„Widersetzen“ kündigt Blockaden an: Ungehorsam gegen die AfD-Jugend
Das Bündnis „Widersetzen“ will die Gründung der neuen AfD-Jugend verhindern. Das jüngste Urteil des Verfassungsgerichtes ändert daran nichts.
Es könnte die größte Aktion des zivilen Ungehorsams seit langem werden: Ende November will sich in Gießen die neue Jugendorganisation der AfD gründen, das Aktionsbündnis „widersetzen“ will das verhindern. Über 200 Busse aus dem gesamten Bundesgebiet werden in Gießen erwartet, die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz vor.
Rieka Becker, Bündnissprecherin von „widersetzen“ sagt der taz, das selbsterklärte Ziel einer Verhinderung meine man „definitiv ernst“. Die Neugründung einer AfD-Jugendorganisation dürfe es „auf gar keinen Fall“ geben.
Doch nun hat am Donnerstag das Bundesverfassungsgericht ein Urteil veröffentlicht, das auch die Pläne von „widersetzen“ betreffen dürfte.
Das Gericht hatte eine Verfassungsbeschwerde abgelehnt, die ein Antifaschist aus Freiburg eingereicht hatte. Er bekam 2015 ein Strafverfahren, nachdem er an einer gewaltfreien Sitzblockade teilgenommen hatte, die einer angemeldeten Anti-Abtreibungs-Kundgebung der christlich-fundamentalistischen Piusbruderschaft den Weg versperrte.
Hotel und Caterer abgesprungen
Um vom Demonstrationsrecht gedeckt zu werden, müsse eine Sitzblockade „ein eigenständiges Element der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung“ aufweisen, heißt es im Urteil. Ist sie jedoch aktiv darauf ausgelegt, eine andere Partei in ihrer politischen Betätigung einzuschränken, sind die Sicherheitsbehörden dazu verpflichtet, die Blockade aufzuheben. Kommen die Sitzenden der Aufforderung nicht nach, machen sie sich strafbar.
Genau dazu dürfte es aller Voraussicht nach am letzten Novemberwochenende in Gießen kommen. In der hessischen Stadt ist eine Neugründung des AfD-Jugendverbandes angesetzt, stattfinden soll das Ganze in den privat vermieteten Hessenhallen. Im Vorfeld sind bereits Hotel und Caterer des anreisenden Parteinachwuchses abgesprungen.
Bindeglied zum rechtsextremen Parteivorfeld
Nachdem sich die gesichert rechtsextreme Junge Alternative (JA) im Frühjahr präventiv aufgelöst hatte, soll der neue Jugendverband enger an die Mutterpartei angebunden werden. Sowohl das voraussichtliche Führungspersonal, als auch Äußerungen des radikalen AfD-Flügels deuten jedoch darauf hin, dass eine Mäßigung kaum stattfinden wird, im Gegenteil.
Rieka Becker, Bündnissprecherin „Widersetzen“
So soll der Landtagsabgeordnete Jean-Pascal Hohm neuer Bundesvorsitzender der AfD-Jugend werden. Der 28-Jährige aus dem gesichert rechtsextremen Brandenburger Landesverband gilt als Bindeglied zum rechtsextremen Parteivorfeld.
Was bedeutet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun für die geplanten Aktionen in Gießen? Das Urteil beschäftige ihr Bündnis „wenig“, sagte die Sprecherin Rieka Becker. Rechtliche Konsequenzen seien den Teilnehmenden bewusst. Für die Bündnissprecherin zeige das Urteil, „dass man sich im Kampf gegen den Faschismus auf den Staat nicht verlassen kann“. Wer sich an der Protestform des zivilen Ungehorsams beteilige, tue dies aus Notwendigkeit heraus. „Wie weit sie gehen wollen, das müssen alle für sich selbst entscheiden“, sagt Becker. Mit möglichen Konsequenzen werde aber niemand allein gelassen.
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