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Nach X-Software-UpdateViele rechte X-Profile sitzen im Ausland

Auf X sieht man jetzt, wo ein Account sitzt. Pro-Trump-Accounts finden sich oft außerhalb der USA. Und es gibt weitere Überraschungen.

Will Transparenz demonstrieren: die Social-Media-Plattform X Foto: Christopher Tamcke/imago

Die Social-Media-Plattform X hat es vor wenigen Tagen mit einem Software-Update möglich gemacht, zu prüfen, in welchem Land ein Profil mutmaßlich betrieben wird. Damit soll die Authentizität von Inhalten für Nutzer:innen leichter überprüfbar werden, schreibt X-Produktchef Nikita Bier auf der Plattform.

Die Standortinformation lässt sich einfach im jeweiligen Profil abrufen. In welcher Region ein Account betrieben wird, solle demnach durch die Analyse von IP-Adressen, Log-in-Informationen, Spracheinstellungen und Gerätenutzung erfolgen. So solle mehr Transparenz entstehen und etwaige politische Einflussnahme leichter erkennbar werden.

Wie CNN berichtet, hat sich nach dem Software-Update gezeigt, dass auffällig viele Profile, die Donald Trump oder der MAGA-Bewegung nahestehen, nicht aus den USA betrieben werden. Ein Trump-Fanprofil, das sich „FanTrump Army“ nennt, mit fast 600.000 Followern werde demnach in Südasien betrieben.

Das ZDF berichtete am Sonntag, dass ein Account, der sich als Ehemann der Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, ausgibt, aus Nigeria betrieben werde. Mittlerweile weist das Profil den Standort Großbritannien auf.

Alles kann gefälscht sein

Fake-Accounts, deren Zweck die politische Einflussnahme in anderen Ländern ist, sind ein globales Phänomen: Die BBC hat berichtet, eine Reihe von Profilen entdeckt zu haben, die vorgeben aus Schottland zu stammen und fast ausschließlich Beiträge zugunsten der schottischen Unabhängigkeit veröffentlichen. Den Standortdaten von X zufolge wurde bei diesen Konten jedoch über die Android-App im Iran auf X zugegriffen. Unter „Standort“ sei bei den Profilen jedoch die Niederlande angezeigt worden.

Mit Blick auf den Krieg in Gaza hat die neue X-Funktion für Aufregung gesorgt. Das israelische Außenministerium griff einen Bericht der rechten Boulevardzeitung "New York Post" darüber auf, dass viele Accounts sich als Palästinenser:innen ausgäben und sich Spendengelder erschleichen würden. Auf X kommentierte das Ministerium, die "Gaza-Lüge" sei damit aufgedeckt.

Im gleichen Zug behauptete das Ministerium, dass der Account des palästinensischen Journalisten Motasem Dalloul ein Fake sei. X habe Polen als dessen Standort angegeben. Für das israelische Ministerium stellte das einen Beweis dar. Dalloul wurde dafür massiv angegriffen und reagierte mit einem Selfie-Video, das ihn in einem Zeltlager in Gaza zeigt. Zum Zeitpunkt, als dieser Text entsteht, zeigt X an, Dalloul befinde sich in Gaza."Die Anomalie bei einigen Konten mit Sitz in Gaza könnte auf die Zerstörung der Internetinfrastruktur in Gaza zurückzuführen sein", schreibt eine Journalistin von "Middle East Eye". Viele Menschen im Gazastreifen seien für ihre Internetverbindung auf gespendete eSIMs angewiesen, von denen einige über Europa geleitet würden.

„Mittlerweile sollten die meisten von uns wissen, dass alles im Internet gefälscht sein kann“, sagte Donie O’Sullivan, leitender Korrespondent bei CNN, am Montag. „Oft sind es die Accounts, die sich am amerikanischsten geben, die es nicht sind.“ Ein weiteres Problem hierbei sei, dass der blaue Haken als Symbol für auf Echtheit geprüfte Accounts seit Elon Musks Übernahme von X einfach gekauft werden kann.

X-Produktchef Bier schrieb noch am Montag auf der Plattform, die Software sei „zu fast 99,99 Prozent zuverlässig“. Verlässlich sind die Standortinformationen bei X jedoch offensichtlich nicht. Mit Programmen wie VPNs oder Proxys lässt sich der Aufenthalt anderswo vortäuschen. X arbeite derzeit an weiteren Maßnahmen, um die „Integrität des globalen Marktplatzes zu schützen“, schrieb Bier.

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