Ideen zur CO2-Entnahme: Aufwendig und teuer, aber möglich
Ein großangelegtes Forschungsprojekt hat Technologien zur Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre untersucht. Sie sind kostspielig, aber umsetzbar.
Ein großangelegtes Forschungsprojekt des Bundes hat Methoden analysiert, mit denen der Atmosphäre das Treibhausgas CO2 wieder entzogen werden kann. Allerdings ist der Flächenbedarf der Verfahren zum Teil enorm, was laut den Forschern „den Wettbewerb um Land enorm verschärfen“ könne.
Hinter den Überlegungen des Projekts mit dem Namen CDRterra – CDR steht für Carbon Dioxide Removal – steht die Erkenntnis, dass in Deutschland, selbst wenn im Jahr 2045 keine fossilen Energieträger mehr verbrannt werden sollten, es noch weiterhin Emissionen von CO2 und anderen klimawirksamen Gasen geben wird. Ein Beispiel dafür ist die Zementproduktion.
Mehr als 100 Forscher haben daher in einem vierjährigen Forschungsprojekt, das vom Forschungsministerium mit 21 Millionen Euro gefördert wurde, die einschlägigen Methoden analysiert.
Die globale Dimension des Themas zeigte zur Projektvorstellung Julia Pongratz auf, Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Sprecherin von CDRterra. Aktuell entnehme man der Atmosphäre weltweit etwa 2,2 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr, was vor allem durch Aufforstung und langlebige Holzprodukte geschehe; künftig müssten aber weitere 7 bis 9 Milliarden Tonnen pro Jahr zusätzlich entzogen werden.
Alle Vorschläge sind extrem aufwendig
Zu den möglichen CDR-Verfahren zählt die Herstellung von Pflanzenkohle, die durch die sogenannte Pyrolyse von Biomasse erzeugt wird. Das ist ein Prozess, bei dem unter Abwesenheit von Sauerstoff organische Verbindungen bei hohen Temperaturen in ihre elementaren Bestandteile zerlegt werden. Die Pyrolysegase – etwa der Wasserstoff – können anschließend energetisch genutzt werden; übrig bleibt idealerweise reiner Kohlenstoff.
Wird die Biomasse ausreichend lange hohen Temperaturen ausgesetzt – idealerweise 500 bis 550 Grad Celsius – entsteht eine Form von Kohlenstoff, die so stabil ist, dass sie biologisch nicht zersetzt werden kann. Anders als bei der Verbrennung der Biomasse oder bei der Verrottung bleibt der Kohlenstoff bei diesem Verfahren also dauerhaft der Atmosphäre entzogen.
Ein anderes Verfahren ist die beschleunigte Gesteinsverwitterung. Dabei wird Silikatgestein – bevorzugt das Tiefengestein Gabbro – zu feinem Pulver zermahlen und auf Ackerland ausgebracht. Das CO2 aus der Atmosphäre, das sich im Regenwasser löst, bildet eine schwache Säure, die bei Kontakt mit den Mineralien reagiert und stabile Hydrogencarbonat-Ionen bildet. Pulver aus Gabbro verwittere sehr schnell und binde pro Kilogramm Gestein bis zu 450 Gramm CO2, so die Wissenschaftler. Allerdings braucht man dafür große Mengen aufwendig erzeugten Steinmehls.
Auch BECCS (Bioenergie mit Carbon Capture and Storage) ist eine theoretische Option: Man verbrennt Biomasse, fängt das CO2 aber auf und verpresst es im Untergrund. Da die Pflanzen beim Wachstum der Atmosphäre stetig CO2 entziehen, dieses aber nicht wieder emittiert wird, ergeben sich rechnerisch Negativemissionen. Eine weitere Variante ist künstliche Photosynthese. Doch die dafür nötigen Reaktoren brauchen Platz: Auf einem Quadratmeter könne man im Jahr nur etwa 20 Kilogramm CO2 binden, hieß es bei der Projektvorstellung.
Maßnahmen allesamt sehr teuer
Zu den technisch aufwendigen und Energie verschlingenden Verfahren zählt zudem Direct-Air-Capture (DAC). Solche Anlagen, wie sie etwa das schweizerische Unternehmen Climeworks baut, filtern das CO2 aus der Umgebungsluft, bis es hochkonzentriert endgelagert werden kann. Aber DAC braucht wie auch BECCS eine aufwendige Infrastruktur für Transport und Speicherung.
An Wirtschaftlichkeit ist bei den Verfahren daher in der Regel nicht zu denken. Den Referenzmaßstab für die Wirtschaftlichkeit setzt heute der Emissionshandel, in dem die Tonne CO2 aktuell 82 Euro kostet. Damit Verfahren zur Rückholung wirtschaftlich werden könnten, müssten sie also ein ähnliches Preisniveau erreichen.
Aber bereits der hohe Energiebedarf macht die Verfahren zum Teil unrealistisch, was bei dem Forschungsprojekt gleichwohl kaum eine Rolle spielte – womit die Untersuchungen primär akademische Fingerübungen bleiben.
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