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Beschwerde gegen BASFZerstörerisches Platin

BASF bezieht Platin aus Südafrika, doch der Abbau durch den Zulieferer schadet Umwelt und Gesundheit. Verletzt der Chemiekonzern Sorgfaltspflichten?

Die Platinmine Sibanye-Stillwater grenzt an die Gemeinde Wonderkop in Marikana Foto: Michele Spatari/afp

In Marikana, im Nordwesten Südafrikas, liegt die kleine Gemeinde Wonderkop. Etwa 20.000 Menschen leben hier, viele von ihnen arbeiten für den südafrikanischen Bergbaukonzern Sibanye-Stillwater, der dort Platin abbaut. Doch die Gemeinde wirft dem Konzern seit Jahren schwere Sicherheitsmängel vor. Der Abbau des Platins gefährde die Gesundheit der Bewohner und schade der Umwelt.

Das Platin aus Wonderkop wird für eine deutsche Firma abgebaut: Sibanye-Stillwater ist der wichtigste Platinzulieferer für den Chemiekonzern BASF. Deshalb hat Brown Matloko, Gemeindearbeiter aus Wonderkop, Anfang November bei der Kontrollbehörde für das deutsche Lieferkettengesetz Beschwerde gegen BASF eingereicht. Er wirft dem milliardenschweren Konzern vor, seine Sorgfaltspflichten zu verletzten. Denn laut Gesetz muss BASF seine Lieferkette auf Menschenrechtsverletzungen analysieren und auf Risiken und Beschwerden reagieren.

„Auch nach jahrelanger Auseinandersetzung mit BASF und Sibanye hat es keine Verbesserung gegeben“, erklärt Matloko der taz am Telefon. Dabei sind seine Forderungen nicht hoch angesetzt: Vor allem will er die Einbeziehung der Gemeinde. Und er will Informationen. Da ist zum einen die Verarbeitungsanlage, wo das Platin aus anderen Mineralien gefiltert wird. Sie befindet sich etwas mehr als einen Kilometer von der Gemeinde entfernt und erzeugt Staub, der sich selbst in den Wohnzimmern der Menschen ansiedelt. „Er landet in der Lunge, im Blutkreislauf und den Organen“, sagt Matloko.

Weniger als 500 Meter von Wonderkop entfernt stößt das Schmelzwerk Schwefeldioxid und andere Chemikalien aus. „Diese Chemikalien sind sehr gefährlich und können Atemwegserkrankungen verursachen“, sagt Matloko, „Die Firma muss die Gemeinde darüber informieren und ihnen sagen, wie sie sich schützen können.“

Schwierige Geschichte

Problematisch sind auch die ungesicherten Absetzbecken mit Schadstoffen. „Es gibt dort ein Schild, auf dem steht, dass Tiere das Wasser nicht trinken und Kinder nicht darin schwimmen dürfen, weil es kontaminiert ist“, sagt Matloko. Doch sie sind nicht abgedichtet. Im April sei das kontaminierte Wasser wieder einmal übergetreten und in den örtlichen Bach Maretlwane geflossen. „Dort trinken die Tiere das Wasser, und es gefährdet das Ökosystem“, kritisiert der Umweltschützer. Matloko fordert die Sicherung der Becken. Er will eine unabhängige Untersuchung zu den Gesundheits- und Umweltrisiken und dass die Gemeinde miteinbezogen wird.

Das Unternehmen macht Gewinne, aber es gibt nie etwas der Gemeinschaft zurück.

Brown Matloko, Umweltschützer

Wonderkop hat eine schwierige Geschichte mit dem Bergbaukonzern. 2012 löste das brutale Vorgehen der südafrikanischen Polizei gegen streikende Bergarbeiter weltweit Entsetzen aus. Die Polizisten eröffneten das Feuer, 44 Menschen wurden getötet. Sie hatten gegen schlechte Bezahlung und Arbeitsbedingungen des Platinbetreibers Lonmin gestreikt. Lonmin war damals schon Hauptlieferant von BASF. 2019 wurde der Betrieb von Sibanye-Stillwater übernommen.

„Die Gemeinde ist auf das Unternehmen angewiesen“, sagt Matloko, der selbst 15 Jahre lang bei Lonmin als Sicherheitsbeauftragter arbeitete, „aber das Unternehmen muss den Menschen zugutekommen. Das Unternehmen macht Gewinne, aber es gibt nie etwas der Gemeinschaft zurück. Es investiert nur in die negativen Auswirkungen auf die Umwelt.“

Keine unabhängige Untersuchung

Matloko hat Unterstützer in der deutschen Zivilgesellschaft gefunden, etwa Brot für die Welt und den Dachverband kritische Aktionäre. Vergangenes Jahr ist er nach Berlin gereist, um mit Vertretern von BASF zu sprechen. Die Auflage: Matloko dürfe nicht über den Inhalt der Gespräche berichten. „Ich bin dorthin gegangen, um meine Gemeinde zu vertreten, wie kann ich ihnen dann keine Auskunft dazu geben?“, fragt Matloko. Ihn erinnere das an Mafiastrukturen.

Auch ein Jahr nach dem Gespräch habe es keine Besserungen gegeben. In einer Mail vom Juli weist Matloko BASF darauf hin. Er fügt Fotos von den übergelaufenen Becken bei. Kurz zuvor, im Mai, macht er außerdem vom internen Beschwerdemachnismus von BASF Gebrauch. Ohne Erfolg, wie Matloko sagt.

BASF wies die Vorwürfe in einer Mail an Matloko zurück. Matloko sagt, in ihrer Argumentation übernähmen sie jedoch ungeprüft Aussagen von Sibanye-Stillwater. Der Bergbaukonzern gibt an, er habe wirksame Maßnahmen getroffen. Matloko fordert, dass BASF stattdessen eine unabhängige Untersuchung einleitet. Gegenüber der taz beteuert eine Sprecherin von BASF, die „genannten Themen“ würden „regelmäßig sowohl direkt mit Vertretern der Gemeinschaften als auch mit unserem Lieferanten“ besprochen. Entsprechende Maßnahmen und Fortschritte würden überprüft.

Jetzt liegt es an der Kontrollbehörde des Lieferkettengesetzes, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, die Beschwerde zu überprüfen.

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