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Debatte um Öffnung der CDU zur AfDWie man die Brandmauer schleift

Die Feuilletons von „Stern“, „FAZ“ und „SZ“ reden gerade mit frappierender Leichtigkeit einer Öffnung der Union zur AfD das Wort. Das ist gefährlich.

BRANDMANE! Müssen ihre Performance dringlichst verbessern: Aktivisten beim 37. Bundesparteitag der CDU Foto: Kay Nietfeld/dpa

Boris Rhein, der hessische CDU-Ministerpräsident, hat jüngst öffentlich über Minderheitsregierungen nachgedacht. Angesichts der hohen Zustimmungswerte für die AfD würden diese wahrscheinlicher werden, sagte er Politico. Während Rhein eine Zusammenarbeit mit der AfD bislang ausschließt, liebäugeln manche in der CDU mit einer Öffnung zu der extrem rechten Partei. In den vergangenen Wochen bekamen sie publizistische Schützenhilfe – und zwar nicht von den üblichen Verdächtigen von Welt & Co.

„Die Brandmauer nützt nur der AfD“ – unter diesem Titel hat der Politikwissenschaftler Philipp Manow im Stern die Idee einer Minderheitsregierung ausgeführt, die sich wechselnde Mehrheiten sucht – also auch mithilfe der AfD. Jürgen Kaube hat in der FAZ, Claudius Seidl in der Süddeutschen nachgelegt. Die drei meinen, die Brandmauer müsse weg. Kaube nennt sie schlicht „Prinzipienreiterei“, die die Republik ruiniere. Keiner von ihnen aber buchstabiert wirklich durch, welche Konsequenzen es hätte, wenn die Brandmauer fällt.

Was stimmt: Bislang hat die CDU kein Mittel gefunden, die AfD kleinzukriegen. Ignorieren oder konfrontieren, ihre Themen aufgreifen oder diese eher runterkochen, ein bisschen einbinden, ausgrenzen oder wegregieren, wie Friedrich Merz es eigentlich vorhatte, nichts hat bisher funktioniert.

Allerdings hat es den Versuch, die AfD konsequent auf allen Ebenen auszugrenzen, nie gegeben. Mit der Abgrenzung einerseits ging häufig eine rhetorische Annäherung einher, da zieht sich eine Linie von Horst Seehofers „Die Migration ist die Mutter aller Probleme“ bis zur aktuellen Stadtbilddebatte von Merz.

Auch mal Sympathiebekundungen

Auch inhaltlich ist die Union nach rechts und damit näher an die AfD gerückt. In Kommunen und Ländern gab es immer wieder gemeinsame Abstimmungen, auch mal Sympathiebekundungen, Konsequenzen hatte das nie. Und dann waren da noch der Migrationsantrag im Bundestag, den die Union entgegen allen Versprechen gemeinsam mit der AfD durchbrachte, und erst kürzlich eine gemeinsame Abstimmung im Europäischen Parlament.

Für ein Verbotsverfahren, das ebenfalls ein mögliches Mittel der Bekämpfung wäre, fehlen bislang die Mehrheiten. Unterdessen ist die AfD weiter gewachsen, in Umfragen hat sie mit der Union gleichgezogen, manchmal liegt sie bereits auf Platz 1. Bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr scheint in Sachsen-Anhalt sogar eine absolute Mehrheit möglich zu sein.

Natürlich hat die Brandmauer ihre Nachteile. Als ewige Opposition muss die AfD ihre Politik nicht unter Beweis stellen, keine Verantwortung übernehmen. Sie kann fordern, kritisieren und hetzen und die anderen Parteien vor sich hertreiben. Sie kann sich als Opfer der „Kartellparteien“ stilisieren. Auch dass immer breitere Bündnisse gebraucht werden, um eine Regierung gegen die AfD zu bilden, ist nicht gut. Parteien, die nicht viel eint, müssen sich zusammentun, schwierige Kompromisse bremsen nötige Innovationen, die Profile der Parteien verschwimmen. Das alles ist ein Problem. Aber noch deutlich besser, als die AfD in die Nähe der Macht zu lassen.

Nun negiert Manow, der den analytischsten der drei Texte geschrieben hat, nicht die Gefahr, die von einer Regierungsbeteiligung der AfD ausgeht. Deshalb schlägt er eine Minderheitsregierung als dritten Weg zwischen „einer AfD an der Macht und einer fern der Macht“ vor – ganz so, als könne man damit die Vorteile von beidem nutzen und die Nachteile einfach beiseite lassen. Nur: So ist es ja nicht.

Die AfD würde von der Zwischenlösung profitieren

Die CDU würde ihre ohnehin angeschlagene Glaubwürdigkeit durch ein solches Machtspiel vollends verlieren, zahlreiche Mitglieder, auch prominente, verließen die Partei. Auch ist kaum vorstellbar, dass sich SPD und Grüne als Mehrheitsbeschaffer hergeben würden, wenn die Union gleichzeitig mit der AfD paktiert. Es widerspricht dem Selbstverständnis beider Parteien und würde sie noch weiter schwächen. Die AfD dagegen wäre wohl die, die von dieser Zwischenposition am meisten profitiert: Sie könnte Einfluss auf die Politik nehmen, aber sich weiter als Opposition gerieren, Verantwortung übernehmen müsste sie nicht. Die läge allein bei der Regierung. Schuld wäre also immer die CDU.

Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hat jüngst in einer lesenswerten Studie zum Umgang mit Rechtspopulisten in Europa genau auf dieses Problem hingewiesen, am Beispiel von Schweden: Die rechten Schwedendemokraten, die die konservativ-liberale Regierung tolerieren, zögen aus dieser Konstellation „das Beste aus beiden Rollen für sich heraus“. Schweden ist das Positivbeispiel, das Manow anführt, auch weil die Schwedendemokraten zuletzt ihre neonazistische Geschichte medienwirksam aufgearbeitet und sich zumindest nach außen gemäßigt haben.

Ob das trägt oder sie nicht letztlich doch Wölfe im Schafspelz bleiben, ist schwer zu sagen. Indizien für Letzteres gibt es durchaus: So ließ die Partei von Trollfabriken Desinformation verbreiten und Ängste schüren. Die Kampagnen richteten sich auch gegen die Regierungsparteien – trotz der vereinbarten Zusammenarbeit. An Zustimmung verloren haben die Schwedendemokraten durch die Tolerierung übrigens nicht.

Einer, der sich innerhalb der CDU für eine Öffnung in Richtung AfD ausspricht, ist der Historiker Andreas Rödder, der auch die Denkfabrik R21 betreibt. Regelmäßig wiederholt Rödder seine These, dass man mit jenen in der AfD, die sich klar von rechtsextremen Positionen und Personen abgrenzen, das Gespräch suchen müsse. So könne man den Spaltpilz in die AfD tragen. Das Ziel: Die Partei zu einer Entscheidung zu drängen, ob sie in die demokratische oder die extremistische Richtung will. Die Christdemokraten sollen also versuchen, den Spieß umzudrehen: Schließlich ist es bislang ja die AfD, die erklärtermaßen die CDU spalten und vernichten will.

Auch Seidl bezieht sich auf Rödder und führt über diesen ausgerechnet Alexander Gauland als möglichen Gesprächspartner an. „Mit Gauland könne man zivilisiert streiten, man könne mit ihm sogar zu Abend essen“, schreibt er. Bloß: Was sagt das denn aus? Auch belesene Menschen mit einer Leidenschaft für guten Rosé können Rechtsextremisten sein, selbst wenn sie früher mal in der CDU waren. Gauland hat sich als AfD-Chef schützend vor die besonders Radikalen gestellt und so dafür gesorgt, dass Höcke und Co die Partei schrittweise übernahmen. Die Richtungsentscheidungen, von der Rödder träumt, die gab es ja längst: Jedes Mal wurde die AfD radikaler.

Kein goldener Mittelweg

Die Idee, die Manow hier als goldenen Mittelweg anpreist, ist keiner. Im Gegenteil. Es wäre vor allem die AfD, die von der Unterstützung einer Minderheitsregierung profitiert: Sie würde weiter normalisiert und rückte näher an die Macht. Denn warum soll man mit einer Partei, mit der man temporär zusammenarbeitet, nicht irgendwann auch koalieren?

Silvio Berlusconi und seine Forza Italia sind ein Paradebeispiel dafür, wie man die Brandmauer schleift. Mitte der 1990er ging Berlusconi ein Bündnis sowohl mit Umberto Bossis Lega Nord, damals noch eine separatistische Regionalpartei, sowie mit den vermeintlich geläuterten Neofaschisten von der Alleanza Nationale ein. Seitdem ging es in Italien viel hin und her, die Macht aber hat sich von der Mitte immer stärker an den rechten Rand verschoben: Erst zu Matteo Salvini und der Lega, wie die Partei heute heißt, seit drei Jahren regiert Giorgia Meloni von der „post-faschistischen“ Fratelli d’Italia. „Die zentrale Lehre aus der Geschichte Italiens lautet dementsprechend, dass die Einbindung rechtsautoritärer Kräfte diese tendenziell stärkt und die Konservativen schwächt“, schreibt der Politikwissenschaftler Thomas Biebricher, der die Entwicklung in Italien und anderswo analysiert hat.

Offensichtlich ist diese Entwicklung auch in Österreich. Dort ging die FPÖ zwar kurzzeitig geschwächt aus den Regierungsbeteiligungen mit der ÖVP hervor, hat sich langfristig aber zur stärksten Kraft im Land entwickelt, in Umfragen liegt sie weit vor der zweitplatzierten ÖVP. Anfang des Jahres hat es mit deren Hilfe der radikale FPÖ-Mann Kickl fast ins Kanzleramt geschafft. Und die Niederlande, wo Wilders’ PVV nach gerade mal elf Monaten die Koalition platzen ließ und bei der Wahl nun deutlich an Stimmen verlor? Noch ist offen, ob das mehr als ein Kurzeitdown für Wilders ist. Andere Rechtsaußenparteien haben bei der Wahl zugelegt und die Parteien des Mitte-rechts-Bündnisses, die mit Wilders koalierten, zum Teil stark verloren.

Was es dagegen nicht gibt: ein Beispiel dafür, dass eine Partei wie die CDU eine Zusammenarbeit mit einer radikal rechten Partei einging und langfristig als Sieger den Platz verließ.

Die KAS-Studie kommt zu dem Schluss, dass in maßgeblichen Fällen „eine ‚Zähmung‘ rechtspopulistischer oder gar rechtsextremer Parteien durch Kooperation nicht gelungen“ sei. Geschwächt wurden eher die Mitgliedsparteien der EVP. Die Studie blickt nicht nur präzise auf die Situation in den europäischen Ländern, sie unterteilt auch die rechten Parteien in verschiedene Kategorien. Bei der radikalsten rät sie von jeder Kooperation dringend ab. Mit dabei: die AfD.

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22 Kommentare

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  • Wenn sich die CDUCSU nur dadurch profiliert, AfD-Themen umzusetzen - mehr Abschiebungen, weniger Umweltschutz -, dann ist die Brandmauer eigentlich nur noch ein Feigenblatt.

  • Das Problem ist, dass es schon unter der Ampel eine Konservative Mehrheit gab, wenn man die FDP zu den Konservativen zählt. Merkel war in der CDU eher links, das hat deen Aufstieg ermöglicht. Die AFD mag rechts stehen. Aber dem AFD Wähler ist im Zweifel eine CDU Meinung näher als eine SPD Meinung. Diese Mehrheit bekommt aber nicht die Politik, die sie möchte und das liegt u.a. an der Brandmauer. Das einzige, was die AFD klein machen könnte, wäre konservative Politik. Und jetzt kommt die Gretchenfrage: Wie bekommt man konservative Politik ohne die AFD zu beteiligen?

    PS: Das Dilemma gab es in ähnlicher Form schon einmal. Da waren es die Linke, mit der man nicht regiert hat, die aber als rot-rot-grün eine "linke" Mehrheit gab. Im Jahr 2005. Damals kam aber Merz als eher linke Kanzlerin und die CDU hat vieles mitgetragen. Die einzige Lösung, die mir einfällt: Die SPD gibt in viel mehr Punkten nach als sie es vielleicht müsste. Dänemark zeigt ja, dass zumindest ein harter Migrationskurs nicht geschadet hat. Wenn jemand eine bessere Lösung weiß - unter der Prämisse des konservativen Wählerwillens - immer her damit. Mir fällt keine ein. Die Brandmauer allein wird es nicht richten.

    • @Strolch:

      ....kam Merkel muss es natürlich heißen...

  • Der Artikel bleibt in einer moralischen Komfortzone stehen und blendet aus, dass Politik in Mehrheiten gedacht werden muss. Eine Brandmauer, die Regierungsbildung blockiert, ist kein Schutzwall, sondern politischer Stillstand – und der spielt am Ende genau der AfD in die Hände.

    Die AfD konsequent auszuschließen wirkt entschlossen, ist aber bequem: Man vermeidet jede Auseinandersetzung mit ihren Wählerinnen und Wählern und übertüncht fehlende Antworten mit Moral. Genau diese Strategie hat die AfD stark gemacht. Wer sie nur dämonisiert, schenkt ihr permanent die Opferrolle und damit kostenlosen Mobilisierungstreibstoff.

    Eine klar begrenzte, transparente Zusammenarbeit in einzelnen Sachfragen bedeutet nicht, der AfD nachzugeben. Sie zwingt sie vielmehr zur Realität politischer Verantwortung – ohne Bühne, ohne Märtyrerpose.

    Demokratie heißt nicht, missliebige Parteien aus Prinzip unsichtbar zu machen, sondern verantwortungsvoll mit tatsächlichen Machtverhältnissen umzugehen. Eine starre Brandmauer ersetzt kein Konzept. Und Konzepte brauchen wir dringender als wohlfeile Abgrenzungsrituale.

    • @Zippism:

      "Eine Brandmauer die Regierungsbildung blockiert, ist kein Schutzwall, sondern politischer Stillstand. (...) Die AfD konsequent auszuschließen wirkt entschlossen, ist aber bequem (...) und übertüncht fehlende Antworten mit Moral. Genau diese Strategie hat die AfD stark gemacht."



      Vollste Zustimmung. Die Brandmauer ist längst kein Schutzwall mehr, sie ist das genaue Gegenteil geworden, da sie die Union konsequent zu Koalitionen links ihrer Position zwingt.



      Das deckt sich aber nicht mit den Wahlergebnissen und sorgt so - jedes Mal aufs Neue - für noch mehr Frust bei den Wählern.



      Die beiden anderen etablierten Parteien der Mitte - also SPD und Grüne - haben Optionen links und rechts ihres Spektrums.



      Diesen Konflikt übersehen viele beim Thema Brandmauer.



      Die SPD müsste deutlich auf die Union zugehen, gerade in dieser Koalition jetzt, wo sie, gemessen am tatsächlichen Wahlergebnis, deutlich zu viele Ämter bekommen hat und Deutungsgewalt für sich beansprucht.

  • Zu der in aller Munde gebräuchlichen Formel: "Die demokratischen Parteien!"



    Die Barbarei ist kein zu verhindernder Zustand, wir stecken längst mittendrin. Dies ist keine neue Erkenntnis, doch haben wir das Bewusstsein darüber ebenso ausgesperrt wie die Geflüchteten. So kann die Friedensnobelpreisträgerin EU weiter von Demokratie und Menschenrechten reden, während sie Kinder ertrinken und erfrieren lässt, Menschen, die nach Hilfe schreien, mit Tränengas auseinander- und in den Tod treibt. Die Gewalt, auf der unsere Ordnung aufbaut, wird uns gerade schonungslos vor Augen geführt. Im Jahr 2024 ertranken 10.400 Menschen auf der Flucht in Booten im Mittelmeer, darunter 20 % Kinder.

    Das wollen auch viele Linke nicht hören, sie haben sich auf die Logik des kleineren Übels eingelassen, und damit auf die Logik der bürgerlichen Herrschaft. Sie reden sich ein, hierzulande würden Rechtsstaat und Demokratie herrschen, und ignorieren, dass das nur für uns gilt, die Folterlager bloß exterritorialisiert wurden. All die Gewalt an den Grenzen, die Abschiebungen und Asylrechtsverschärfungen, die Lagerzentren und push backs sind das Werk von Demokratinnen und Demokraten an der Macht.

  • Das Problem ist doch nicht die afd. Das Problem ist, dass ein Viertel der Bürger Merz/Klingbeil/Brantner/Co. nichts mehr glaubt.

  • "Auch inhaltlich ist die Union nach rechts und damit näher an die AfD gerückt."

    Inhaltlich war die Union schon immer eher rechts, stramm Konservativ und somit am nächsten an der AFD, auch schon bevor es die AFD überhaupt gab.



    Man erinnere sich an den Spruch "Kinder statt Inder", das war im Jahr 2000. Es ist nichts neues oder überraschendes, dass es diese inhaltliche und rhetorischen Nähe zur AFD gibt.



    Die Brandmauer wird auf kurz oder lang Fallen, traurig aber wahr, wir sollten uns schonmal darauf vorbereiten.....und es ist ja nicht nur in Deutschland der Fall, in ganz Europa sind rechte Parteien an Regierungen beteiligt, warum sollten wir eine Ausnahme sein.....

  • Wir brauchen eine demokratische Alternative zur AfD. Merkel hat im September 2015 eine riesengroße Lücke beim rechten Wählerspektrum aufgemacht. Die taz berichtete im September dass die AfD sich dort nach Sylvester 2015 bereitgemacht hat.



    Die Union muss jedoch besser werden bei der Umsetzung: kein Überbietungswettbewerb in den Ankündigungen, sondern schnelle und konsequente Umsetzung.



    Die Zusammensetzung des Bundestags repräsentiert hier einen klaren Wählerauftrag. Auch der linke Flügel des kleinen Koalitionspartners muss langsam kapieren, dass man nicht auf Dauer am Mehrheitswillen des Souveräns vorbeiregieren kann. Das wird zwar durch den Brandmauer erstmal abgesichert, aber die mittelfristige Konsequenz macht zumindest mir Angst.

  • "Als ewige Opposition muss die AfD ihre Politik nicht unter Beweis stellen" - Nur das es bei der AfD eben nicht um Politik in irgendeinem erkennbaren Sinne geht. Es gibt keine "Problemlösungen", die von der AfD vorgeschlagen/gefordert werden, die nicht nicht bei ersten Blick auseinanderfallen. Die AfD lässt sich nur sozialpsychologisch und soziologisch erklären - als eine im politischen System wirkende Kraft, sie selbst ist aber Anti-Politik.

  • Hinzu kommt, dass die TV-Politiktalkshows bei der Diskussion des Reformpaketes immer wieder mit den extrem wirtschaftsnahen Medien Pioneer und Table.Media aufmunitionieren, linker Wirtschaftsjournalismus bis auf ein paar Ausnahmen praktisch keine Rolle mehr in Leitmedien spielt, was auch beim Spiegel zu beobachten ist, der früher einmal im Zweifel links war.

    Im neuen Spiegel sagt der Aufsichtsrat beim LKW-Hersteller Daimler Truck, Martin Richenhagen, zu den Wirtschaftsreformen der Regierung: "Wenn es so weitergeht, werden wir bald eine Diskussion darüber bekommen, ob die Demokratie noch eine effiziente Regierungsform ist!"



    Die Spiegelautoren hinterfragen diese extreme Aussage nicht empört, sondern verweisen im Artikel "In der Krise mit Merz" scheinheilg darauf, dass Richenhagen gewiss kein Radikaler sei.



    Der Ton (Grund) für das Aufweichen der Brandmauer zur AFD wird vom Spiegel subtil am Ende des Artikels gesetzt.

    Die junge Union besteht nur noch aus einem extremen neoliberalen Wirtschaftsflügel, dem Kompromisse egal sind, treibt Merz im Wissen vor sich her, dass die Wirtschaftselite im Verborgenen immer mehr hin zur AFD als Mehrheitsbeschaffer in Regierungen kippt.

  • Ich denke, die AfD muss man aus verschiedenen Perspektiven sehen. Auf kommunaler Ebene haben Grüne, die SPD und die Linken ebenfalls mit der AfD gestimmt, siehe Kiel letzte Woche. Das lässt sich nicht immer verhindern, und der Bevölkerung zu erklären, man stimmt gegen einen guten Beschluss, nur weil die AfD auch dafür ist grenzt an Betrug am Wähler. Außerdem sind die AfD-Abgeordneten in kleinen Orten oft weder rechtsextrem noch nazistisch sondern es sind bekannte Leute, die man auf der Straße trifft. Man ist sich nicht immer einig, aber kennt sich seit Jahrzehnten. Nun ist allerdings auf Bundesebene mit solchen Leuten wie Chrupalla und Baumann und wie sie alle heissen nichts anzufangen. Die sind schon ein anderes Kaliber, und da muss man sich zurückhalten. Wie lange das noch gutgeht wird sich zeigen.

  • Fakt ist unter der Brandmauer ist die AFD wie in einem Gewächshaus gewachsen und gediehen! Übrigens sind es doch die linken von der BSW die in Brandenburg schon fröhlich mit der AFD Politik machen. Wenn die Brandmauer nicht funktioniert weil die kleinen Parteien, SPD, Grüne und FDP überproportional Ihre Ideen in den jeweiligen Koalitionen immer mit dem Verweis auf die Brandmauer durchsetzen, dann steigt leider bei der Mehrheit der Bevölkerung der Unmut. ich bin der festen Überzeugung die Brandmauer nützt nur der AFD. Beim BSW haben wir keine Brandmauer und was sehen wir , siehe Brandenburg sie zerlegt sich selbst. ich glaube die Brandmauer ist undemokratisch und gaukelt allen vor die Arme AFD bekommt ihre demokratischen Rechte nicht, der underdog der unterstützt werden muss. oder glaubt jemand dass wenn jemand von der AFD demokratisch zur zweiten Bürgermeisterin gewählt wird , dann nach der Brandmauerkeule wird Sie zwei Wochen später wieder abgewählt so geschehen in Bad Salzufen , ob das das Demokratieverständnis stärkt? eins ist sicher es stärkt die AFD sie kann jetzt wieder beweisen wie ungerecht Sie behandelt wird - und das bringt 1-2% zusätzlich, wetten!

  • Unabhängig von Parteizugehörigkeit, der Mensch will Macht ausüben. Letztlich arbeitet man genau deswegen in Parteien mit, gleich welcher Richtung. Und genau diese Motivation ist es, die die csdU geradewgs in die Zusammenarbeit mit den Faschos treibt, unaufhaltsam. Die öffentliche Begründung ist schon geschrieben: "Wir können es nicht zulassen, dass die AgD das alles alleine macht, wir werden ein Korrektiv sein und das Schlimmste verhindern." Auf dem Papier fehlt nur noch das Datum.

  • Eine Analyse die nur in eine Richtung arbeitet. Die Prozente für die AfD kommen auch daher, dass "mit der Abgrenzung einerseits (...) häufig eine rhetorische Annäherung einher(ging)" - aber sie kommen vor allem daher, dass seit Jahren täglich über die Brandmauer gestritten wird, statt sich der Probleme im Land zu widmen!



    Diese unzähligen, aber immer ergebnislosen Debatten, bestärken nur die längst überzeugten AfD-Wähler, im Widerstand zu sein. Und der Rest der Bevölkerung fragt sich zunehmend 'haben wir keine anderen Probleme...'



    Die Brandmauer war eine bildliche Floskel, sie ist längst zum heiligen Gral für alle links der Union geworden. Als ob unser Land, wenn es die Brandmauer nur vor sich herträgt, nicht kippen könnte.



    Doch, kann es. Die Brandmauer ist null wert, wenn die Krisen nicht gelöst werden.



    Statt Brandmauer Brandmauer Brandmauer braucht es Lösungen Lösungen Lösungen.



    So lange die nicht kommen, können Politiker die Brandmauer beschwören oder nicht und Journalisten die Brandmauer in den Himmel loben oder nicht - die Wähler interessiert das null.



    Keine Lösungen heißt mehr Verdruss, mehr Verdruss heißt mehr AfD.



    Die Wähler schaffen Fakten statt ergebnisloser Dauerdebatten

    • @Saskia Brehn:

      "(...) aber sie kommen vor allem daher, dass seit Jahren täglich über die Brandmauer gestritten wird, statt sich der Probleme im Land zu widmen!"

      Lösungen für die "Probleme im Land" setzen aber nicht das Schleifen der Brandmauer voraus. Im Gegenteil: Wenn sich mit einer Partei ganz sicher keine Probleme lösen lassen, dann ist das die AfD. Die Analyse von Frau am Orde ist vollkommen richtig.

    • @Saskia Brehn:

      Super Kommentar, den Sie da heute Morgen verfasst haben!



      Kurz, präzise auf den Punkt gebracht. Die Diskussionen im medialen-politischen Umfeld gehen häufig an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei, die sich damit zu Recht nicht verstanden fühlen und dann halt demokratisch in der Wahlurne abstimmen.

    • @Saskia Brehn:

      Dem kann man nur zustimmen.



      Nur eine Bemerkung kann ich mir nicht verkneifen: Links der csdU ist alles außer der AgD.

  • Ganz wichtiger Beitrag. Danke dafür. Boris Palmer kam ja bei Maischberger mit ähnlichem Unsinn: Die AFD durch politische Beteiligung entzaubern. Das ist totaler Quatsch. Rechtsradikale lassen sich davon nicht beeindrucken, da sie ohnehin alle demokratischen Institutionen und die darinstattfindenden politischen Arbeiten für unsinnig, überflüssig und vernichtenswert halten. Leider verdrängen viele Konservative das und hoffen auf Machtgewinn oder ~erhalt. Ein Verbotsverfahren ist das was geboten ist, aber da fehlt leider für den Antrag noch immer der politische Wille.

  • Die AFD gestaltet doch schon die Politik der Regierung: immer schön feige nach unten treten und den Kopf in den Klimasand stecken!

  • Warum ist es Aufgabe der CDU, die AFD klein zu halten? Warum sind nicht alle Parteien in der Pflicht durch Argumente und gute Politik die Menschen zurückzugewinnen?

  • Welche Brandmauer? Bestenfalls haben wir im Moment eine Brandmauer bei der es auf beiden Seiten brennt. Vielleicht schlagen die Flammen auf der einen Seite höher, dafür verbrennt die andere gerade das Land weil sie an der Regierung ist.