piwik no script img

Gleichstellung in Mecklenburg-VorpommernRücktritt nach rechtem Shitstorm

Die Gleichstellungsbeauftragte von Mecklenburg-Vorpommern hat Deutschland-Fahnen heruntergerissen. Nun ist die Linken-Politikerin zurückgetreten.

Kein Bock auf Nationalismus: Linken-Politikerin Wenke Brüdgam Foto: Bernd Wüstneck/dpa

dpa/taz | Weil sie Deutschland-Fahnen abgerissen hat, ist die Gleichstellungsbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Wenke Brüdgam, am Freitag zurückgetreten. Die Linke-Politikerin erklärte in einer schriftlichen Mitteilung, sie wolle damit Schaden von der Gleichstellungsarbeit abwenden, der durch die öffentliche Debatte um ihre Person drohe.

In einem Social Media-Post, der inzwischen gelöscht ist, sagte die Linken-Politikerin mit einer zerknüllten Deutschland-Fahne in den Händen, auf dem Weg zu einer Mitgliederversammlung in ihrer Stadt habe sie „diese Dinger hier“ entdecken müssen, die überall aufgehängt gewesen seien. „Also bin ich ausgestiegen und hab sie abgerissen. Denn wer in diesen Zeiten Deutschland-Fahnen an leerstehende Häuser hängt, der will nicht zeigen, dass er sein Land mag, sondern der will letztlich Nationalismus propagieren und damit klar zum Faschismus aufrufen.“

Es folgte ein rechter Shirtstorm. Wie der NDR berichtet, wird seitdem unter dem Hashtag #hissdieflagge in den sozialen Medien dazu aufgerufen, Deutschland-Fahnen zu hissen. Bekannte Rechtsextreme wie Martin Sellner beteiligen sich daran. Auch Landtagsabgeordnete der CDU, FDP und, natürlich, AfD attackierten Brüdgam scharf und forderten sie zum Rücktritt auf. Brüdgam sei als Gleichstellungsbeauftragte nicht mehr tragbar, hieß es. Die Bundesflagge sei ein Verfassungssymbol.

Ihnen reichte die von Brüdgam vorgebrachte Entschuldigung nicht aus. Die frühere Landesvorsitzende der Linken hatte ihr Vorgehen als großen Fehler bezeichnet. Am Freitag erklärte sie dann: „Meine Entscheidung ist auch ein Ergebnis der Abwägung meiner Gesundheit, dem Wohl meiner Familie und dem Respekt vor dem Amt sowie dem Land Mecklenburg-Vorpommern.“

Justizministerin zollt Beauftragter Respekt

Die Gleichstellungsbeauftragte ist im Justizministerium angesiedelt. Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) äußerte Respekt für die Entscheidung von Brüdgam, die das Amt mehr als drei Jahre bekleidete. „Ich möchte mich für die Zusammenarbeit im Ministerium bedanken und wünsche Wenke Brüdgam alles Gute“, erklärte sie.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) erklärte: „Das Video ist inakzeptabel und der Schritt von Frau Brüdgam auch richtig.“ Über die Nachbesetzung werde sie mit der Justizministerin beraten.

Der Landesvorsitzende der Linken, Hennis Herbst, hält den Rücktritt von Brüdgam dagegen für überzogen. Ihre Aktion habe einen Hintergrund, erklärte er. „Der Aufruf aus rechtsextremen Kreisen zum Volkstrauertag, Deutschland-Fahnen an fremden Häusern anzubringen, ist eine Instrumentalisierung und bewusste Provokation, um eine geschichtsrevisionistische Agenda voranzutreiben. Dem stellen wir uns in aller Konsequenz entgegen.“

Laut Staatsanwaltschaft Stralsund sind bei der Polizei mehrere Anzeigen wegen des Vorfalls um das Abreißen der Deutschland-Fahnen durch Wenke Brüdgam eingegangen. Diese würden der Staatsanwaltschaft Stralsund zugeleitet, sagte ein Sprecher. Die Staatsanwaltschaft prüfe dann, ob ein Anfangsverdacht bestehe und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare