Rechte Denkfabrik Republik 21: Wissen wir nicht, wissen wir nicht – und siehe oben
Ein rechter Verein bekommt künftig Geld vom Staat, dabei fand die Union NGO-Förderung doch bäh. Auf Fragen dazu reagiert die Regierung wenig innovativ.
Wahlen ändern nichts? Die Union hat diese Annahme in den vergangenen Monaten einerseits widerlegt. Denn nach ihrem Regierungseintritt im Frühjahr hat sie die eigene Haltung zur staatlichen Finanzierung politischer NGOs revidiert. Andererseits hat sie damit bestätigt, dass alles beim Alten bleibt. Denn auf Fragen zu diesem Thema gibt die neue Regierung die gleichen Antworten wie die vorherige. Also wirklich: wortwörtlich. So zeigt es eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der taz.
Worum es geht: Im September hat die schwarz-rote Mehrheit im Bundestag auf Betreiben der Union durchgedrückt, dass die Denkfabrik Republik 21 (R21) in Zukunft staatlich gefördert wird – zunächst mit 250.000 Euro aus dem Etat des Bundespresseamtes. Eine Entscheidung, die nicht nur ein Geschmäckle hat, sondern gleich zwei Geschmäcker. Erstens steht die Denkfabrik R21 weit rechts, schreibt in ihren Publikationen bevorzugt gegen den „Wokeismus“ und die Brandmauer zur AfD an. Zweitens hatten CDU und CSU noch wenige Monate zuvor gegen die tatsächliche oder vermeintliche Finanzierung anderer Gruppen durch den Staat polemisiert.
In einer Bundestagsanfrage ging die Unionsfraktion Ende Februar Organisationen der Zivilgesellschaft hart an. Es ging um Gruppen wie Campact, „Omas gegen rechts“ oder Greenpeace. Diese hatten im Bundestagswahlkampf dagegen protestiert, dass CDU und CSU im Bundestag mit Stimmen der AfD eine Verschärfung der Asylpolitik beschließen wollten.
„Gibt es Belege dafür, dass der Verein Omas gegen Rechts Deutschland e. V. einseitige Narrative in politischen Debatten fördert, und wenn ja, welche?“, hieß es in der Unions-Anfrage zum Beispiel. Oder: Fahren die Gruppen gezielt Kampagnen gegen einzelne Parteien, finanzieren sie entsprechende Proteste, beeinflussen sie Wahlergebnisse? „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ lautete die Überschrift der Kleinen Anfrage, ungeachtet der Tatsache, dass etliche der genannten Gruppen gar nicht staatlich gefördert wurden.
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Linksfraktion greift taz-Fragen auf
Heute so, morgen so? Das provoziert Rückfragen. Als Service für oppositionelle Abgeordnete veröffentlichte die taz deshalb vor einigen Wochen die Vorlage für eine neue Bundestagsanfrage. Es waren 45 Fragen zur Förderung von R21: Gibt es vielleicht Belege dafür, dass diese Gruppe einseitige Narrative fördert? Kampagnen fährt? Staatliche Fördergelder für Parteipolitik zweckentfremdet?
Die Linksfraktion schnappte sich die Anfrage, polierte sie noch etwas auf und reichte sie bei der Bundesregierung ein. Jetzt liegen die Antworten vor. In drei Sätzen zusammengefasst lauten sie: Wissen wir nicht. Ist nicht unsere Angelegenheit. Und, siehe oben – wissen wir nicht.
In der jetzigen Antwort aus dem Bundespresseamt (das direkt dem Bundeskanzler Friedrich Merz unterstellt ist) heißt es exakt gleichlautend wie in der damaligen Antwort an die Unionsfraktion (der damals Friedrich Merz vorstand): „Das parlamentarische Fragerecht der Abgeordneten des Deutschen Bundestages dient der politischen Kontrolle der Bundesregierung. Dabei erstreckt sich der parlamentarische Informationsanspruch nur auf Gegenstände, die einerseits einen Bezug zum Verantwortungsbereich der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag haben. Andererseits müssen diese in der Zuständigkeit der Bundesregierung liegen.“ Frei übersetzt: Was für bescheuerte Fragen.
„Schon interessant“, findet das die Linken-Abgeordnete Clara Bünger. „Während die Union in der Opposition offensichtlich noch der Meinung war, hier müsste eine stärkere Kontrolle der Aktivitäten stattfinden, lehnt sie diese nun doch ab.“ R21 unterstütze den Griff der AfD nach der Macht und orientiere sich an „Plänen des autoritären Umbaus“, wie man ihn von der MAGA-Bewegung in den USA kenne. „Und die Ziele, die R21 im Hinblick auf das Abtragen der Brandmauer verfolgt, stehen in klarem Widerspruch zum Koalitionsvertrag von Union und SPD“, sagt Bünger.
Protest hilft aber nichts: In der Zwischenzeit hat Schwarz-Rot im Bundestag beschlossen, die geplante Förderung von R21 zu verdoppeln. Die rechte Denkfabrik bekommt künftig 500.000 Euro pro Jahr.
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