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Abgeschwächter KompromissEU-Verhandler*innen einigen sich auf Klimaziel 2040

Auf Grundlage des abgeschwächten Kompromisses der EU-Umweltminister*innen gibt sich die EU ein neues Klimaziel. Kritik kommt von Ökonom*innen.

Kohle für die Heizung in Berlin: Beim Klimaziel 2040 der EU wird Heizen und Tanken erst mal nicht mit einem CO2-Preis belastet Foto: Sebastian Gollnow/dpa

afp/taz | Die Klimaziele der EU für die kommenden Jahre stehen fest. Vertreter aus dem Europaparlament und dem Rat der Mitgliedsländer einigten sich am Dienstagabend darauf, ihren Treibhausgas-Ausstoß bis 2040 um 85 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Der Kompromiss räumt den 27 Staaten aber einigen Spielraum ein, der zu CO2-Einsparungen von bis zu 90 Prozent führen könnte. Ein EU-weiter CO2-Preis für Heizen und Tanken soll verschoben werden.

Im Vorfeld hatten die 27 Regierungen untereinander bereits einen Kompromiss ausgehandelt und Zugeständnisse an diejenigen Mitgliedstaaten gemacht, denen die Ziele bislang zu ambitioniert waren.

Das ursprünglich vorgeschlagene 90-Prozent-Ziel wurde so de facto zu einem 85-Prozent-Ziel: Die Länder dürfen bis zu fünf Prozentpunkte durch CO2-Zertifikate aus dem Ausland anrechnen. Mit diesem Kompromiss waren nun auch die Vertreter aus dem Parlament einverstanden.

Claudia Kemfert, Ökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, hält das Klimaziel für schwach und sieht die europäische Industrie davon gefährdet: „Die EU schwächt ihr Klimaziel genau in dem Moment ab, in dem andere Regionen – vor allem China – massiv in grüne Technologien investieren“, kritisierte sie gegenüber der taz, als die Um­welt­mi­nis­te­r*in­nen sich Anfang November auf das abgeschwächte Ziel einigten. „Europa riskiert, seine Führungsrolle in Zukunftsmärkten wie Wind, Solar, Batterien oder Wasserstoff zu verlieren.“

Das Ziel für 2040 ist ein Zwischenziel. Die EU will ab 2050 nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen, wie die Natur und technische Methoden speichern können. Für ein erstes Zwischenziel 2030 sehen Forscher die EU auf einem guten Weg, danach dürfte es schwieriger werden.

Europäischer Emissionshandel verschoben

In den Verhandlungen sprachen sich beide Seiten außerdem dafür aus, einen CO2-Emissionshandel für den Straßenverkehr und Gebäudeheizungen um ein Jahr auf 2028 zu verschieben. Vor allem osteuropäische Staaten hatten sich für einen Aufschub eingesetzt, weil sie Preissteigerungen für Verbraucherinnen und Verbraucher befürchten. Deutschland hat bereits ein ähnliches Preissystem, sodass Heizen und Tanken hierzulande nicht ruckartig teurer werden dürften.

Ottmar Edenhofer, Ökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Vorsitzender des EU-Klimabeirats, kritisierte die Verschiebung: „Glaubwürdiges Handeln zu Hause ist essenziell, um Investments, Innovation und Transformation in Europas Wirtschaft voranzutreiben“, sagte er. „Der Emissionshandel ist in dieser Hinsicht ein wichtiges Werkzeug, weil ein CO₂-Preis es Verbrauchern und Unternehmen erlaubt, die Klimaziele auf die kostengünstigste Art und Weise zu erreichen.“

Das Europaparlament und der Rat der 27 Staaten müssen die Einigung noch verabschieden.

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