piwik no script img

Einigung in der EURegeln für Gentechnik werden gelockert

Im Supermarkt müssen genveränderte Lebensmittel zukünftig keine Kennzeichnung mehr tragen. Auch Umweltprüfungen sollen wegfallen.

Mit bloßem ist Auge nicht zu erkennen, ob dieser Main genverändert ist Foto: Sven Kaestner/ap

afp | Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen sollen in der EU künftig in vielen Fällen im Supermarkt keine Kennzeichnung mehr tragen müssen. Vertreter aus dem Europaparlament und dem Rat der 27 EU-Länder einigten sich nach Angaben beider Seiten in der Nacht zum Donnerstag auf Lockerungen der Regeln für den Einsatz von Gentechnik. Die Änderungen sollen dafür sorgen, dass mehr neue Pflanzensorten auf den Markt kommen.

Die Regeln sollen sogenannte Neue Genomische Techniken (NGT) betreffen. Dabei geht es um eine begrenzte Anzahl gentechnischer Eingriffe – etwa durch die „Gen-Schere“ Crispr-Cas -, die nach Einschätzung der EU-Kommission lediglich eine herkömmliche Züchtung beschleunigen. Befürworter erhoffen sich dadurch neue Sorten, die etwa besser mit Dürren zurechtkommen und weniger Dünger benötigen.

Diese Sorten sollen nach Angaben von Teilnehmern beider Seiten nur noch auf dem Saatgut als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden müssen. Außerdem sollen Umweltprüfungen vor der Zulassung wegfallen. Diese sind bisher so aufwendig, dass eine Zulassung so teuer ist und lange dauert, dass sie sich häufig nicht lohnt.

Der vereinbarte Entwurf sieht außerdem vor, dass der Einsatz der neuen Sorten nicht mehr auf jedem Feld nachvollziehbar sein muss. Kritiker befürchten, dass gentechnisch veränderte Pflanzen durch den Wind auch auf Äcker getragen werden könnten, wo sie eigentlich nicht angebaut werden.

Ein Knackpunkt in den Verhandlungen war die Patentierbarkeit der Technologien und Sorten. Eine Mehrheit der Mitgliedsländer setzte nun durch, Patente zuzulassen – anders als etwa bei herkömmlichen Saatgut. Deutschland hatte in den Verhandlungen gewarnt, durch eine solche Regelung könnten sich große Konzerne die Patente sichern, mittelständische Firmen aber leer ausgehen.

Pflanzen mit weitreichenderen gentechnischen Veränderungen unterliegen weiter den alten, strengeren Regeln. Dies gilt auch für Pflanzen, deren Genom auf eine Resistenz gegen bestimmte Unkrautvernichter hin verändert wurde.

Das Europaparlament und der Rat der 27 EU-Länder müssen die Einigung aus der Nacht noch verabschieden. Der Kompromiss entspricht in großen Teilen der Position, die eine Mehrheit der EU-Staaten vereinbart hatte – das Parlament machte hingegen große Zugeständnisse.

Der Grünen-Abgeordnete Martin Häusling, der in seiner Fraktion für das Gesetz zuständig ist, warf der konservativen Verhandlungsführerin Jessica Polfjärd deshalb vor, das Verhandlungsmandat zu übergehen. Eine Mehrheit im Parlament für die Einigung sei voraussichtlich nur mit den Stimmen der Rechtsfraktionen möglich.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare