piwik no script img

Wärmepumpenhersteller in NiedersachsenSorge um die nächste Heizungsdebatte

Beim Wärmepumpenhersteller Stiebel Eltron in Holzminden betrachtet man die Vorstöße von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) mit Stirnrunzeln.

Sowas wie der Vater der Wärmepumpe: Ex-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu Besuch bei Stiebel Eltron 2024 Foto: Swen Pförtner/dpa
Nadine Conti

Aus Holzminden

Nadine Conti

Im niedersächsischen Holzminden sitzt einer von Deutschlands führenden Wärmepumpenherstellern: Stiebel Eltron. Das mittelständische Unternehmen entwickelt und produziert schon seit 50 Jahren Wärmepumpen.

Und eigentlich redet der aktuelle Geschäftsführer Dr. Kai Schiefelbein, Typ freundlicher Nerd, am liebsten darüber, was sie hier für tolle Produkte machen und wie viele Patente sie dafür wieder angemeldet haben.

Doch die Zeiten sind nicht so. Mit einiger Sorge blicken er und seine Mitarbeiter nach Berlin, wo sich – mal wieder – eine Debatte um das sogenannte Heizungsgesetz (eigentlich: Gebäudeenergiegesetz) entspinnt.

Deshalb haben in diesen Tagen die beiden Landesverbände Erneuerbare Energien (LEE) aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zum Pressegespräch und zur Werksbesichtigung bei Stiebel Eltron eingeladen: Um sich gemeinsam gegen die Rolle rückwärts bei der Wärmewende zu stemmen.

Das Heizungsgesetz gilt allgemein als Robert Habecks größter Murks – auch wenn sie das bei Stiebel Eltron etwas anders sehen.

Das Heizungsgesetz gilt allgemein als Robert Habecks größter Murks – auch wenn sie das hier bei Stiebel Eltron etwas anders sehen. Schon im Wahlkampf versprach die Union vollmundig, es wieder abzuschaffen, jüngst machte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) von sich reden, weil sie andeutete, die Förderung für den Heizungstausch zusammenstreichen zu wollen und den angeblichen „Zwang zur Wärmepumpe“ abzuschaffen.

Dabei hat die Branche gerade schon einen brutalen Absatzeinbruch hinter sich. Allein bei Stiebel Eltron hat dieser über alle Standorte hinweg fast 1.000 Mitarbeiter den Job gekostet. Das ist schmerzhaft für einen Mittelständler wie Stiebel Eltron – denn so leicht bekommt man an Standorten wie Holzminden auch kein qualifiziertes Personal. „Zum Glück konnten wir etliche Mitarbeiter schon ein Jahr später wiedereinstellen und ich war sehr froh, dass die dann auch bereitwillig zu uns zurückgekehrt sind“, sagt Schiefelbein.

Achterbahnfahrt – nicht nur wegen der deutschen Politik

Die Achterbahnfahrt hat allerdings nicht ausschließlich die deutsche Politik verbockt. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und dem damit verbundenen Gaspreisschock war der Absatz von Wärmepumpen rasant angestiegen – weil viele glaubten, sie könnten sich das Heizen sonst überhaupt nicht mehr leisten.

Auch bei Stiebel Eltron wurde daraufhin die Produktion hochgefahren und zusätzliches Personal eingestellt. Dann kamen mehrere ungünstige Entwicklungen zusammen: Der Gaspreis erholte sich, die Baukonjunktur brach aufgrund der Zinsentwicklung ein, die Inflation sorgte dafür, dass sich viele Menschen größere Investitionen erst einmal verkniffen.

Theoretisch könnte man sich hier jetzt auf eine Art Normalisierung einstellen: An der Wärmewende mittels Elektrifizierung führt eigentlich kein Weg vorbei, die wenigen Alternativen (Pelletheizungen, Biomasse, Fernwärme, Wasserstoff) sind längst nicht für jeden verfügbar oder finanzierbar und damit auch nicht Massenmarkt-tauglich.

Im ersten Halbjahr 2025 hat die Wärmepumpe erstmals die Gasheizung als beliebtesten Wärmeerzeuger abgelöst, sagt Schiefelbein mit einem Verweis auf die Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie und des Bundesverbands Wärmepumpe.

47 Prozent betrug der Marktanteil der Wärmepumpe, 44,7 Prozent bei den Gas-basierten Heizungen. Das, hatte man gehofft, könnte jetzt doch eigentlich so weitergehen. Vor allem, weil nun endlich auch in weiteren Teilen der Bevölkerung und des Fachhandwerkes angekommen zu sein scheint, dass Wärmepumpen durchaus auch ältere Häuser beheizen können und nicht nur Neubauten.

Die Debatte um die staatliche Förderung kommt für die Wärmepumpenhersteller vor allem deshalb zur Unzeit, weil sie erneut Verunsicherung und Investitionszurückhaltungen schürt. Man könne, sagt Schiefelbein, da ja gerne noch einmal über die Ausgestaltung reden – er persönlich würde auch eine stärkere soziale Staffelung für wünschenswert halten.

Aber die Konversion grundsätzlich infrage zu stellen, sei eben irrsinnig. Noch habe man in Deutschland die größte Heizungsindustrie Europas. Wenn man die kaputtgehen ließe, verliere man nicht nur Arbeitsplätze und Know-how, sondern auch Unabhängigkeit und Datensouveränität.

Die Frage sei also weniger, ob die Elektrifizierung des Heizungsmarktes kommt, sondern eher, ob deutsche Hersteller dabei dann noch eine Rolle spielen oder nicht. Denn die chinesische Regierung hat ja längst zum Angriff auf diesem Sektor geblasen. Möglicherweise sollte man eher über eine „Made in Europe“-Komponente nachdenken – und darüber, wie man die Stromkosten auch für den Endverbraucher reduzieren könnte.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare