Ländle-CDU im Wahlkampfmodus: „Die oder wir“
Die CDU Baden-Württemberg bestätigt ihren Spitzenkandidaten Manuel Hagel vor der Landtagswahl als Vorsitzenden. Der grenzt sich scharf von der AfD ab.
Mit fast antifaschistischen Tönen steigt Manuel Hagel in die heiße Phase des Wahlkampfs ein. Bei der Landtagswahl im März gehe es um „Wir oder die“, ruft der baden-württembergische Spitzenkandidat der CDU den Parteitagsdelegierten im Heidelberger Congress Center zu. Die AfD sei der Hauptgegner im Wahlkampf.
Sie „hassen alles, was wir Christdemokraten an diesem Land lieben“ – Freiheit, Marktwirtschaft und Westbindung. Mit diesen „Kostümkonservativen“ und „Moskaus Höflingen“, stellt Hagel klar, werde man weder koalieren noch kollaborieren. Es dürfe nach Weimar kein zweites Mal passieren, dass „Konservative wie müde Boxer in die Arme der Rechtsextremen sinken“.
Wenig später wählen ihn die Delegierten mit 96,5 Prozent – und natürlich ohne Gegenkandidaten – erneut zu ihrem Vorsitzenden. Mit Vorstandswahlen und der Verabschiedung des Wahlprogramms markierte die CDU Baden-Württemberg am Wochenende mit viel Optimismus den Auftakt für einen Wahlkampf, der eigentlich schon seit dem Sommer tobt.
Hagel ist zwar im Land weitgehend unbekannt, aber seine Partei liegt mit 29 Prozent 9 Zähler vor den Grünen, die mit Cem Özdemir in den Wahlkampf gehen. Deshalb ruft Hagel trotz mieser Nachrichten von den großen Arbeitgebern im Land wie Bosch und Daimler eine „Agenda der Zuversicht“ aus, zu der etwa eine bisher wenig konkret geplante neue KI-Universität und die Förderung von Zukunftsbranchen jenseits der Autoindustrie gehören.
Dosierter Populismus bei Hagel
Dafür appelliert er mit durchaus konservativen Buzzwords an das längst verschüttete Selbstbewusstsein seiner Partei. Er bekennt sich zum mindestens zweigliedrigen Schulsystem, einem Handyverbot im Unterricht und einer wieder verbindlichen Grundschulempfehlung, die die grün geführte Regierung einst abgeschafft hatte. Zudem müsse der grüne Kulturkampf gegen das Auto beendet werden.
Die Merzsche Stadtbilddebatte konkretisiert Hagel: Verwahrlosung der Innenstädte dürfe nicht mehr geduldet werden; wer kriminell werde und kein Aufenthaltsrecht in Deutschland habe, müsse abgeschoben werden. Wer sich aber integriere und arbeite, habe hier alle Chancen.
Vor dosiertem Populismus schreckt Hagel in seiner Rede nicht zurück. Er wolle Schluss machen mit dem ständigen Sich-nicht-zuständig-Erklären der Politiker. Dieses „Blamegame“ sei ein Grund für das gesunkene Vertrauen in die Politik, analysiert er – und gibt dann ein schwer einzuhaltendes Versprechen: „Eine CDU-geführte Landesregierung wird sich mal für alles zuständig fühlen.“Wer, wenn nicht die CDU, könne einen neuen Aufbruch starten, fragt Hagel, vergleicht sich mit Lothar Späth und erklärt „die anderen“ für „zu schwach“.
Die klare Kampfansage Hagels an die AfD, die er zum Hauptgegner macht, hat für ihn den strategischen Vorteil, dass er sich nicht mit dem wesentlich populäreren Grünen-Kandidaten Cem Özdemir auseinandersetzen muss, sondern sich an dem chancenlosen AfD-Mann Markus Frohnmaier abarbeiten kann. Die AfD liegt zwar mit 21 Prozent derzeit in den Umfragen vor den Grünen, hat aber mit der Absage der Union keine Koalitionsoptionen.
Gleichzeitig grenzt sich Hagel auch nach links ab. Im Umgang mit der AfD warf Hagel in Heidelberg der politischen Linken Naivität vor: Lichterketten genügten nicht, um Populisten zu bekämpfen. Die CDU brauche zudem keine Belehrungen über Brandmauern, so Hagel: „Wir sind die Brandmauer.“
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