Bericht zu sozialer Ungleichheit: Mehr Vermögen für alle und besonders für die einen
Vom allgemeinen Zuwachs in den letzten 30 Jahren profitieren in erster Linie die Superreichen. Ungleichheit zeigt sich nicht nur direkt beim Geld.
Alle Einkommensgruppen weltweit verfügen heute durchschnittlich über mehr Vermögen als vor 30 Jahren – doch die Reichsten profitierten vom Zuwachs am meisten. Während die Schätze einiger zehntausend Multimillionäre und Milliardäre um etwa 5 Prozent jährlich wuchsen, verzeichnete die ärmste Gruppe der Weltbevölkerung ein Plus von 2 Prozent, heißt es im neuen „Bericht zur weltweiten Ungleichheit 2026“.
„Eine kleine Minderheit übt eine noch nie da gewesene finanzielle Macht aus“, schreiben die Autor:innen, zu denen der französische Ökonom Thomas Piketty gehört. „Währenddessen bleiben Milliarden Menschen von grundlegender ökonomischer Stabilität ausgeschlossen.“
Die Forscher:innen haben neue Zahlen zur globalen Verteilung von Vermögen und Einkommen zwischen 1995 und 2025 zusammengetragen. Es geht ihnen um den Abstand zwischen Arm und Reich sowie die Folgen der sozialen Unterschiede. Die zehn Prozent der Weltbevölkerung mit den niedrigsten Vermögen haben demnach seit 1995 jährlich gut 2 Prozent hinzugewonnen. Die Mittelschichten profitierten mit bis zu 4 Prozent pro Jahr. Die Superreichen lagen allerdings noch darüber: Das vermögendste Tausendstel der Welt – 56.000 Personen – erreichte ein jährliches Plus von 5 Prozent. Und die 50 Top-Multimilliardäre kamen sogar auf plus 8 Prozent pro Jahr. Ein Vermögen von 40 Milliarden Euro vermehrt sich auf diese Art beispielsweise in zwölf Monaten um 3,2 Milliarden Euro.
Politische Aussage dieser Berechnung: Obwohl alle Gruppen profitiert haben, nahm der Abstand zwischen Arm und Reich zu, die soziale Schere öffnete sich, die Ungleichheit wuchs. Weitere Varianten dieses Befundes sehen so aus: Die 56.000 Multimillionäre und Milliardäre besitzen mittlerweile 6 Prozent allen globalen Reichtums, während es 1995 nur 4 Prozent waren. Die Gruppe der zehn Prozent Reichsten hält drei Viertel der weltweiten Vermögen, die gehobene Mittelschicht etwa ein Viertel, die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung fast nichts – 2 Prozent.
Einkommen ein wenig gleicher
Die Verteilung der Einkommen ist etwas ausgewogener. Da erreichen die Top-zehn-Prozent gut die Hälfte aller Hinzuverdienste, die gehobene Mittelschicht etwa 40 Prozent und die ärmere Hälfte 8 Prozent.
Der Sinn des Berichtes besteht aber nicht nur in der Analyse, sondern die Autor:innen ziehen auch politische Schlussfolgerungen. „Progressive Steuern sind entscheidend“, schreiben sie. Damit sei es möglich, Ungleichheit zu verringern und den Gesellschaften öffentliche Einnahmen zu verschaffen, mit denen sich beispielsweise die Armut verringern lasse.
Eine Debatte in dieser Richtung läuft seit einiger Zeit bei den Vereinten Nationen. Ausgelöst von der brasilianischen Regierung wollen viele Staaten eine weltweite Steuer auf Milliardenvermögen einführen. Das Vorhaben steht allerdings am Anfang, und die US-Regierung lehnt es ab.
Folgen der Globalisierung
Dass die Vermögen aller Einkommensschichten im Durchschnitt gewachsen sind, dürfte auch mit der Phase der neuen Globalisierung zu tun haben, die in den 1980er Jahren begann. In China stiegen Hunderte Millionen Menschen in die Mittelschicht auf, auch in Indien und anderen Ländern nahm diese Bevölkerungsgruppe zu.
Neben dem Arm-reich-Unterschied präsentiert der Report weitere Dimensionen von Ungleichheit. Zum Beispiel würden Frauen weltweit nur 25 Prozent aller Arbeitseinkommen erzielen, haben die Forschenden ermittelt. 75 Prozent vereinnahmten Männer. Und noch immer klafften Bildungschancen etwa zwischen Sub-Sahara-Afrika und der nördlichen Hemisphäre stark auseinander. Über Deutschland heißt es im Bericht, die Ungleichheit bleibe „moderat“ und habe sich „in den vergangenen Jahren kaum verändert“. Die 10 Prozent Reichsten halten 58 Prozent aller Vermögen. Der Einkommensunterschied zwischen den Top-zehn-Prozent und der ärmeren Hälfte der Bevölkerung sei seit 2014 leicht geschrumpft.
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