BGH-Verhandlung über rechte Schläger: Knockout 51 in Karlsruhe
Die Bundesanwaltschaft hofft noch auf eine Einstufung der Nazi-Kampfsportgruppe als terroristische Vereinigung - wird aber wohl enttäuscht werden.
War die rechtsextremistische Kampfsportgruppe Knockout 51 eine terroristische Vereinigung? Das Oberlandesgericht Jena hatte dies verneint. Deshalb ging die Bundesanwaltschaft in Revision, über die jetzt der Bundesgerichtshof verhandelte.
Knockout 51 war eine 2019 gegründete Kampfsportgruppe für Rechtsextremisten. Sie versuchte, mit Gewalt gegen Linke, Polizisten und Junkies in Eisenach-West einen "Nazi-Kiez" zu etablieren. Im April 2022 wurden mehrere Mitglieder verhaftet. Im April 2025 verurteilte sie das Oberlandesgericht Jena zu Haftstrafen. Leon Ringl, der Gründer und Rädelsführer, wurde zu 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt.
Das OLG Jena stufte Knockout 51 zwar als kriminelle Vereinigung ein; das Ziel sei gewesen, mit Gewalt gegen Linke, Polizisten und "Asoziale" vorzugehen. Dagegen konnte das OLG keine "terroristische Vereinigung", deren Ziel sogar die Tötung politischer Gegner ist, erkennen.
Die Bundesanwaltschaft blieb aber bei ihrer Einschätzung, Knockout 51 habe sich ab Frühjahr 2021 radikalisiert und ab da das Ziel gehabt, Linke auch zu töten. Dazu sollten linke Angriffe provoziert werden, um in vermeintlicher Notwehr zuschlagen zu können. Die Bundesanwaltschaft wollte mit ihrer Revision gegen das Jenaer Urteil erreichen, dass Knockout 51 doch als terroristische Vereinigung eingestuft wird.
In Karlsruhe wies Staatsanwältin Sandra Lücke darauf hin, dass einer der Angeklagten in einem Videospiel ein Antifa-Logo als Zielscheibe nutzte. Er habe auch Gewaltphantasien geäußert, etwa, dass er gerne mit einem Pkw "in 10 bis 15 Zecken" reinfahren würde. "Das sind klare Indizien, dass das Ziel nun die Tötung des politischen Gegners ist", erklärte die Anklägerin. Die Rechtsextremisten hätten auch viel über Notwehr diskutiert, man müsse den Notwehrparagrafen 32 "ausreizen".
Der Anführer Leon Ringl habe zudem an einer halbautomatischen Waffe gebaut und 300 Patronen bestellt. "Das spricht erheblich gegen eine defensive und für eine offensive Ausrichtung der Gruppe", so die Staatsanwältin. Es sei auch lebensfremd, wenn das OLG als Gruppenzweck zwar rechtswidrige Körperverletzungen annehme, bei Tötungsdelikten aber nur von rechtmäßigen (durch Notwehr gedeckten) Taten ausgehe.
Die (nicht anwesenden) Angeklagten wurden durch insgesamt acht Anwälte verteidigt. Steffen Hammer fand, man solle die abgehörten Aussagen der Eisenacher Kampfsportler nicht so ernst nehmen. "Das sind derbe und überzogene Späße unter jungen Männern." Sein Kollege Andreas Wölfel meinte, vieles sei "Prahlerei und Verbalradikalismus".
Außerdem hätten die Mitglieder von Knockout 51 aber auch Grund gehabt, sich gegen die Antifa zu bewaffnen und über Notwehr nachzudenken. Anwalt Hammer verwies auf die (nicht nach ihm benannte) "Hammerbande", die derzeit in Dresden vor Gericht steht und mehrfach die Kneipe von Leon Ringl überfallen habe. Anwalt Benedict Heiermann sagte: "Die hatten alle Angst um ihr Leben."
Es spricht vieles dafür, dass der Bundesgerichtshof am Ende das Urteil des OLG Jena im Kern bestehen lässt. Der Vorsitzende BGH-Richter Jürgen Schäfer verwies darauf, dass sich das OLG-Urteil auf mehr als 50 Seiten mit der Frage beschäftigt, ob eine terroristische Vereinigung vorliegt. Mangelnde Gründlichkeit könne man dem Gericht sicher nicht vorwerfen.
In der Revision geht es nur noch um Rechtsfragen. Die Beweiswürdigung des OLG muss der BGH im Prinzip akzeptieren. Er will sein Urteil am 26. Januar verkünden.
Derzeit läuft vor dem OLG Jena ein Nachfolgeprozess gegen zwei weitere Mitglieder und einen Unterstützer von Knockout 51. Zwei Angeklagte wurden im Oktober aus der U-Haft entlassen.
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