Klimarisiko-Index 2024: Vom Klimawandel angeheizte Tropenstürme verwüsteten Inseln
Zwei Karibikinseln liegen auf dem Klimarisiko-Index vorn, der bei der Klimakonferenz vorgestellt wurde. Die Erderhitzung setzt sie immer größeren Gefahren aus.
Die karibischen Inselstaaten Granada und St. Vincent und die Grenadinen wurden 2024 am härtesten von Naturkatastrophen getroffen, die vom Klimawandel verschärft worden sein könnten. Das geht aus dem Klimarisiko-Index hervor, den die NGO Germanwatch am Dienstag auf der UN-Klimakonferenz in Belém vorstellte.
Die beiden Karibikstaaten führen die Liste an, weil der Hurrikan "Beryl" im Sommer vergangenen Jahres große Teile der beiden Länder aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten und schwerer Überflutungen zerstörte oder beschädigte. Eine Schnellstudie nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden stellte fest, dass "Beryl" bis zu 30 Prozent intensiver wurde, weil sich die Erde und damit auch die Ozeane erhitzen.
Der Klimarisiko-Index bildet aber mithilfe von Daten des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und einer Katastrophen-Datenbank alle Extremwetterereignisse ab, unabhängig davon, ob sie nachweislich vom Klimawandel verschärft wurden oder nicht.
Der Index soll als Warnung für die betroffenen Länder und Regionen dienen, weil die untersuchten Wetterextreme weltweit durch den Klimawandel heftiger werden und teilweise häufiger auftreten. Untersucht wird, welchen wirtschaftlichen Schaden Naturkatastrophen ausgelöst haben und wie viele Menschen im jeweiligen Land infolge des Desasters gestorben sind.
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Philippinische Bauern-Vertreterin berichtet von Zerstörung
„Die Klimakrise ist bereits gelebte Realität“, sagte Laura Schäfer, die den Bericht mitverfasst hat. Die Naturkatastrophen seien ein klares Signal dafür, dass die Lücke zwischen dem versprochenen und dem nötigen Klimaschutz geschlossen werden müsse, appellierte sie an die Verhandler*innen auf der Klimakonferenz.
Esther Penunia, die eine philippinische Bäuer*innen-Vereinigung leitet, berichtete von schweren Schäden, die zwei Taifune kurz nacheinander vor wenigen Wochen in Südostasien anrichteten. „Als der erste Taifun kam, hätte man den Reis schon ernten können. Die Zerstörung der Ernte hat auch das Einkommen der Bauern vernichtet“, sagte sie. Die Philippinen stehen im Klimarisiko-Index an siebter Stelle.
Penunia forderte mehr Geld für Anpassung an die Erderhitzung von den reichen Staaten. „Wir müssen uns erholen können“, sagte sie. Es brauche Dämme, gesäuberte Flüsse und vielfältigere Getreidesorten, um die Folgen des Klimawandels abfedern zu können. Auf der UN-Klimakonferenz wird derzeit auch darüber verhandelt, wie Gelder für Anpassung mobilisiert werden können und wer dafür zahlen muss.
In allen demokratischen Parteien Klima-Unmut
In einem analog aufgestellten Index über die vergangenen 30 Jahre landet Deutschland auf dem 29. Platz der am härtesten getroffenen Staaten. „In der Öffentlichkeit wird bisher unzureichend wahrgenommen, wie viele Todesopfer massive Hitzewellen oft fordern“, sagte David Eckstein, Co-Autor des Index. „Hierzulande hatten wir vor allem in den Sommern 2003, 2022 und 2023 insgesamt fast 24.000 Todesopfer aufgrund der Hitze zu verzeichnen. Diese sogenannte Übersterblichkeit sehen wir auch in den anderen europäischen Ländern, die im Index weit oben stehen.“ Viele Todesopfer forderten zudem die Flutkatastrophen im Westen Deutschlands im Jahr 2021, erklärte Eckstein.
Bei einer Veranstaltung am Rande der Klimakonferenz versuchte Christina Figueres, von 2010 bis 2016 Klima-Chefin der UN, die großen Fortschritte im Klimaschutz deutlich zu machen. „Wir liegen hinter dem zurück, was die Wissenschaft uns sagt. Aber wir sind dem weit voraus, was wir vor zehn Jahren für möglich gehalten haben“, sagte sie.
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Eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Newsletterdienstes Table.Briefings hatte am Dienstag ergeben, dass eine bedeutende Zahl von Unterstützer*innen aller demokratischen Parteien findet, dass die Bundesregierung zu wenig gegen Klimaschutz unternimmt. Nur bei der Union war ein etwas größerer Teil der Befragten der Meinung, die Regierung tue genug.
Das deckt sich mit verschiedenen Studien, die herausfanden, dass weltweit etwa 80 bis 89 Prozent der Menschen mehr Klimaschutz von ihrer jeweiligen Regierung erwarten. „Aber was wir noch nicht tun“, sagte Figueres, „ist so zu leben, wie wir wissen, dass wir es tun sollten.“
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