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Deutschland auf der UN-KlimakonferenzAbgeordnete durfte wegen „Pali-Tuch“ nicht in Veranstaltung

Linkenpolitikerin Charlotte Neuhäuser wollte ein Event im deutschen Pavillon beim Klimagipfel besuchen, wurde aber wegen ihrer Kufiya abgewiesen.

Charlotte Neuhäuser, hier im Bundestag, wurde im deutschen Pavillon wegen ihrer Kufiya abgewiesen Foto: dts Nachrichtenagentur/imago
Niklas Franzen

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Niklas Franzen aus Belém

Eigentlich wollte Charlotte Neuhäuser am Montagabend an einem Empfang am deutschen Pavillon der Weltklimakonferenz COP30 teilnehmen. Die Bundestagsabgeordnete der Linken ist als Beobachterin in die brasilianische Amazonasmetropole Belém gereist. Doch dazu kam es nicht – wegen ihrer Kufiya.

Gegen 19 Uhr, erzählt sie der taz, sei sie gemeinsam mit einem Kollegen zum deutschen Pavillon gegangen. Sie habe den ganzen Tag eine Kufiya getragen, in Deutschland auch als Palästinensertuch bekannt. Dort habe sie eine Mitarbeiterin angesprochen und erklärt, dass „alles zu Israel/Palästina“ nicht erlaubt sei. Neuhäusers Begleiter, mit dem die taz ebenfalls sprach, habe daraufhin nachgefragt, auf welcher Grundlage. Die Mitarbeiterin habe geantwortet, die Kufiya sei „antijüdisch“. Neuhäuser, die sich nicht als Abgeordnete vorgestellt hatte, wollte keine Diskussion beginnen und verließ daraufhin den Ort.

„Ich finde es zutiefst beschämend und undemokratisch, dass man im deutschen Pavillon keine Kufiya tragen darf“, sagte die 26-Jährige, die im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sitzt. Die Kufiya sei „ein Ausdruck der Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung und ein Zeichen internationaler Solidarität mit allen Menschen“. Deutschland, kritisiert Neuhäuser, wolle offenbar „die deutsche Staatsräson von Berlin bis Belém durchsetzen, auf Kosten der Grundrechte“.

Neuhäuser betont, sie habe die Kufiya den ganzen Tag getragen und nirgendwo Probleme gehabt – außer am deutschen Stand. Tatsächlich tragen auf der Konferenz viele Menschen das Tuch, ebenso sind häufig Pins mit palästinensischen Symbolen zu sehen. In Brasilien, wie in weiten Teilen Lateinamerikas, ist die Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung groß. Brasilien hat Palästina als Staat anerkannt.

Regierungssprecher räumt Fehler ein

Die Mitarbeiterin am Pavillon soll sich auf den „Code of Conduct“ berufen haben. Einen solchen Kodex gibt es tatsächlich: Er regelt das Verhalten bei Veranstaltungen der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Eine Passage, die das Tragen von Kufiyas verbietet, enthält er jedoch nicht.

„Das war ein ärgerlicher Fehler“, sagt Stephan Gabriel Haufe, Pressesprecher der deutschen COP-Delegation, der taz. „Aber es war nicht politisch motiviert, es wurde überreagiert.“ Er spricht von einem „Missverständnis“. Explizit antiisraelische oder antipalästinensische Äußerungen seien verboten, betont Haufe, aber Menschen mit Kufiyas können selbstverständlich an den Veranstaltungen im deutschen Pavillon teilnehmen. Offenbar sei es „beim Briefing der Mitarbeitenden zu einem Fehler gekommen“. Eine Entschuldigung werde folgen.

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