„Friedensplan“ der USA: Gemischte Reaktionen aus der Ukraine
Der ukrainische Präsident Selenskyj lobt die Friedensbemühungen der USA. Zur Beteiligung des Chefs seines Sicherheitsrats am Plan gibt es widersprüchliche Angaben.
Nur wenige Stunden nach seinem Treffen mit Daniel Driscoll, dem Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium, der dem ukrainischen Präsidenten den 28-Punkte-Plan von Präsident Donald Trump zur Beendigung des Krieges in der Ukraine schriftlich mitgebracht hatte, wandte sich Wolodymyr Selenskyj an die Öffentlichkeit. Er berichtet, dass die amerikanische Seite ihre Vorschläge und ihre Vision einer Beendigung des Krieges mitgebracht habe.
Zentrale Message: nichts sei der Ukraine wichtiger als ein Frieden. „Seit den ersten Tagen des Krieges vertreten wir eine ganz einfache Position: Die Ukraine braucht Frieden. Und zwar echten Frieden – einen Frieden, der auch durch eine dritte Invasion nicht zerstört werden kann. Einen würdigen Frieden – dessen Bedingungen unsere Unabhängigkeit, unsere Souveränität und die Würde des ukrainischen Volkes respektieren“, zitiert das Portal des ukrainischen Präsidialamtes den Präsidenten.
Man habe sich darauf geeinigt, an diesen Vorschlägen weiterzuarbeiten, damit alles wirklich substanziell werde. Man werde keine scharfen öffentlichen Erklärungen abgeben. Nun würden sich die Ukraine, die Vereinigten Staaten sowie ihre Freunde und Partner in Europa und der ganzen Welt auf eine klare und ehrliche Arbeit einstellen, so Selenskyj.
Gleichzeitig lobte er Amerika, dessen Stärke und Hilfe den Frieden näher bringen könne und dessen Unterstützung man nicht verlieren möchte. Im Gegensatz dazu sei bei Russland kein Interesse an einem Frieden erkennbar. Priorität Nummer eins sei der konstruktive und diplomatische Dialog mit Amerika und allen Partnern.
Ukraine hat „unverrückbare rote Linien“
Mit dem Einmarsch im 24. Februar 2022 begann der groß angelegte russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Bereits im März 2014 erfolgte die Annexion der Krim, kurz darauf entbrannte der Konflikt in den ostukrainischen Gebieten.
Es waren sehr diplomatische Worte des ukrainischen Präsidenten, der deutlich machte, wie wichtig ihm die Beziehungen zu den USA seien – und gleichzeitig auch nicht verbarg, dass man an den vorgelegten Punkten wohl noch etwas nacharbeiten müsse.
Deutlich klarer äußerte sich die stellvertretende ständige Vertreterin der Ukraine bei den Vereinten Nationen, Khrystyna Hayovyshyn. Während einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats erklärte sie, die Ukraine sei bereit, konstruktiv an dem Friedensplan zu arbeiten, dessen Entwurf man von den USA erhalten habe.
„Das Streben nach Frieden war von Anfang an die Position der Ukraine seit dem Beginn der groß angelegten Invasion“, sagte die Diplomatin. Jede russische Rakete zeige indes, dass Moskau auf Eskalation statt auf Dialog setze. Für die Ukraine gebe es unverrückbare rote Linien.
Die Ukraine werde niemals offiziell oder auf andere Weise Gebiete anerkennen, die vorübergehend von der Russischen Föderation besetzt sind. Einschränkungen des Rechtes auf Selbstverteidigung und des Rechts, Bündnisse zu wählen, werden nicht hingenommen. Grundprinzip jedes echten Friedensprozesses müsse sein: „Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine, nichts über Europa ohne Europa.“
Wesentlich optimistischer äußerte sich Julie D. Fisher, seit Mai dieses Jahres US-amerikanische Chargé d'Affaires in Kyjiw. „Wir hatten heute äußerst konstruktive Gespräche mit der ukrainischen Führung – alle teilen die Vision von US-Präsident Donald Trump hinsichtlich der Beendigung dieses Krieges“, zitiert das Portal strana.news die Diplomatin.
Widersprüchliches zu ukrainischer Beteiligung
Unterdessen gibt es widersprüchliche Meldungen über die Rolle von Rustem Umerow, Ex-Verteidigungsminister und Chef des ukrainischen Sicherheitsrates, beim Zustandekommen des US-amerikanischen Friedensplans. Umerow war am Donnerstag von einer Auslandsreise in mehrere Länder nach Kyjiw zurückgekehrt.
In der New York Post berichtet die Journalistin Caitlin Doornbos, hochrangige US-Beamte hätten mitgeteilt, dass Umerow bei Gesprächen mit US-Unterhändler Steve Witkoff in Miami „positives Feedback“ zu dem Plan gegeben habe. „Der Plan wurde unmittelbar nach Gesprächen mit einem der ranghöchsten Mitglieder der Regierung Selenskyjs, Umerow, ausgearbeitet“, zitiert Caitlin Doornbos den US-Beamten. „Umerow stimmte dem Großteil dieses Plans zu und nahm einige Änderungen daran vor, die wir einarbeiteten und Präsident Selenskyj vorlegten“, so der US-Beamte in dem Artikel der New York Post.
Rustem Umerov widerspricht dieser Version, er habe den Großteil der von den USA vorgeschlagenen Friedenspunkte mit Russland akzeptiert. „Während meiner Reise in die Vereinigten Staaten war meine Aufgabe rein technischer Natur – die Organisation von Treffen und die Vorbereitung für einen Dialog. Ich habe keinerlei Bewertungen abgegeben und schon gar keine Zustimmung zu irgendwelchen Punkten erteilt. Das liegt nicht in meinem Zuständigkeitsbereich und entspricht auch nicht dem vorgesehenen Verfahren“, erklärte Umerov auf Telegram.
Medienberichte über seine angebliche ‚Zustimmungen‘ oder ‚Streichungen von Punkten‘ haben mit der Realität nichts zu tun, so Umerov.
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