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Leipziger Literaturhaus bedrohtDer Imageschaden wäre groß

Leipzig versteht sich als Stadt des Buches. Ausgerechnet hier könnte es allerdings bald kein Literaturhaus mehr geben. Dabei geht es um wenig Geld.

Das Haus des Buches in Leipzig, hier hat das Literaturhaus seine Räume Foto: Sebastian Willnow/picture alliance

Ende 2027 werden seinem Haus die Mittel ausgehen, sagte Thorsten Ahrend soeben der FAZ. Ahrend leitet das Literaturhaus in Leipzig, einer Stadt also, die mit der Geschichte des Buches stark verbunden ist. Hier wurde ziemlich genau vor 200 Jahren, im April des Jahres 1825, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels ins Leben gerufen.

Da lebte Goethe noch ein paar Jahre, dessen „Faust“ bekanntlich in einer Szene im „Auerbachs Keller“ in Leipzig spielt. Die Geschichte der Leipziger Buchmesse, in der Gegenwart das zentrale Schaufenster der Buchbranche im Frühjahr, in der DDR ein wichtiger Ort des ostwestlichen Austausches, reicht weit bis ins 17. Jahrhundert zurück. Und diese Stadt, die sich aus guten Gründen Stadt des Buches nennt, soll kein Literaturhaus haben? Undenkbar eigentlich. Und doch könnte es so kommen.

Vor knapp 30 Jahren, 1996, wurde das Leipziger Literaturhaus gegründet. Finanziert wurde es bislang – neben den Einnahmen und den Drittmitteln – aus einem Vereinsvermögen, das noch aus Mitteln des Kulturministeriums der DDR stammt. Dieses Geld ist jetzt weitgehend aufgebraucht. Der Trägerverein riskiert eine Klage wegen Insolvenzverschleppung, wenn es die Räume des Literaturhauses im Leipziger Haus des Buches nicht kündigen würde, so Thorsten Ahrend.

Der Imageschaden für Leipzig wäre beträchtlich

Stephanie Jacobs, Direktorin des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig und zugleich erste Vorsitzende des Leipziger Literaturhauses, sagt dem Börsenblatt: „Nur dank eines sehr sparsamen Einsatzes der anvertrauten Gelder und einer so intensiven wie erfolgreichen Einwerbung von Drittmitteln konnte das Vermögen so lange gestreckt werden. Nun ist das Geld alle. Und wir müssen zeitnah den Mietvertrag mit dem Börsenverein kündigen.“ Der Imageschaden für Leipzig, kann man ergänzen, wäre beträchtlich.

Dabei geht es in der Sache um einen Betrag von gerade einmal 205.000 Euro jährlich. Das Literaturhaus hat ein Konzept vorgelegt, mit so einer Förderung die Einrichtung weiterführen zu können; andere Literaturhäuser in Deutschland werden (zum Glück) mit viel größeren Beträgen unterstützt. Sehr viel Geld ist das jedenfalls nicht, zumal nicht bei der langen Tradition, die Leipzig im Buchsektor hat. Das Problem ist, dass Leipzig, wie viele Kommunen in Deutschland, kein Geld hat und sich neue freiwillige Leistungen von der Landesdirektion genehmigen lassen, die dabei sehr restriktiv verfährt.

Die Zwänge sind also groß, aber irgendeine Lösung muss doch möglich sein. Es kann doch gar nicht sein, dass ausgerechnet Leipzig, das auf seine buchhändlerische und literarische Tradition so stolze Leipzig als erste deutsche Stadt ein Literaturhaus wieder schließt! Das kann doch nicht sein. Oder?

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