Versöhnung zwischen Kongo und Ruanda: Trump lädt zur großen Afrika-Friedensgala
Kongos und Ruandas Präsidenten Tshisekedi und Kagame sollen am Donnerstag in Washington Frieden schließen. Aber vor Ort sieht es nach Krieg aus.
Der Donnerstag könnte ein historischer Tag für Afrika werden. Die Präsidenten von Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo, Paul Kagame und Felix Tshisekedi, sollen in Washington im Beisein von US-Präsident Donald Trump sowie der Staatschefs von Angola, Burundi und Kenia als Garantiemächte ein Friedensabkommen unterzeichnen und damit einen Schlussstrich unter 30 Jahre Krieg im Afrika der Großen Seen setzen.
So sieht das jedenfalls Trump, der Kagame und Tshisekedi im Anschluss im Weißen Haus empfangen und sich der Beendigung eines weiteren Krieges rühmen möchte.
Tshisekedi und Kagame trafen beide am MIttwoch in Washington ein. Für den Kongolesen steht bei diesem Abkommen am meisten auf dem Spiel. Der zu beendende Krieg findet in seinem Land statt und seine Armee hat dieses Jahr Niederlage um Niederlage kassiert. Er hat den USA für deren Vermittlerrolle umfangreiche Wirtschaftsversprechen gemacht. So erhalten US-Firmen größeres Gewicht in der Förderung der strategischen Mineralien Kobalt und Lithium. Auch eine US-Rolle in zukünftigen kongolesisch-ruandischen Projekten in Energieversorgung, Straßenbau und Tourismus ist im Gespräch.
Dafür aber muss der Frieden Realität werden, und da hapert es. Im Osten der DR Kongo haben dieses Jahr die von Ruanda unterstützten Tutsi-geführten Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) als bewaffneter Arm der Rebellenkoalition AFC (Allianz des Kongo-Flusses) die beiden größten Städte Goma und Bukavu erobert und in Kongos Kivu-Provinzen ein faktisch autonomes Herrschaftsgebiet aufgebaut, das sie nach UN-Darstellung beständig „konsolidieren und erweitern“. Waffenstillstand gibt es nur auf dem Papier.
Aufrufe zur Vertreibung der Tutsi
Seit einigen Tagen wird heftig in der Provinz Süd-Kivu gekämpft, wo nach Einschätzung von Beobachtern lediglich die Anwesenheit von 10.000 Soldaten aus Burundi auf Seiten von Kongos Armee die Rebellen am Durchmarsch hindert. Die Rebellen stellen auf ihren PR-Kanälen die bevorstehende „Befreiung“ der Großstadt Uvira in Aussicht, wo seit dem Fall von Bukavu die regierungstreue Provinzregierung von Süd-Kivu residiert.
Radikale Milizen in Uvira hatten in den vergangenen Monaten zur Vertreibung aller Tutsi aufgerufen und betreiben gemeinsam mit Burundis Eingreiftruppe die Einkesselung der Minderheit der Banyamulenge-Tutsi auf dem Hochland weiter südlich.
Ruanda und die M23 beschuldigen Kongos Regierung, „Völkermord“ an den Tutsi zu begehen und dafür mit der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zusammenzuarbeiten, die aus den Kräften hervorgegangen ist, die 1994 in Ruanda den Völkermord an den Tutsi verübten und dann nach Kongo flohen.
Die FDLR ist zahlenmäßig klein, aber ihr ideologischer Einfluss ist groß – ihre Aufrufe, Ruanda zu erobern und mit dem Sturz des Tutsi-Präsidenten Kagame das „Problem“ in der Region „an der Wurzel“ zu lösen, finden Widerhall unter kongolesischen Nationalisten. Ehemalige Hutu-Rebellen regieren bereits in Burundi – der überwunden geglaubte Hutu-Tutsi-Konflikt der Region hat sich mit dem Eingreifen Ruandas und Burundis auf gegensätzlichen Seiten in der DR Kongo neu belebt.
Das „irreversible und verifizierbare Ende staatlicher Unterstützung für die FDLR“ ist daher für Ruanda der zentrale Punkt im Friedensabkommen, das die Außenminister beider Länder bereits unterzeichnet haben, am 27. Juni im Weißen Haus. Davon mache Ruanda das Ende seiner „Defensivmaßnahmen“ in der DR Kongo, also seines Eingreifens auf Seiten der M23, abhängig, stellte damals Ruandas Außenminister Olivier Ndurungirehe klar.
„Respekt der Souveränität unseres Landes“
Kongos Regierung hingegen sieht einen Rückzug Ruandas aus der DR Kongo und ein Ende der ruandischen Unterstützung der M23 als Voraussetzung für alle anderen Schritte des Friedensabkommens. „Der Respekt der Abkommen setzt den Respekt der Souveränität unseres Landes, den Rückzug der ruandischen Truppen aus Kongos Staatsgebiet und die Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens voraus“, bekräftigte Tshisekedi am vergangenen Freitag.
Wer muss sich zuerst bewegen? Diese Frage ist im Friedensabkommen von Washington ungeklärt – und momentan bewegt sich niemand. Das gilt auch für den parallelen Friedensprozess zwischen Kongos Regierung und den AFC/M23-Rebellen, die in Katars Hauptstadt Doha am 15. November ein „Rahmenabkommen“ voller Absichtserklärungen schlossen.
Für Kongos Regierung bedeutet Frieden, dass die Rebellen sich gewissermaßen in Luft auflösen, die Autorität des Staates wiederhergestellt wird und ausländische Einmischung endet. Sie betrachtet die AFC/M23 als Marionette Ruandas, die verschwindet, sobald Ruandas Armee aus kongolesischem Gebiet abzieht.
Die Rebellen sehen sich selbst hingegen als eigene Kraft und als alternativen kongolesischen Staat. Sie verlangen grundlegende Reformen, etwa eine Föderalisierung der DR Kongo, als Voraussetzung für ein Ende ihres Kampfes. Gerne erklärt AFC-Führer Corneille Nangaa, nicht die Rebellen würden sich bei Friedensschluss der Regierungsarmee unterordnen, sondern umgekehrt.
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