Ludwig-Erhard-Gipfel: Wolfram Weimer will nicht mehr mitverdienen
Der Kulturstaatssekretär gibt seinen Anteil an der Firma ab, die den Gipfel ausrichtet. Eine Transparenzinitative sieht das als richtigen Schritt.
Die Aussage von Katherina Reiche hatte im Mai noch für freudiges Gelächter beim Ludwig-Erhard-Gipfel gesorgt. „Wenn Sie hier elfmal durchhalten, werden Sie Bundeswirtschaftsminister“, sagte die CDU-Politikerin unter Applaus in den vollen Saal. Sie bezeichnete sich selbst als „Wiedergängerin“ der von der Weimer Media Group ausgerichteten Konferenz. Die ehemalige Geschäftsführerin der Westenergie war dort in der Vergangenheit als Unternehmerin zu Gast, nun erwies sie dem Forum die Ehre ihrer ersten öffentlichen Rede als Wirtschaftsministerin.
Angesichts der nun kritisierten Nähe zwischen der Berliner Politik und der privaten Konferenz erscheint die Aussage Reiches in einem anderen Licht. Die Wirtschaftsministerin ließ am Mittwoch über eine Sprecherin mitteilen, dass sie für die kommende Ausgabe des Wirtschaftsgipfels nicht zur Verfügung stehe. Der Ludwig-Erhard-Gipfel listet Reiche dagegen auf seiner Webseite weiterhin als Teilnehmerin.
Es war die rechte Plattform Apollo News, die massive Vorwürfe der Einflussnahme und Interessenskollision in Zusammenhang mit dem Ludwig-Erhard-Gipfel erhoben hatte und seitdem eine regelrechte Kampagne gegen den konservativen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer fährt. Eine von ihm mitgegründete Firma ist Ausrichterin der Wirtschaftskonferenz. Wegen des anhaltenden Drucks gab Weimer am Donnerstag bekannt, seine Anteile an der Weimer Media Group an einen Treuhänder zu übergeben.
Die Zeit hatte die Recherchen der rechten Plattform bestätigt. Den Berichten zufolge soll die Weimer Media Group für Zehntausende Euro Eintrittskarten zum Erhard-Gipfel verkauft haben, mit denen unter anderem Wirtschaftsvertreter*innen exklusiven Zugang zu Minister*innen angeboten worden sein sollen.
Weimer bestreitet die Vorwürfe
Demnach belief sich der Preis der teuersten Sponsoringpakete auf etwa 100.000 Euro. Die Zeit zitiert aus der Werbung des Unternehmens, wonach Premiumkunden angeblich „Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger“ sowie „die öffentliche Meinungsbildung“ versprochen wurde.
Wolfram Weimer wies die Vorwürfe eines Interessenskonfliktes zurück. Die Anschuldigung, er verkaufe „Einfluss auf politische Entscheidungsträger“, sei „schlicht eine Lüge, gegen die ich mich juristisch zur Wehr setzen werde“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sein Anwalt Christian Schertz teilte mit, dass Weimer jegliche „operative Funktion“ in der Media Group vor seinem Amtsantritt als Staatsminister niedergelegt habe.
Doch Weimer stand weiterhin in der Kritik. Seine Frau Christiane Goetz-Weimer und er hielten bis zuletzt Unternehmensanteile von jeweils 50 Prozent. Damit hätte Wolfram Weimer an der Ausrichtung des Erhard-Gipfels weiter mitverdient.
Damit soll nun Schluss sein: Der Staatsminister teilte mit, auf jegliche Gewinnausschüttung, auch für das laufende Geschäftsjahr, zu verzichten. Bis zum Jahresende soll auch die Übergabe seines Firmenanteils an einen Treuhänder vollzogen sein. „Ich vollziehe diese Trennung allein, um jeglichen Anschein eines Interessenkonflikts zu vermeiden, der indes tatsächlich nie bestanden hat“, erklärte Weimer.
„Keimzelle der neuen Bundesregierung“
Angesichts der Vorwürfe prüfte die bayerische Staatsregierung, ob die Veranstaltung weiter staatliche Unterstützung bekommen soll. 2025 hatte die Konferenz eine öffentliche Förderung von 165.000 Euro erhalten. Christiane Goetz-Weimer gab außerdem bekannt, zunächst auf die Annahme des Bayerischen Verfassungsordens zu verzichten, den sie am 4. Dezember entgegennehmen sollte.
Goetz-Weimer hatte sich im April noch durchaus selbstbewusst über die Bedeutung des Wirtschaftsgipfels gezeigt. „Der Ludwig-Erhard-Gipfel ist quasi die Keimzelle der neuen Bundesregierung. Hier, abseits des kalten politischen Berlins, sind sich Lars Klingbeil und Friedrich Merz auf andere Weise begegnet“, hatte sie damals dem Münchner Merkur gesagt.
Die Organisation Abgeordnetenwatch sieht in der Übertragung von Weimers Firmenanteilen einen Schritt in die richtige Richtung. „Es ist richtig und wichtig, dass das passiert“, sagte Sarah Schönewolf von der Vereinigung der taz. Allein der Verdacht des Interessenkonflikts habe schon großen Schaden angerichtet. „So was darf nicht erst auf öffentlichen Druck passieren“, sagte sie.
Auf der Webseite des Erhard-Gipfels werden für die kommende Ausgabe Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU), Landwirtschaftsminister Alois Rainer (ebenfalls CSU) und Kanzleramtsminister Thorsten Frei als Teilnehmer*innen genannt. Alle Ministerien erklärten am Mittwoch, für eine „Executive Night“ nicht zur Verfügung zu stehen.
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