piwik no script img

Friedensdiplomatie für SudanWarlord stimmt „Friedensplan“ zu

Die für brutale Kriegsverbrechen verantwortliche RSF-Miliz stellt sich hinter einen Plan der USA. Aus Kalkül: Sudans Regierung lehnt den Plan ab.

Gibt sich friedensbereit: General Hametti von den RSF-Milizen Foto: Samir Bol/reuters

In Sudan steigt die Hoffnung auf ein zumindest vorübergehendes und teilweises Abflauen der brutalen Kämpfe zwischen der regierenden Armee und der aufständischen Miliz RSF (Rapid Support Forces). RSF-Führer Mohamed Hamdan Daglo, genannt Hametti, verkündete am späten Montag eine „humanitären Feuerpause“ für drei Monate. „Aufgrund unserer nationalen Verantwortung und der laufenden internationalen Bemühungen, an erster Stelle unter Führung von US-Präsident Donald Trump“, so Hametti in einer Videobotschaft, „verkünden wir als Erstes eine Feuerpause, einschließlich der Einstellung von Kampfhandlungen für drei Monate“.

Die Feuerpause solle „den Schutz von Zivilisten verstärken, Hilfslieferungen erleichtern und einen Hoffnungsschimmer für ein Kriegsende anbieten“, so der RSF-Führer, dessen Miliz für brutale Verbrechen an Sudans Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht wird. Es müsse nun Druck auf „die andere Kriegspartei“ ausgeübt werden, „auf diesen Schritt positiv zu reagieren“.

Ich hatte das nicht auf dem Schirm. Seine Majestät möchte, dass ich etwas unternehme.

Trump nach einem Treffen mit dem saudischen Kronprinzen Bin Salman

Was genau das bedeutet, blieb am Dienstag unklar. Ein Sprecher der politischen Allianz „Tasis“ um die RSF erklärte, die Waffen würden erst schweigen, wenn Sudans Armee ebenfalls zustimme. Regierungsnahe Medien meldeten am Dienstag fortgesetzte Angriffe der RSF auf Armeestellungen in der Provinz West-Kordofan.

Die Forderung nach einer „humanitären Feuerpause“ für drei Monate ist zentrales Element eines Sudan-Friedensplans, den die Regierung von US-Präsident Donald Trump zusammen mit arabischen Ländern ausgearbeitet hat. Die Feuerpause soll zunächst „schnellen, sicheren und ungehinderten“ Zugang für humanitäre Hilfe ermöglichen. Wenn sie hält, soll sie unbefristet gelten und ein „inklusiver und transparenter Übergangsprozess“ beginnen, der innerhalb von neun Monaten „die Wünsche des sudanesischen Volkes nach der reibungslosen Einsetzung einer unabhängigen, zivil geführten Regierung erfüllen“ soll.

Männeregotrip mit blutigen Folgen

So soll nach US-Vorstellung einer der brutalsten Kriege der Welt enden, der im April 2023 begonnen hatte, als die paramilitärische RSF-Miliz, bis dahin die Grenzschutztruppe in Sudans Sicherheitsapparat, in den Aufstand gegen Sudans Militärregierung trat, um ihre geplante Auflösung zu verhindern. RSF-Anführer General Hametti war bis dahin Vizepräsident unter Staats- und Armeechef Abdelfattah al-Burhan gewesen; nun bekämpfen sich die beiden mächtigsten Warlords in Sudan bis aufs Blut.

Ihr Krieg hat Millionen von Menschen in die Flucht getrieben, vermutlich Hunderttausende Zivilisten getötet und die größte humanitäre Katastrophe der Welt ausgelöst – in zahlreichen Landstrichen herrscht nach UN-Definition Hungersnot.

Der US-Friedensvorschlag wurde am 12. September in Washington in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister der USA, Ägyptens, Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate vorgestellt. Die vier Länder bilden das sogenannte „Quad“, mit Ägypten und Saudi-Arabien als wichtigsten Verbündeten von Sudans Militärregierung und den Emiraten als engster Verbündeter der RSF. Trumps Schwager und Sondergesandter Massad Boulos hat bei mehreren Reisen in die Region Ergänzungsvorschläge ausgearbeitet.

Zunächst blieb das folgenlos. Aber mit der RSF-Einnahme von El Fasher, der letzten noch nicht von ihr eroberten Großstadt in Sudans Westregion Darfur, änderte sich Ende Oktober das Kalkül.

Plötzlich „total wichtig“

Der RSF-Triumph in der einstigen Millionenstadt nach anderthalb Jahren Belagerung war nicht nur eine Schmach für Sudans Armee, die nun vollständig die Kontrolle über Darfur verloren hat. Die RSF konnte auch ihre Stärke und Straflosigkeit unter Beweis stellen: Sie beging ungehindert und öffentlich massive Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung in El Fasher und im Umland; von bis zu 250.000 Menschen ist nach Angaben von Hilfswerken bis heute der Verbleib unklar.

In Siegerpose verkündete die RSF am 6. November ihre Annahme des US-Friedensplans. Sie sieht darin die Chance auf ein Ende der amtierenden Militärregierung von General Burhan. Genau aus diesem Grund lehnt Sudans Regierung die US-Pläne vehement lab. Am Sonntag schimpfte Staats- und Armeechef Burhan, das sei der schlechteste Plan, den er je gesehen habe. Dass RSF-Führer Hametti einen Tag später den US-Plan begrüßte und seine Bereitschaft zur Feuerpause unterstrich, war ein konsequenter diplomatischer Schachzug.

Jetzt richten sich alle Augen auf US-Präsident Donald Trump, der vergangene Woche die Sudan-Diplomatie zur Chefsache machte. Bei einem Besuch des saudischen Kronprinzen Mohamed Bin Salman am vergangenen Dienstag im Weißen Haus ließ sich Trump nach eigenen Angaben ausführlich Sudan erklären und fand das dann plötzlich total wichtig.

„Ich hatte das nicht auf dem Schirm“, sagte Trump nach dem Treffen, aber „Seine Majestät möchte, dass ich etwas unternehme.“ Er fügte hinzu, während der Kronprinz neben ihm saß: „Ich dachte, das war bloß verrückt und außer Kontrolle. Aber ich sehe, wie wichtig Ihnen und vielen Ihrer Freunde hier im Raum Sudan ist, und wir werden anfangen, in Sudan zu arbeiten.“

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare