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Versöhnung zwischen Kongo und RuandaFriedensvertrag ohne Frieden

Am Donnerstag haben Kongos und Ruandas Präsidenten in Washington einen Friedensvertrag unterzeichnet. Doch in Kongo geht der Krieg weiter.

Donald Trump, Ruandas Präsident Paul Kagame und der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Felix-Antoine Tshisekedi Foto: Evan Vucci/ap/dpa
Simone Schlindwein

Aus Kampala

Simone Schlindwein

Erst wird die Unterschrift unter das Dokument gesetzt, dann zeigen die drei Staatschefs den Friedensvertrag in die Kameras. Im großen Konferenzsaal im Weißen Haus in Washington wird laut geklatscht. US-Präsident Donald Trump tritt ans Rednerpult und lobt sich selbst: „Seit über 30 Jahren tobt im Osten des Kongo einer der schlimmsten Konflikte der Welt“, betont er: „Heute gelingt uns das, woran so viele andere gescheitert sind. Und dies ist bereits der achte Krieg, den wir in weniger als einem Jahr beendet haben.“

Über ein halbes Jahr haben die komplexen Friedensverhandlungen zwischen der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und den Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) gedauert. Am Donnerstag trafen sich nun die Staatschefs von Ruanda und Kongo in der US-Hauptstadt, um ihre finale Unterschrift unter das Abkommen zu setzen.

Laut diesem verpflichtet sich nun Ruanda, seine „Verteidigungsmaßnahmen“ im Kongo einzustellen, wie es im Text heißt. Konkret: Seine Truppen abzuziehen und die Hilfe an die M23-Rebellen einzustellen, die im Ostkongo entlang der Grenze einen Landstrich erobert haben und wie einen Staat im Staat verwalten. „Wir haben endlos viele Verhandlungsversuche gesehen, aber keinen, der die grundsätzlichen Probleme je aus der Welt geschaffen hätte“, betont Ruandas Präsident Paul Kagame in seiner Rede nach der Unterzeichnung. „Präsident Trump hat eine neue Dynamik erzeugt.“

Im Gegenzug verpflichtet sich die Regierung Kongos, die ruandischen Hutu-Rebellen der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zu „neutralisieren“, wie es im Abkommen heißt. Die FDLR ist die Nachfolgeorganisation der ehemaligen ruandischen Hutu-Armee, die 1994 in Ruanda den Völkermord an den Tutsi verübt hat, sich danach im Ostkongo als Miliz verschanzte und bis heute ein Sicherheitsrisiko für Ruanda darstellt: „Ich bin überzeugt, am Ende dieses Weges ist der Friede nicht nur mehr ein Wunsch, sondern ein Wendepunkt“, bekräftigt Kongos Präsident Félix Tshisekedi.

Demokratische Republik Kongo

Die DR Kongo ist ein von Kolonialverbrechen und Gewaltherrschaft gebeuteltes Land. Seit den 1990er Jahren ist es in einer Spirale bewaffneter Konflikte gefangen, die das gesamte zentrale Afrika beeinflussen.

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In Wirklichkeit anders als auf dem Papier

Doch die Realität entlang der Frontlinien im Ostkongo spricht eine andere Sprache. Dort wird seit Tagen heftig gekämpft. Im selben Moment, in dem in Washington die Unterschriften geleistet werden, hören die Kongolesen in den Dörfern rund um Kamanyola in der Provinz Süd-Kivu nahe der Grenze zu Burundi, wie die Geschosse einschlagen. Die M23 feuert mit schwerer Artillerie, womöglich geliefert aus Ruanda.

Zu Beginn der Woche ist der Konflikt erneut eskaliert und erfährt jetzt eine gefährliche Dynamik.

Zu Beginn der Woche ist der Konflikt erneut eskaliert und erfährt jetzt eine gefährliche Dynamik. Die M23-Rebellen stoßen täglich weiter gen Süden vor. Ihr erklärtes Ziel: Die Handelsstadt Uwira an der Grenze zu Burundi. Burundische Truppen sind bereits seit drei Jahren im Ostkongo stationiert, sie helfen der maroden kongolesischen Armee im Kampf gegen die M23. Eine Einnahme der Grenzstadt würde den Burundiern die Rückzugs- und Nachschubwege abschneiden.

Nachrichtenplattformen, die der M23 nahestehen, veröffentlichen am Donnerstag Fotos von gefallenen und gefangenen burundischen Soldaten. Die M23 behauptet, einen kongolesischen Kampfjet und eine Drohne der Armee abgeschossen zu haben.

Laut unbestätigten Berichten feuerte auch die burundische Armee Artilleriegeschosse in Richtung Kamanyola, direkt an der Grenze zu Ruanda. Angeblich seien einige von Ruandas Luftabwehr abgefangen worden. Analysten befürchten seit Jahren eine direkte Konfrontation zwischen den beiden verfeindeten Nachbarstaaten Ruanda und Burundi, die in einen größeren Krieg münden könnte. Jetzt könnte es dazu kommen – ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, an dem die ganze Welt einen angeblichen Frieden feiert.

Seltene Erden statt Frieden

Doch um Frieden ging es Trump offenbar nicht, sondern um die Rohstoffe, die im Kongo und in Ruanda lagern. Nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens fand in Washington eine weitere Veranstaltung statt. Dabei geht es um US-Investitionen in Kongos und Ruandas Rohstoffe, konkret: seltene Erden wie Lithium, Kobalt und Kupfer. „Wir werden unsere größten Unternehmen in den Kongo und nach Ruanda entsenden“, verkündete Trump. „Alle werden damit viel Geld verdienen.“

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