Nach Kooperation mit rechten Parteien: EU schwächt Waldschutzgesetz ab
Unternehmen sollten eigentlich nachweisen, dass für Produkte in der EU keine Wälder sterben. Die Regeln kommen nun später – und anders.
dpa | Die EU wird ein zentrales Waldschutzgesetz abschwächen und erneut verschieben. Es geht darum zu verhindern, dass für in der EU vertriebene Produkte Wälder gerodet werden. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich damit auf eine Änderung des eigentlich schon 2023 beschlossenen Vorhabens, wie beide Seiten mitteilten. Parlament und EU-Staaten müssen noch formell zustimmen.
Die Verordnung soll Unternehmen dazu verpflichten, den entwaldungsfreien Ursprung bestimmter Produkte wie Kaffee, Kakao, Soja oder Rindfleisch nachzuweisen. Damit sollen Wälder in Europa, aber auch international etwa im Amazonasgebiet vor Abholzung geschützt werden.
Das Vorhaben war noch unter der von Umwelt- und Klimaschutz geprägten ersten Amtszeit von Ursula von der Leyen beschlossen worden. Nach großem Druck aus der Wirtschaft und angesichts neuer Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament wurde es bereits 2024 um ein Jahr verschoben, damals aber noch nicht inhaltlich geändert.
Nun werden die Regeln der sogenannten Entwaldungsverordnung abermals verschoben, für große Unternehmen um ein Jahr und für kleine Unternehmen bis Mitte 2027. Zudem werden die Berichtspflichten für Unternehmen gelockert.
Hunderttausende Hektar mehr zerstörter Wald
Künftig müssen nur noch diejenigen Unternehmen, die ein Produkt erstmals auf den EU-Markt bringen, eine Sorgfaltserklärung abgeben. Händler und nachgelagerte Unternehmen in der Lieferkette sind von dieser Pflicht befreit.
Die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini schätzt, dass die erneute Verschiebung zu hunderttausenden Hektar mehr zerstörtem Wald führen wird. Dabei stehe der Amazonas kurz vor dem Kipppunkt, und die Klima- sowie die Biodiversitätskrise nähmen immer weiter Fahrt auf.
Die Einigung sieht zudem vor, dass Kleinst- und Kleinunternehmen lediglich eine einmalige, vereinfachte Erklärung abgeben müssen, wie das Parlament mitteilte. Nach Angaben der EU-Staaten sind zudem bestimmte Druckerzeugnisse wie Bücher und Zeitungen aus dem Anwendungsbereich der Verordnung gestrichen worden. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber hatte das Gesetz in seiner ursprünglichen Form als „Bürokratiemonster“ bezeichnet.
Als sich das EU-Parlament vergangenen Monat auf seine Verhandlungsposition geeinigt hatte, war diese nur mit Stimmen rechter Parteien mehrheitsfähig. Die konservative EVP-Fraktion um CDU und CSU im EU-Parlament hatte damals ihre Position für eine Abschwächung durchgesetzt.
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