US-Positionen in Ukraine-Verhandlungen: Republikaner streiten über Ukraine-Plan
Der US-Sondergesandte Witkoff soll kommende Woche nach Moskau reisen. In einem Telefonat gab er der russischen Seite wohl Tipps zum Umgang mit Trump.
Immerhin der US-Präsident ist optimistisch. Donald Trump sieht in den andauernden Verhandlungen über ein mögliches Ende des Ukrainekrieges nur noch „wenige strittige Punkte“. Während Außenminister Marco Rubio mit Vertretern der Ukraine und der europäischen Staaten in Genf eine Revision des ursprünglichen 28-Punkte-Plans vornahm, kündigte Trump an, seinen Sondergesandten Steve Witkoff kommende Woche nach Russland zu schicken. Der Kreml bestätigte ein geplantes Treffen.
Ein neuer Medienbericht wirft derweil Licht auf die Rolle Witkoffs, der den ursprünglich russlandfreundlichen 28-Punkte-Plan ausgehandelt hatte. Das Nachrichtenportal Bloomberg veröffentlichte nun das Transkript eines Telefonats von Mitte Oktober zwischen Witkoff und Juri Uschakow, Wladimir Putins höchstem außenpolitischen Berater.
Darin ist nachzulesen, wie Witkoff Uschakow Tipps gibt, wie Putin sich Trump gegenüber verhalten solle, etwa dass er ihn als „Mann des Friedens“ loben solle. Ferner meinte Witkoff, er habe Trump gegenüber seine Einschätzung geäußert, „dass die Russische Föderation immer einen Friedensdeal gewollt hat“. Er wisse, was es für einen Frieden brauche, sagt der US-Sondergesandte in dem Telefonat, und bringt ukrainische Gebietsabtretungen ins Spiel – „Donezk und vielleicht ein Landtausch irgendwo“. Witkoff reiste in der Vergangenheit bereits mehrmals nach Moskau, um sich mit Putin zu treffen.
Der US-Präsident verteidigte seinen Sondergesandten mit Blick auf das Telefonat. „Das ist eine normale Sache“, antwortete Trump auf die Frage einer Reporterin. Die Nähe Witkoffs zu Russland ist dabei kein Geheimnis. Dieser machte sich wiederholt öffentlich auch die offiziellen russischen Erzählungen zum Krieg in der Ukraine zu eigen.
Trump selbst tat kund, er würde sich gerne bald mit Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen. Aber nur, wenn ein Abkommen erzielt worden sei oder die Verhandlungen sich in der Schlussphase befänden.
Ob es dazu kommen wird, ist allerdings fraglich. Der in der vergangenen Woche geleakte 28-Punkte-Plan, der extrem russlandfreundlich gestaltet war, wurde mittlerweile in Genf von US-amerikanischen, ukrainischen und europäischen Verhandlern revidiert. Übrig geblieben sind nur noch 19 Punkte, wobei einige der strittigen Aspekte – eine internationale Anerkennung der von Russland besetzten Gebiete oder Beschränkungen bei der Bündniswahl der Ukraine – vom Tisch sind. Unklar ist, ob Putin auf dieser Grundlage verhandeln will. Das soll Witkoff kommende Woche in Moskau ausloten.
Streit unter Rechten
Das gegenwärtige Tauziehen um die Verhandlungen legt auch die Konflikte innerhalb der US-Regierung und der Republikanischen Partei offen. Neben Witkoff, der besonders enge Beziehungen nach Moskau unterhält, steht auch Vizepräsident J. D. Vance auf der Seite der America-first-Nationalisten, die die Ukraine lieber heute als morgen für einen wie auch immer gearteten „Frieden“ opfern würden.
Am Dienstag griff der republikanische Senator Mitch McConnell Vance öffentlich auf der Plattform X an. „Ein Deal, der Aggression belohnt, wäre das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde“, schrieb McConnell an den Vizepräsidenten gerichtet. Die USA seien in dem Krieg kein neutraler Vermittler. Zuvor hatte Vance dem Senator einen „lächerlichen Angriff“ auf den sogenannten Friedensplan vorgeworfen.
Als Vance und Trump den ukrainischen Präsidenten Selenskyj Anfang des Jahres im Oval Office vor laufenden Kameras demütigten, saß auch Marco Rubio im Raum – wobei ihm sein Unmut im Gesicht abzulesen war. Rubio ist Außenminister und Nationaler Sicherheitsberater in Personalunion und hat somit großen Einfluss in der Außenpolitik.
Während er sich öffentlich mit Kritik an Trump und Vance zurückhalten muss, gilt der eher neokonservative Rubio als einflussreichster Fürsprecher der Ukraine in der Regierung. Er war es, der offenbar andeutete, das am letzten Mittwoch geleakte Dokument sei ein russischer Plan gewesen, bevor er öffentlich beteuerte, es handele sich doch um ein US-Dokument, wenn auch nur um einen Vorschlag. Bei den jüngsten Verhandlungen in Genf sorgte Rubio dafür, dass die Interessen der Ukraine in dem überarbeiteten Papier zur Geltung kommen. Ob ein Ende von Russlands Angriffskrieg damit näher gerückt ist, bleibt zweifelhaft.
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