Neue AfD-Jugend und Gegenproteste: Danke, Antifa
Die Proteste in Gießen haben ein starkes Zeichen gesetzt und deutlich gemacht: Die neue AfD-Jugendorganisation repräsentiert nicht die Jugend.
E s ist ein antifaschistischer Erfolg ohne Wenn und Aber: Zehntausende engagierte Menschen haben dafür gesorgt, dass dem extrem rechten Offenbarungseid der Gründung der neuen Höcke-Jugend deutlich widersprochen wurde. Anstatt demokratische Proteste zu delegitimieren, sollte Bundeskanzler Friedrich Merz sich bei allen bedanken, die sich die Nacht um die Ohren gehauen und sich morgens um 6 Uhr im feuchtkalten Gießen auf ihren Hintern gesetzt haben.
Die humorvollen, bunten und friedlichen Protest auf die Beine gestellt haben, der sich sehen lassen kann. Merz sollte wie wir alle sagen: Danke, Antifa! Wenn es mit Blick auf die Proteste was zu kritisieren gibt an diesem Wochenende, dann ist es die vollkommen überzogene Polizeigewalt sowie der Geleitschutz für Rechtsextreme durch die Staatsgewalt.
Es gab Zeiten, da wurden NPD-Versammlungen und extrem rechte Zusammenkünfte und Demos einfach mal abgesagt, wenn eine kritische Masse sich dagegen gestellt hat. Seit wann muss der Staat eigentlich dafür sorgen, dass Rechtsextreme wie Staatsgäste mit Polizeieskorte an einen Versammlungsort transportiert werden? Und stattdessen Leute, die sich gegen die Gründung einer rechtsextremen Kaderjugend stellen, gepfeffert und geprügelt werden? Hier sind die Maßstäbe nicht nur ein bisschen verrutscht.
Die neue AfD-Jugend nennt sich hochtrabend „Generation Deutschland“. Ehrlicher wäre wohl Höcke-Jugend, denn tatsächlich repräsentiert diese Jugendorganisation nicht die Jugend. Es war eine Versammlung extrem rechter Kader mit Rasiermesserscheiteln; Frauen waren nur eine Handvoll zugegen. Die Gegenproteste von besonders vielen jungen Menschen haben gezeigt: Die AfD-Jugend repräsentiert nicht die junge Generation. Wenn man denn generalisieren will: Dann hat der Gegenprotest deutlich gezeigt, dass man eher von einer Generation Antifa sprechen kann als von einer „Generation Deutschland“.
Eigentlich steckt etwa in der Rede des neuen Bundesvorstands der vermeintlichen „Generation Deutschland“, Kevin Dorow, alles drin. Er zitierte Höcke, der vor einigen Monaten den Leitspruch der Hitlerjugend als Motto der neuen Jugendorganisation ausgegeben hatte: „Jugend muss von Jugend geführt werden!“ Es gab revisionistische Redebeiträge zur großartigen 2000-jährigen deutschen Geschichte, rassistische Diskurse zum Bevölkerungsaustausch und verfassungsfeindliche Parolen von „millionenfacher Remigration“.
Es war ein offener Schulterschluss zu extrem rechten Vorfeldorganisationen – mit einem freundlichen Mittelfinger an den Verfassungsschutz. Wenn diese Partei mal verboten wird, ist sie selbst schuld. Auch deswegen sollte man mal als Experiment Leute wie marktradikale Familienunternehmer zwingen, sich den Parteitag von der ersten bis zur letzten Sekunde anzuschauen – und wenn sie dann immer noch mit der AfD reden wollen, können sie das gerne tun. Auf der anderen Seite der Brandmauer.
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