Schlimmste Dürre seit 50 Jahren: Iran setzt auf Geoengineering
Laut Präsident Massud Peseschkian muss Teheran evakuiert werden, wenn es bis zum Jahresende nicht regnet. Jetzt „impft“ die Regierung Wolken.
afp/taz | Der Iran leidet derzeit unter der schlimmsten Dürre seit 50 Jahren – nun sollen Cloud-Seeding-Flüge helfen, also das „Impfen“ von Wolken. Ein entsprechender Flug sei am Samstag über dem Urmia-See im Nordwesten des Landes absolviert worden, berichtete die Nachrichtenagentur Irna. Der Urmia ist der größte See Irans, wegen der anhaltenden Dürre ist er aber weitgehend ausgetrocknet und hat sich in eine riesige Salzwüste verwandelt.
Beim Cloud Seeding werden gewöhnliches Salz oder eine Mischung aus verschiedenen Salzen von einem Flugzeug aus in Wolken versprüht. Die Salzkristalle fördern die Kondensation und auf diese Weise die Entstehung von Regen. Die Technik wird bereits von dutzenden Ländern genutzt, darunter die USA, China und Indien. Der Iran hatte im vergangenen Jahr verkündet, seine eigene „Wolkenimpfungs“-Methode entwickelt zu haben.
Der Iran erlebt laut Irna derzeit den „trockensten Herbst seit 50 Jahren“. Die Niederschlagsmenge liege laut staatlichem Wetterdienst in diesem Jahr 89 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt. In der Hälfte der iranischen Provinzen hat es seit Monaten keinen Tropfen Regen gegeben. Im gesamten Land herrscht Wasserknappheit.
In der vergangenen Woche hatte der iranische Präsident Massud Peseschkian erklärt, dass Teheran evakuiert werden müsse, wenn es bis zum Jahresende nicht regnet. Nach Angaben der lokalen Behörden gab es seit einem Jahrhundert noch nie so wenig Regen in der Hauptstadt wie in den vergangenen Monaten.
Bisher keine internationale Regelung
Der Umgang mit Geoengineering als Mittel gegen Folgen des Klimawandels ist stark umstritten. Schon zweimal hat die Schweiz probiert, mit den Vereinten Nationen eine Resolution zu beschließen – jeweils erfolglos. Einige Länder wollten sich nicht durch eine Regulierung einschränken lassen, andere befürchteten, schon ein Beschluss zur wissenschaftlichen Untersuchung erwecke den Eindruck, Geoengineering sei akzeptabel.
Bei den Vorstößen der Schweiz ging es speziell um eine Technologie, deren Einsatz globale Auswirkungen hätte: die Beeinflussung der Sonneneinstrahlung zur Senkung der Temperaturen auf der Erde.
Eine Idee zum Dimmen der Sonne ist, Militärjets in die Stratosphäre zu schicken und dort Aerosole wie Schwefeldioxid auszubringen. Es wäre praktisch die Nachahmung eines gigantischen Vulkanausbruchs, etwa dem des Pinatubo auf den Philippinen 1991. Der dabei in die Stratosphäre geschleuderte Schwefel senkte die globale Durchschnittstemperatur im Folgejahr um ein halbes Grad.
Wissenschaftler*innen hatten 2022 in der Fachzeitschrift Wires Climate Change ein internationales Verbot von solarem Geoengineering gefordert.
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