anderem aus, dass beispielsweise die hiesige Autoindustrie grundsätzliche Probleme hat. Der Rekord-Haushalt von SPD-Finanzminister Lars Klingbeil und der schwarz-roten Regierung mag also zu Verbesserungen führen, wobei sich diese in Grenzen halten.

2. Wie solide ist der Haushalt von Finanzminister Klingbeil?

Die Steuereinnahmen entwickeln sich positiv, ergab die jüngste Schätzung. Der Bund hat 2026 wohl etwa fünf Milliarden Euro mehr zur Verfügung – knapp ein Prozent der geplanten Ausgaben. Davon abgesehen schwimmt Klingbeil im Geld. Insgesamt kann er im kommenden Jahr 640 Milliarden Euro verteilen. Darin enthalten sind große Summen für die Modernisierung der Bahn, der Bundeswehr und die Umstellung der Firmen auf kohlendioxidneutrale Produktion.

Manchen Leuten bereitet allerdings Sorgen, dass fast ein Drittel – rund 170 Milliarden Euro – mit neuen Schulden finanziert wird. Die Antwort auf die Frage der Solidität hat deshalb zwei Teile. Erstens: Ja, die Staatsfinanzen sind tragfähig, weil Deutschland momentan noch eine erträgliche Schuldenquote von etwa 65 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung aufweist. Zweitens: Das geht nicht ewig so weiter. So hohe Defizite wie jetzt kann sich auch eine reiche Gesellschaft nur ein paar Jahre leisten.

3. Wird der Plan den Herausforderungen gerecht?

Wenn der jetzt zur Diskussion stehende Bundeshaushalt abgearbeitet ist – Ende 2026 – wird die Koalition schon fast ihre halbe Regierungszeit hinter sich haben. Dann kommt der Etat 2027, in dem viel größere Löcher klaffen als im Entwurf 2026. Der Fehlbetrag für 2027 liegt laut Finanzministerium bei 34 Milliarden Euro, für 2028 bei 64 Milliarden Euro – trotz horrender Neuverschuldung. Auf die Frage, was die Regierung unternimmt, um diese Schere grundsätzlich zu schließen, antwortet Dietmar Bartsch (Linke): „Faktisch nichts.“ Ähnlich Sebastian Schäfer (Grüne): „Die nachhaltige Konsolidierung der Bundesfinanzen bleibt bei dieser Koalition eine Fehlanzeige.“

Bisher fällt eher auf, dass Schwarz-Rot die Lücken vergrößert, indem man die Steuereinnahmen reduziert. „Die Koalition muss Abstand nehmen von unsinnigen, teuren Steuersenkungen wie der Gastrosteuersenkung“, kritisiert Schäfer. Denn die niedrigere Mehrwertsteuer in der Gastronomie kostet rund vier Milliarden Euro jährlich. Auch die geringere Körperschaftsteuer für Unternehmen schlägt mit einigen Milliarden Euro zu Buche. Umgekehrt sollen Ausgaben steigen, etwa durch die zusätzliche Mütterrente im Umfang von beispielsweise fünf Milliarden Euro pro Jahr.

Beim Sparen fiel der Regierung bisher unter anderem ein, die Entwicklungshilfe zu kürzen. 2026 sollen knapp zehn Milliarden Euro bereitstehen, während es 2022 noch rund 12 Milliarden Euro waren. Die laut angekündigten Einsparungen beim Bürgergeld sind laut Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) jedoch nicht realisierbar. Große Brocken wie eine Rentenreform bleiben bisher unerledigt, die entsprechende Kommission arbeitet noch nicht.

Linken-Politiker Bartsch fordert, bei der Rüstung zu sparen. Ausgaben von hunderten Milliarden Euro zusätzlich in den kommenden Jahren seien übertrieben. Im Übrigen solle die Regierung auch die oberen Einkommensgruppen zur Mitfinanzierung heranziehen. SPD und Grüne thematisieren stark eine Reform der Erbschaftsteuer, bei der Millionen-Erben mehr zahlen müssten.

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