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Prozess um Steakhaus-Erbin BlockMutmaßlicher Haupttäter packt aus

Der mutmaßliche Kopf der Gruppe, die Christina Blocks Kinder entführte, sagt bei der Staatsanwaltschaft aus.

Kacke am Dampfen: Angeklagte und Millionenerbin Christina Block mit Anwalt Ingo Bott vor Gericht Foto: Marcus Brandt/dpa

Im Entführungsfall um die Kinder der Steakhaus-Erbin Christina Block ist der Staatsanwaltschaft eine Überraschung gelungen. Wie am Dienstag bekannt wurde, hat der mutmaßliche Kopf des Teams, David Barkay, das Blocks Kinder entführt hat, gegen freies Geleit vier Tage lang bei den Ermittlern ausgesagt. Nach Informationen des Spiegels und der Bild soll er dabei Christina Block schwer belastet haben.

Blocks Kinder Theo und Klara waren Silvester 2023 aus dem Haus ihres Vaters Stephan Hensel in Dänemark entführt und zu ihrer Mutter gebracht worden. Hintergrund ist ein Sorgerechtsstreit zwischen den seit 2014 zerstrittenen Eltern. 2021 kehrten die Kinder von einem Besuch bei ihrem Vater nicht mehr nach Hamburg zurück, obwohl ein deutsches Gericht Block das alleinige Sorgerecht zugesprochen hatte. Ein dänisches Gericht entschied, die Kinder dürften beim Vater bleiben.

Bei einem Prozesstermin am Mittwoch schilderte Hensels neue Frau, Astrid H., wie sich die Entführung auf die Kinder und die Familie auswirkte. Zuvor bat Blocks Anwalt Ingo Bott das Gericht, die Hauptverhandlung für einen Monat auszusetzen oder zu unterbrechen. Die neuen Aussagen von David Barkay seien offensichtlich von großer Bedeutung und ein neues Beweismittel im Verfahren.

Die Verteidigung müsse aus Gründen der Waffengleichheit in die Lage versetzt werden, die erst tags zuvor bekannt gewordene Vernehmung Barkays zu verarbeiten, so Bott. Das brauche bei einem 329 Seiten starken Protokoll Zeit. Insbesondere könne es von seiner Mandantin nicht erwartet werden, dass sich da schnell durcharbeite. „Frau Block muss das lesen können“, sagte ihr Anwalt.

Nicht mehr aus dem Haus getraut

Im Übrigen sei es nicht zulässig gewesen, dass die Staatsanwaltschaft Barkay parallel zur Hauptverhandlung vernommen habe. Barkay, der Chef der israelischen Sicherheitsfirma, die mit der Entführung beauftragt worden sein soll, sei kein Zeuge in diesem Verfahren, entgegnete die Staatsanwaltschaft. Gegen ihn werde in einem abgetrennten Verfahren ermittelt. Das Gericht lehnte eine Unterbrechung der Verhandlung ab und stellte die Entscheidung über eine Aussetzung des Verfahrens zurück.

So berichtete Astrid H., die Ehefrau Hensels, dass die Kinder seit der Entführung deutlich verändert seien. Sie hätten nicht mehr alleine schlafen wollen und sich kaum mehr aus dem Haus getraut. Hätten Sie oder der Vater das Haus verlassen, hätten die Kinder „Angstzustände“ bekommen. Selbst eine Polizeiwache vor der Tür habe der älteren Tochter Klara in der ersten Zeit nicht die Angst nehmen können.

Bis in den Frühling vergangenen Jahres hinein sei Klara regelmäßig bis zwei Uhr nachts wach geblieben, erzählte die Dänin. Erst danach habe sie das Gefühl gehabt, sich schlafen legen zu können, weil die verbleibende Nachtzeit für Entführer zu kurz wäre.

Der Sohn Theo habe Angst vor Männern, besonders mit dunklem Teint. Er halte es nicht aus, bei Flutlicht auf dem Fußballplatz zu trainieren, aus Angst, beobachtet zu werden. Die ganze Familie habe seit der Entführung Albträume. „Das geht nie weg“, befürchtet H.

Die Richterin befragte sie intensiv nach dem, was ihr die Kinder von den Umständen der Entführung erzählt hätten. Demnach wurden die Kinder mit Klebeband gefesselt und zum Schweigen gebracht. Sie hätten Todesangst ausgestanden. In einem Auto mit abgeklebten Scheiben seien sie zu einem Bauernhof mit Lamas gebracht worden. Dort habe ihnen eine Frau versichert: „Das ist keine Entführung.“ Auf dem Hof seien sie von ihrer Mutter abgeholt worden.

Der Prozess läuft schon seit Juli. Angeklagt wegen der Entführung ist neben Christina Block, der Tochter des „Block House“-Gründers Eugen Block, deren Lebensgefährte Gerhard Delling, ehemals Fußballmoderator. Neben ehemaligen israelischen Agenten könnten weitere Geheimdienstler ihre Finger im Spiel gehabt haben.

So veranstaltete die Staatsanwaltschaft im September eine Razzia bei August Hanning, dem ehemaligen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND). Er soll, so der Verdacht, an einem gescheiterten Entführungsversuch und an einem Versuch, Hensel mit Pädophilievorwürfen zu verleumden, beteiligt gewesen sein.

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