piwik no script img

Merz in IsraelAls wäre nichts gewesen

Pauline Jäckels

Kommentar von

Pauline Jäckels

Der Kanzler besucht den israelischen Premier Benjamin Netanjahu und betont die gemeinsamen Grundsätze. Man möchte schreien – aber es brächte nichts.

Freidrich Merz macht in Israel klar: Deutschland steht an Israels Seite, trotz Kriegsverbechen und illegaler Expansianspolitik Foto: Abir Sultan/Pool via REUTERS

F riedrich Merz trifft Benjamin Netanjahu, redet von Freundschaft und lächelt. Als wäre nichts gewesen. Als gebe es keinen Haftbefehl gegen den israelischen Premier. Als sei Israel nicht wegen eines Genozids in Gaza vor dem Internationalen Gerichtshof angeklagt. Als wäre Israels Armee nicht für zehntausende zermetzelte palästinensische Körper verantwortlich. Die israelische Kriegsführung habe Deutschland zwar vor „Dilemmata gestellt“, sagt Merz in Jerusalem – als seien er und das Land Opfer der ganzen Sache. Aber bis heute gebe es „im Grundsatz keinerlei Differenzen mit Israel“.

Eigentlich möchte man schreien – und all die Momente deutscher Heuchelei noch einmal vollumfänglich aufzählen. Noch einmal darauf hinweisen, dass es ein rechtsextrem regiertes Israel ist, an das sich Merz anbiedert. Und dass Israels genozidale Kriegsführung nicht vorbei ist. 360 Palästinenser wurden seit Beginn des sogenannten Waffenstillstands getötet; nun drängt Israel auf eine einseitige Grenzöffnung nach Ägypten – faktisch ein Zurück zum Plan der Zwangsumsiedlung.

Wenn sich Merz für eine Zweistaatenlösung einsetzen wollte, wie er erneut behauptete, müsste er gegen den unwilligen Netanjahu den einen Hebel bedienen, den er in der Hand hat. Deutschland müsste aufhören, die Aufhebung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel zu blockieren. Aber es brächte nichts, all das zu wiederholen, es bringt zwei Jahre lang nichts. Der Kanzler weiß all das. Und es ist ihm egal – oder zumindest nicht wichtig genug, um die deutsch-israelischen Beziehungen weiter zu strapazieren.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Was ihm nicht egal ist, sind hingegen die Interessen der Bundesregierung: die wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit Israel, das importierte Raketenabwehrsystem Arrow 3 und allen voran die Allianz mit den USA. Auf solche für den Wirtschaftsstandort Deutschland notwendigen Allianzen will man nicht verzichten. Zynische Politikrealisten würden sagen: So funktioniert globale Politik eben. Im Grundsatz ist sie von Interessen, nicht von Moral geleitet. Aufrechte Menschen würde erwidern: Dann muss eben alles anders werden.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Pauline Jäckels
Meinungsredakteurin
Redakteurin im Meinungsressort seit April 2025. Zuvor zuständig für die parlamentarische Berichterstattung und die Linkspartei beim nd. Legt sich in der Bundespressekonferenz gerne mit Regierungssprecher:innen an – und stellt manchmal auch nette Fragen. Studierte Politikwissenschaft im Bachelor und Internationale Beziehungen im Master in Berlin und London.
Mehr zum Thema

0 Kommentare